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Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt

Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992

Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992

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In der Festschrift „500 Jahre Kirche <strong>Reichelsheim</strong>“<br />

wird Bezug auf zwei Urkunden genommen, die den Vorgang<br />

der Reformation bestätigten; sie seien hier in Kopie<br />

wiedergegeben:<br />

In dem einen Schriftstück schrieb G. Lenick, daß er<br />

die Pfarrei zu <strong>Reichelsheim</strong> an Jakob Stein gegen bestimmtes<br />

Entgelt übergibt; das Jakob Stephani, Pfarrer<br />

zu <strong>Reichelsheim</strong>, am 18. Juni 1532 investiert, also in sein<br />

Amt eingeführt worden sei.<br />

Die <strong>Reichelsheim</strong>er Gemeinde war nun vorerst „lutherisch“.<br />

Durch die Streitigkeiten zwischen den Grafen<br />

von Nassau-Weilburg bzw. Nassau-Dillenburg und des<br />

„Wetterauer Grafenvereins“ einerseits und dem Landgrafen<br />

von Hessen andererseits kam es schon bald in<br />

einer Art „2. Reformation“ zu der Hinwendung zum Calvinismus,<br />

also zur evangelisch-reformierten Kirche.<br />

Landgraf Philipp von Hessen hatte ohne Zustimmung<br />

von Kaiser und Klerus 1527 die Marburger Universität<br />

gegründet. Sie sollte den neuen „lutherischen“ Pfarrstand<br />

ausbilden. Schnell wurde die Hochschule bekannt,<br />

besonders durch das 1529 clort durchgeführte Streitgespräch<br />

zwisehen den zwei Reformatoren Luther und<br />

Zwingli (der vor allem im süddeutschen Raum Anhänger<br />

gefunden hatte) unter Leitung des hessischen Landgrafen.<br />

1584 gründete Graf Johann VI. von Nassau-Dillenburg<br />

in Konkurrenz dazu die „Hohe Schule Herborn“.<br />

Der „Wetterauer Grafenverein“ wurde Mitträger dieser<br />

Akademie, die nicht nur calvinistische, also evangelischreformierte<br />

Geistliche ausbilden sollte. Auch Lehrer,<br />

Ärzte und Beamte (Juristen) sollten hier ihr berufliches<br />

Rüstzeug vermittelt bekommen. Da es den Trägern dieser<br />

Hohen Schule gelang, berühmte Gelehrte zu gewinnen,<br />

reichte ihr Ruf bald weit über die regionalen Grenzen<br />

von Mittel- und Oberhessen hinaus.<br />

Um die Finanzierung dieser Hohen Schule, die nach<br />

heutigem Sprachgebrauch eine Art „Kaderschmiede“<br />

der calvinistisehen Glaubensauslegung sein sollte (so wie<br />

die Universität Marburg eine solche der evangelisch-lutherischen<br />

Richtung), abzusichern, mußten alle Gemeinden<br />

der unterstützenden Grafschaften einen Beitrag leisten.<br />

<strong>Reichelsheim</strong> hatte 2000 Gulden zu bezahlen, eine<br />

Summe, die sie bei wohlhabenden Kaufleuten aufnehmen<br />

mußte. Dafür erhielt <strong>Reichelsheim</strong> das Recht,<br />

jeweils zwei Studienplätze mit zwei Stipendiaten zu belegen<br />

- das gelehrte Wissen sollte so in jede noch so kleine<br />

Gemeinde kommen.<br />

Die Reformation brachte weitere bedeutende Anderungen<br />

mit sich für unseren Ort: Es wurde sehr schnell<br />

eine „Lateinsehule“ errichtet, ein Zeichen für das Bewußtsein,<br />

daß es mehr bedarf als der Beherrschung des<br />

kleinen und großen ABC, will man selber nach Luthers<br />

Wort die Bibel studieren können.<br />

Interessant ist, daß auch sehr bald eine Mädchenschule<br />

zu der schon lange bestehenden Knabenschule eingerichtet<br />

wurde. Pfarrer Frankenfeld schrieb dazu in der<br />

schon oft erwähnten Kirchenchronik: „Über die Zeit,<br />

wann an die hiesige Schule ein eigener Mädchenlehrer<br />

angestellt worden ist, läßt sich nichts Bestimmtes sagen.<br />

Wahrscheinlich aber scheint es, daß im Jahre 1609, wo<br />

eine Wohnung für den Schulmeister eingekauft wurde,<br />

die zugleich zu einer Wohnung für den Mädchenlehrer<br />

und einem Lehrzimmer für die Mädchen eingerichtet<br />

werden sollte, zuerst ein solcher Mädchenlehrer herkam.“<br />

Wesentlich für die Veränderungen in <strong>Reichelsheim</strong><br />

seit der Einführung der neuen Glaubensgestaltung waren<br />

der erste evangelische Pfarrer Jakob Stephani und<br />

sein noch bedeutenderer Sohn Laurentius. Wichtig war<br />

vor allem, daß dieser erste Pfarrer der neuen christlichen<br />

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