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Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt

Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992

Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992

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Nachdem sich Hitler schon am 1. August 1934, dem<br />

Tage des Todes des Reichspräsidenten v. Hindenburg,<br />

verfassungswidrig und damit widerrechtlich die Funktionen<br />

des Staatsoberhauptes zugeordnet hatte, ließ er sich<br />

die „Richtigkeit“ dieser verfassungsändernden Maßnahme<br />

durch eine Volksabstimmung bestätigen.<br />

Bürgermeister V. konnte am Abend des 19. August<br />

dem Kreisleiter in Friedberg folgendes Ergebnis aus <strong>Reichelsheim</strong><br />

durchtelefonieren:<br />

„Gesamtzahl der Stimmberechtigten: 632<br />

Gesamtzahl der überhaupt abgegebenen<br />

Stimmen: 621<br />

Zahl der gültigen Ja-Stimmen: 600<br />

Zahl der Nein-Stimmen: 21 “<br />

98,26 % der Abstimmungsberechtigten waren demnach<br />

in das Wahllokal gegangen, und von diesen sagten wiederum<br />

96,62 % „Ja“ zum „Gesetz über das deutsche<br />

Staatsoberhaupt“ und legitimierten damit die Ausweitung<br />

der Macht des Diktators (s. hierzu Unterlagen im<br />

Archiv der Stadt <strong>Reichelsheim</strong>).<br />

Das Schicksal Deutschlands warf seit 1935 seine ersten<br />

Schatten voraus, aber sie wurden völlig im Geiste der<br />

Zeit erkannt:<br />

„Eine große Überraschung erlebten wir am Montag,<br />

dem 18. März, als es hieß: Morgen bekommen wir Einquartierung.<br />

Zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder<br />

einmal Soldaten im Dorf. Zwei Tage blieben sie hier. Für<br />

die Kinder und die Jugend ein ungewohnter Anblick, für<br />

die Älteren eine Erinnerung an große und schwere Zeiten,<br />

für uns alle eine Hoffnung auf eine ehrenvollere Zukunft<br />

unseres Vaterlandes. Am 16. März, dem Vortag<br />

des Heldengedenktages, hatte Adolf Hitler die Fesseln<br />

des Schmachvertrages von Versailles abgeschüttelt und<br />

die allgemeine Wehrpflicht eingeführt“ (s. Kirchenbuch,<br />

S. 575).<br />

Im gleichen Jahr, also 1935, wurden auch die ersten<br />

jungen <strong>Reichelsheim</strong>er Rekruten zur Wehrmacht und<br />

zum Arbeitsdienst eingezogen. Von Jahr zu Jahr steigerte<br />

sich die Zahl der jungen Leute, die für den neuen<br />

Krieg, für „eine ehrenvolle Zukunft“, für die immer und<br />

immer wieder geforderte Gewinnung von „Lebensraum<br />

für das deutsche Volk“ ausgebildet wurden.<br />

1936 wurden die <strong>Reichelsheim</strong>er erneut zu einer<br />

Reichstagswahl gerufen. Es gab zwar seit dem 14. Juli<br />

1933 in Deutschland durch Gesetz nur noch eine erlaubte<br />

Partei, die NSDAP, doch sollte dem In- und vor allem<br />

dem Ausland gezeigt werden, wie sehr das deutsche Volk<br />

den Führer und seine Politik unterstützte. Da man bei<br />

dieser „Wahl“ kein Risiko eingehen wollte, schrieb z. B.<br />

das Friedberger Kreisamt an alle Gemeinden des Kreises:<br />

„Friedberg, den 17. März 1936<br />

Betr.: Reichstagswahl am 29. März 1936<br />

An alle Ortsgruppen- bzw. Stützpunktleiter der NSDAP<br />

Für die Reichstagswahl am 29. März 1936 sind für die einzelnen<br />

Abstimmungsbezirke Abstimmungsvorsteher<br />

und Stellvertreter von uns zu berufen. Wir beabsichtigen<br />

als Abstimmungsvorsteher den Bürgermeister und als<br />

Stellvertreter des Abstimmungsvorstehers den Ortsgruppenleiter,<br />

bezw. den Stützpunktleiter zu ernennen.<br />

In den Orten, in denen der Bürgermeister zugleich Ortsgruppenleiter<br />

bezw. Stützpunktleiter ist, kommt als<br />

Stellvertreter der erste Beigeordnete in Frage. Falls uns<br />

bis spätestens 21. März 1936 keine gegenteilige Äußerung<br />

zugeht, unterstellen wir Ihr Einverständnis.<br />

Heil Hitler“<br />

(s. Unterlagen im Archiv der Stadt <strong>Reichelsheim</strong>).<br />

Der <strong>Reichelsheim</strong>er Ortsgruppenleiter, also der Parteivorsitzende<br />

der NSDAP, wurde damit als der eigentliche<br />

Verantwortliche für die Wahlorganisation und<br />

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