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Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt

Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992

Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992

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der Text eines mittelalterlichen Kirchenliedes abgedruckt:<br />

„Ehrfurchtgebietend ist dieser Ort. Hier ist das Haus<br />

Gottes, die Pforte des Himmels: Vorhof Gottes genannt.<br />

Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr der Heerseharen:<br />

Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen<br />

des Herrn. Beständig frohlocken die Engelscharen,<br />

diesen Ort bezeugen sie als heilig, in dem sie sagen:<br />

Ehrfurchgcbietend ist dieser Ort _ .<br />

„Zersehmettert den Kopf derer, die uns feind sind 1“<br />

So hatte Pfarrer Frech wenige Jahre zuvor, aus Anlaß<br />

des Endes des „Dreißigjährigen Krieges“, von der Kanzel<br />

der <strong>Reichelsheim</strong>er Kirche gepredigt: Wer verdächtigt<br />

war, mit dem Feind aller Christen, dem Teufel, im<br />

Bunde zu stehen, dem wurde das Abendmahl verweigert,<br />

der wurde aus dem Hause Gottes verdrängt, dieser<br />

„Pforte des Himmcls“; der wurde statt dessen vor dem<br />

Kirchen konvent oder in der Privatbeichte „befragt“, der<br />

wurde zum Geständrıis gezwungen!<br />

Zeigle der oder die Befragte sich niclıt geständig, so<br />

wurde „die peinliche Befragung“ angeordnet, also die<br />

Folter!<br />

Der Gedanke, daß eine Angeklagte - und meistens<br />

waren es ja Frauen - einmal freigesprochen werden<br />

könnte. warden Hexenriehtern, wie der damals berühmte<br />

Pater Spee in seinem Hauptwerk „Cautio Criminalis“<br />

ausführte, völlig fremd: „Entweder gesteht die Angeklagte<br />

auf der Folter, und dann ist sie schuldig, weil<br />

sie bekannt hat, oder sie gesteht nicht, dann ist sie ebenfalls<br />

schuldig, weil sie furchtbare Folterqualen ausgehalten<br />

hat, die kein Mensch ohne des Teufels Hilfe überstehen<br />

kann. Sie hat also den sogenannten Schweigezauber<br />

geübt und sich dadurch als Hexe erwiesen“ (entnommen:<br />

K. Baschwitz, „Hexen und Hexenprozesse“,<br />

S.236).<br />

Warum wird „Joh. Eberts Bubers Tochter, ll Jahre<br />

alt“ wohl schließlich gestanden haben? Die Erinnerung<br />

an das vor Jahren Erduldete, die Erkenntnis, daß einmal<br />

Verdächtigte nichtmehr ruhig schlafen gelassen werden,<br />

vielleicht auch das Verhalten des fanatisch-dogmatischen<br />

Pfarrers Frech ihres Heimatortes <strong>Reichelsheim</strong><br />

ihr, die mittlerweile das Konfirmationsalter überschritten<br />

hatte, gegenüber? All das mag dazu beigetragen haben,<br />

daß sie „gestand“, mit dem Satan im Bunde zu sein,<br />

bzw. daß sie keine Kraft mehr aufbringen konnte oder<br />

wollte, erneut den unmenschlichen Qualen der Folter zu<br />

widerstehen.<br />

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Zwei Hexen werden gefoltert (Holzschnitt, I6. Jh. )<br />

(Entn.: „Hexenwahn“, S. 108)<br />

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Konkrete Akten über die Hexenprozesse in <strong>Reichelsheim</strong><br />

finden sich nur noch sehr gering. Viele sind wohl im<br />

2. Weltkrieg beim Angriff auf das Hessische Staatsarchiv<br />

Darmstadt vernichtet worden. Lange galt der Bericht des<br />

Pfarrers Frankenfeld im Kirehenbuch als der einzig<br />

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