Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt
Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992
Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992
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en, das Grummet um die Hälfte verwüsteten und<br />
beinahe allen Bäumen, besonders denjenigen an den<br />
Wegen nach Heuchelheim, Weckesheim und Dornassenheim<br />
_ _ .<br />
Auch wurden an der Wetterseite der Häuser fast<br />
alle Fensterscheiben zerschlagen... Sehr viele tote<br />
Vögel und tödlich verwundete Hasen wurden gefunden.<br />
Ach, wie trauriger, herzzerreißender Morgen“<br />
(Kirchenbuch, S. l8f).<br />
Weiter schreibt Pfarrer Funkel: „Was dieser Schaden<br />
umso größer und drückender, da auch die Winterfrüchte,<br />
weil die Mäuse in demselben schrecklich<br />
gehauset hatten, lange nicht so reichlich, als sonst<br />
eingekommen waren.“ Als ob er für spätere Zeiten<br />
den ungeheuren Umfang der Mäuseplage beschreiben<br />
wollte, konkretisiert er das Gesagte wenige Seiten<br />
später (s. S.22 des Kirchbuches): „Außerdem<br />
waren in diesem Jahre auch so sehr viele Mäuse in<br />
dem Felde, daß zwischen 50- und 60000 gefangen<br />
wurden. Unsäglichen Schaden haben diese Gäste in<br />
den verschiedenen Fluren angerichtet.“ Da landwirtschaftliche<br />
Produktion auf den kleinen Höfen in jener<br />
Zeit vorrangig Produktion zur Deckung des Eigenbedarfes<br />
war, kann man sich leicht vorstellen,<br />
welche Wirkungen Unwetter und Mäuseplagen für<br />
das Leben, für den „Wohlstand“ in <strong>Reichelsheim</strong> vor<br />
ca. 150-170 Jahren hatten.<br />
Feuer: Immer wieder gab es Brände. Die Verordnungen<br />
der Herrschaft von Nassau, die Wohnhäuser<br />
und später dann auch die Wirtschaftsgebäude nicht<br />
länger mit Stroh, sondern mit Schiefer oder mit<br />
Dachziegeln abzudecken, konnten nicht hindern,<br />
daß es immer wieder einmal brannte: Am 16. Juli<br />
1826 brannten nicht nur mehrere Ställe sondern auch<br />
drei Scheunen ab, also die Kammern des bäuerlichen<br />
Wohlstandes! Ein Jahr darauf brannte die Bingenheimer<br />
Mühle, nachdem deren Scheuer von einem<br />
Blitzschlag getroffen worden war, völlig ab. Oft<br />
konnten die Feuer nur gelöscht werden, weil die<br />
„Wehren“ der Nachbarorte schnell herbeieilten und<br />
halfen, so gut sie konnten -wissend, daß auch sie einmal<br />
dankbar für die Hilfe der <strong>Reichelsheim</strong>er sein<br />
könnten...<br />
lm Jahre 1840 ereignete sich eine Begebenheit, die<br />
ganz <strong>Reichelsheim</strong> in Besorgnis versetzte und die<br />
dem Ort großen Schaden zufügen sollte: Ein tollwütiger<br />
Hund fiel die Schweineherde an, die gerade aus<br />
dem Untertor (Südtor) ausgetrieben worden war,<br />
verbiß sich in 7 trächtige Mutterschweine, bevor er<br />
von dem <strong>Reichelsheim</strong>er Bürger Johannes Kornmann<br />
erschlagen werden konnte. „Der Vorfall ereignete<br />
sich am Untertor in der Nähe des Amtshauses.<br />
Ob nun gleich alle äußeren Umstände für die Tollheit<br />
des Hundes sprachen, so wurde dies doch von<br />
mehreren in Zweifel gezogen.“ Doch schließlich<br />
wurde der Tierarzt gerufen, der allerdings „zu keinem<br />
bestimmten Urteil gelangen“ konnte. Die Tiere<br />
wurden vorsichtshalber nicht mehr ausgetrieben. Allerdings<br />
zeigten sich nach mehreren Wochen bei<br />
einem Tier, als man schon gehofft hatte, der Hund<br />
sei doch nicht tollwütig gewesen, Krankheitszeichen.<br />
Der Tierarzt wurde erneut gerufe: Er erklärte, bei<br />
der Krankheit handele es sich um die „stille Wut“.<br />
Als noch ein 2. Tier erkrankte, wurden schließlich alle<br />
gebissenen Tiere erschossen und die bereits geworfenen<br />
Ferkel vom Faselwärter totgeschlagen.<br />
„Übrigens“, so endet der lange Bericht im Kirchenbuch<br />
(s. S. 69 ff), „hat der ganze Vorfall, wie leicht zu<br />
denken, dem Orte großen Schaden gebracht. Denn<br />
die Fremden mieden nicht nur lange Zeit, hier<br />
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