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Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt

Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992

Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992

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gärten pflanzte. Sie wurde auch türkische Kirsche genannt<br />

In reichem Maße war die Zwetsche vorhanden. Die<br />

Zahl der Bäume war außerordentlich groß. Die Frucht<br />

eignete sich vorzüglich zu Kuchen. Um die Reifezeit<br />

wurde in allen Familien der schmackhafte Zwetschenkuchen<br />

gebacken.<br />

Der weitaus größte Teil der Ernte wanderte in die Kessel<br />

der Küchen, in denen oft tagelang Zwetsch enh<br />

oi n g k gekocht wurde. Aus einem Kessel schöpfte man<br />

dann 20 und mehr Steintöpfe voll Latwerg. Bekannte<br />

oder verwandte Familien trafen sich um diese Zeit oft<br />

mehrere Abende im trauten Kreise zum Zwetschenkernen.<br />

Nach Beendigung dieser Arbeit gab es dann oft noch<br />

Kaffee und Kuchen zum Abschied.<br />

Viel Arbeit erforderte schließlich das Rühren im Kessel<br />

beim Kochen des Latwerges, und manche Nacht verbrachte<br />

die Familie, sich mehrfach ablösend, beim Rühren<br />

am Hoingk-Kessel. Wenn man da nicht bei der<br />

Hand war und das Rühren versäumte, brannte der ,Sud“,<br />

so nannte man die kochende Masse, an. Die zeigte sich<br />

einmal, daß der Zwetschenbrei auf dem Boden des Kessels<br />

fest anhing und daß sich ein Brandgeruch im Raum<br />

verbreitete. Stolz füllte dann am Ende der Kochzeit die<br />

Bäuerin die Steintöpfe mit dem sämigen Mus.<br />

Die Zwetsch e n ke rn e wurden manchmal unter dem<br />

Kessel im Feuerraum verbrannt, denn sie gaben ein gutes<br />

Heizmaterial ab. Oft wurden sie auch zu allerhand<br />

Scherzzwecken verwandt, indem sich die Jugend erlaubte,<br />

die Kerne Bekannten vor das Hoftor zu schütten.<br />

(Zusätzlicher Hinweis: Es gab aber auch den Brauch, ein<br />

„Pädche“ mit den Kernen zwischen die Häuser zweier -<br />

noch „geheim“ - verliebter junger Leute zu legen, was<br />

diese meist besonders „freute“.)<br />

Kirschen gediehen in und um <strong>Reichelsheim</strong> so gut<br />

wie gar nicht, weil der Lehmboden zu fett und zu wenig<br />

steinreich war. An Hängen, die nach Westen gerichtet<br />

waren, traf man auch keine Kirschbäume und auch nicht<br />

im ebenen Gelände der Wetterau. Hingegen auf steinigen<br />

Hügeln (Assenheim) oder auf felsigen, nach Osten<br />

gerichteten Abhängen gedieh die Kirsche bestens (Rodenbach,<br />

Rosbach und Ockstadt). Aus diesen Orten kamen<br />

um die Kirschenzeit Händler und boten ihre Kirschen<br />

an.<br />

Selten traf man um die Jahrhundertwende in den Gärten<br />

Mirabellen oder Reineklauden-Bäume an.<br />

Letztere nannte die Mundart „Rennekloe“.<br />

Kernobst gab es um 1900 reichlich. An Apfelsorte<br />

n waren fast nur Hausmannssorten, die schon vor<br />

Jahrhunderten gezüchtet worden waren, vorhanden.<br />

Welche Apfelsorten kannte man um 1900 im Heimatort<br />

<strong>Reichelsheim</strong>:<br />

1. Die einzige frühe Apfelsorte, die ich kannte, waren<br />

der „Haferapfel“. Wie schon sein Name sagt, fiel die Reife<br />

in die Zeit der Haferernte.<br />

2. Späte Apfelsorten waren a) der „Karthäuser“, ein<br />

Apfel weiß bis gelb in der Farbe und ganz vorzüglich im<br />

Geschmack. Nur war er verhältnismäßig klein. b) War es<br />

der rote „Madapfel“, der sich nicht so lange aufbewahren<br />

ließ und bald mehlig wurde. c) Ihm glich an Größe und<br />

Dicke der „Weißapfel“. Beide Sorten verwendete man<br />

im Herbst zur Apfelweinbereitung. d) Wenig vertreten<br />

war der „Rheinische Bohnapfel“, der sich weniger durch<br />

seinen Geschmack als durch seine sehr lange Haltbarkeit<br />

auszeichnete.<br />

Neue Sorten waren mir nur zwei bekannt: a) die Goldparmäne.<br />

Von diesen gab es zwei Arten, eine Sommerund<br />

eine Wintergoldparmäne. Letztere war viel besser<br />

im Geschmack als die Sommerparmäne. b) In die Rubrik<br />

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