Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt
Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992
Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992
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„Zur Besiedlungsstruktur innerhalb der Landschaft<br />
läßt sich aus heutiger Sicht nur sagen, daß man im Abstand<br />
von zwei bis drei Kilometer voneinander Gehöfte<br />
oder kleinere Ansiedlungen rechnen darf, die aber wohl<br />
keinen Dorfcharakter hatten.“<br />
Ist man von der Aussage über die „Siedlungsdichte“<br />
der Wetterau überzeugt, so stellt man bei einem Blick<br />
auf die Landkarte des heutigen Wetteraukreises fest, daß<br />
eben dieser Abstand von zwei bis drei Kilometern zwischen<br />
den einzelnen Dorfkernen besteht- ein möglicher<br />
Hinweis darauf, daß die Siedlungsflecken immer wieder<br />
überbaut wurden, daß also selten alte Ansiedlungen<br />
„aufgelassen“ (= verlassen) und statt dessen neue Fluren<br />
zur Besiedlung ausgesucht wurden.<br />
In der frühen Bronzezeit, also vor ca. dreieinhalb bis<br />
viertausend Jahren, bildeten neben dem Bodenbau die<br />
Viehhaltung bzw. -nutzung (Rinder zu 50%, Schafe/<br />
Ziegen bzw. Schweine zu je ca 20%; s. hierzu Pinsker,<br />
S. 165) die Grundlage der wirtschaftlichen Existenz der<br />
frühen Menschen in der Wetterau.<br />
Daneben mußten aber auch andere Tätigkeiten beherrscht<br />
worden sein, denn Funde aus jener Zeit, z. B.<br />
Webgewichte und Spinnwirtel (= Schwunggewichte),<br />
Weisen auf Textilherstellung und -verarbeitung hin bzw.<br />
Siebgefäße auf die Verarbeitung von Molkereiprodukten<br />
oder Reib- und Mahlsteine auf die Fertigkeit zur<br />
Getreideverarbeitung_<br />
Aber auch Schmuck und Waffen fanden sich ausjener<br />
historisch dunklen Zeit. Eine Bronzenadel, an der Horloff<br />
gefunden, ging leider im letzten Krieg im Landesmuseum<br />
in Darmstadt verloren.<br />
Fundierte Beweise für die Ansiedlung von Menschen<br />
in <strong>Reichelsheim</strong> gibt es aber aus der „Jüngeren Bronzezeit“,<br />
die 2800 bis 3200 Jahre zurückliegt (also 12. bis<br />
8. Jahrhundert vor Christi Geburt). Urnenfelder an ver-<br />
Messer, gefunden in eirıern Reíchelsheim.er<br />
Brandgrab („Jüngere Bmnzezeit/ Urnenfelderzeit“,<br />
1200-750 v. Chr.) / Foro: H. Haag<br />
schiedenen Stellen bestätigen eine lang andauernde Besiedlung<br />
der .<strong>Reichelsheim</strong>er Gemarkung zu jener Zeit.<br />
Bei Drainagearbeiten im Jahre 1881, westlich vom alten<br />
Ortskern, etwa 200 Schritt weit vom Friedhof entfernt,<br />
stieß man auf Spuren von Gräbern. Es wurden<br />
auch Urnen (80 bis 90 cm hoch, mit Deckel) mit „Asche<br />
und menschlichen Knochenteilen“ bei Ausgrabungen in<br />
den Jahren 1909, 1910, 1927 und 1933 gefunden, und<br />
zwar im damaligen Hofe des Karl Horack (Im alten Dorf,<br />
nördlich der Stadtmauer: früher hieß dieser Bereich<br />
„Auf dem alten Dorf“) sowie auf der Gänsweide (östlich<br />
des alten Ortskernes, im Bereich des heutigen Kindergartens<br />
und des alten Sportfeldes). Im Wetterauer Museum<br />
sind noch einige dieser Fundstücke aufbewahrt. Sie<br />
zeigen den hohen kunsthandwerklichen Standard während<br />
der Bronzezeit.<br />
Ob die Gegenstände auch hier in <strong>Reichelsheim</strong> hergestellt<br />
wurden, das weiß man nicht, weil bisher weder hier<br />
noch in der ganzen Wetterau Reste von Brennöfen gefunden<br />
wurden_ Wurden sie nicht hier in <strong>Reichelsheim</strong><br />
oder der Wetterau hergestellt, so beweist dies wiederum,<br />
daß zu jener Zeit schon ein reger Handelsverkehr stattgefunden<br />
haben muß.<br />
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