26.12.2018 Aufrufe

Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt

Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992

Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

2. c) Die Kirche -für <strong>Reichelsheim</strong> das Symbol einer neuen Epoche<br />

Sollte der Bau der Landwehr rund um das Gemarkungsgebiet<br />

sowie die Ummauerung den Wohnbereich<br />

nach außen hin „erstarkt“ aussehen lassen, so wurde<br />

durch den Abschluß des Baus der Kirche im Jahre 1485<br />

auch nach innen hin ein deutliches Zeichen gesetzt.<br />

Doch schon 60 Jahre vor der angenommenen Fertigstellung<br />

der Kirche zeigte sich ein bedeutender Wandel,<br />

auf den eine Urkunde aufmerksam macht: Gilbracht Lebe<br />

(Löw) von Steinfurt, Besitzer und Lehensnehmer<br />

mehrerer Hubcn (Hufen = Anwesen) in <strong>Reichelsheim</strong><br />

und ausgestattet mit gewissen Einflußrechten auch über<br />

diesen Ort (die Herren von Steinfurt waren zu jener Zeit<br />

unter der Wetterauer Ritterschaft eine einflußreiche Familie)<br />

wirkten hier wahrscheinlich in diesen entscheidenden<br />

Jahren als Verwalter der Nassauer.<br />

Gilbracht läßt in der Urkunde vom 20. Dezember 1439<br />

folgendes festschreiben:<br />

„Ich, Gilbracht Lebe von Steynfurt bekerıne vor mich<br />

und meyn erben, in diesem brieffe, daz ich geluhen han<br />

und gegeben der kirchcn zu Richelßheyn zu ewigen tagen<br />

den gyerß czehcnden (= den Großen Zelınten) in Blafelder<br />

gericht und termenye geleigen (= in Blofelder Gemarkung<br />

gelegen) mit wißcn eyns abtcs von Folde umb<br />

Gottes und umb unser lieben Frauwen wiln und han angeseyhen<br />

notorffligkeyt eyns pferners zu Richelßheyn,<br />

daß hey sich gebruchen sal zu ewigen tagen, als vor geschriben<br />

stet; des zu eyme waren geczugniß so han ich<br />

Gilbracht Lebe meyn ingcsigel unden an disen briff gehangen.“<br />

(Entnommen: Helmut Schütz, „Ein Blick ins<br />

<strong>Reichelsheim</strong>er Pfarrarchiv“, in: „500 Jahre Kirche <strong>Reichelsheim</strong>“,<br />

S. 83).<br />

Vieles sagt diese Urkunde aus:<br />

- Die Schenkung konnte nur mit Genehmigung des<br />

Abtes von Fulda geschehen;<br />

- Die Schenkung bezieht sich auf Acker, die in der Blofelder<br />

Gemarkung liegen. Die Blofelder Bauern<br />

mußten für diese Acker den „Großen Zehnten“, also<br />

den zehnten Teil des dort Geernteten, an den <strong>Reichelsheim</strong>er<br />

Pfarrer abgeben;<br />

- Die <strong>Reichelsheim</strong>er konnten sich damit einen „eigenen“<br />

Pfarrer leisten;<br />

- Die <strong>Reichelsheim</strong>er Kirche erhielt damit Eigenständigkeit,<br />

war somit nicht weiterhin „Tochterkirche“<br />

einer anderen Kirche (Echzell);<br />

- Die Selbständigkeit <strong>Reichelsheim</strong>s von anderen Gemeinden<br />

war damit für die Offentlichleit der ganzen<br />

Region Tatsache.<br />

(Anmerkung: Nach späteren Aufzeichnungen hatte der<br />

<strong>Reichelsheim</strong>er Pfarrer „in 3 Felder und in gewissen ,Distrieten“<br />

mit dem Pfarrer zu Dauernheim den Fruchtzehnten<br />

dergestalt zu erheben, daß der <strong>Reichelsheim</strong>er<br />

Pfarrer 2/3 und der Pfarrer zu Dauernheim il/3 bezog. -<br />

Vergl. hierzu Kirchenchronik, S. 146).<br />

Über die Ordnung des Kirchwesens bis zu diesem Zeitpunkt<br />

schrieb Pfarrer Frankenfeld vor ca. 150 Jahren in<br />

der Pfarrchronik (s. S. 90 f.):<br />

„Über die Entstehung der heutigen Kirche und Pfarrei<br />

konnten von mir keine Urkunden vorgefunden werden.<br />

Den Namen Pfarreien oder Pastoreien führten im 14.<br />

Jahrhundert gewöhnlich die Mutterkirehen, mit welchen<br />

mehrere Filialen in näherer oder entfernterer Verbindung<br />

standen.. . An der Mutterkirche waren meist außer<br />

dem Pfarrherrn oder Pastor noch Amterpfarrer, Plebane<br />

genannt, oft auch Caplane angestellt. Filialorte, welche<br />

später eigene Kirchen oder Capellen gründeten, erhielten<br />

alsdann eigene Plebane oder Caplane (welchen letzteren<br />

gewöhnlich das Schulamt mit übertragen wurde),<br />

ohne daß dadurch der Filialnexus (nexus= Verbindung)<br />

30

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!