Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt
Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992
Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992
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-durchführung von der Aufsichtsbehörde gesehen, nicht<br />
der offizielle Verwaltungsleiter der Gemeinde, also der<br />
Bürgermeister. Der damalige <strong>Reichelsheim</strong>er Ortsgruppenleiter<br />
bestätigt durch Unterschrift: „Zur Kenntnis genommen“.<br />
Betreffend 1937 ist über die Errichtung eines Flugplatzes<br />
für die Luftwaffe in unserer Gemarkung zu berichten,<br />
und zwar in den Wiesen zwischen <strong>Reichelsheim</strong> und<br />
Leidhecken. Da Wasser in jenem Wiesenbereich „reichlich“<br />
vorhanden war, mußte eine Pumpstation eingerichtet<br />
werden. Seit der Eröffnung des Platzes kamen immer<br />
wieder einmal Übungsstaffeln nach <strong>Reichelsheim</strong>. Ein<br />
Einsatzflugplatz wurde zum Glück für den Ort und die<br />
Region nicht aus jener Anlage.<br />
11938 wurde der Ort nach längerer Zeit wieder einmal<br />
von Epidemien und Seuchen heimgesucht: Zu Beginn des<br />
Jahres waren viele Einwohner an Keuchhusten erkrankt,<br />
16 mußten gar ins Krankenhaus eingeliefert werden.<br />
Im Frühjahr und Spätherbst wurde der Viehbestand in<br />
<strong>Reichelsheim</strong> von der Maul- und Klauenseuche befallen:<br />
Für manch einen Bauern war damit ein herber Verlust<br />
verbunden!<br />
Doch neben dem Schrecken und Leid, welehe Epidemie<br />
und Seuche gebracht hatten, fühlten sich die <strong>Reichelsheim</strong>er<br />
stolz, daß „wieder Weltgeschichte“ erlebt<br />
werden durfte. „Die Zeit ist vorrüber“, so schrieb der<br />
Ortspfarrer ins Kirchenbuch, „daß Deutschland nichts<br />
mehr zu sagen hat. Nach 20 Jahren Not kehrten die Sudetendeutschen<br />
heim in das Reich. Von <strong>Reichelsheim</strong> waren<br />
verschiedene Reservisten und Landwehrmänner eingezogen“<br />
(s. Kirchenbuch, S. 595 f.).<br />
(Wer konnte damals ahnen, daß aufgrund der aggressiven<br />
„Raum-Politik“ Hitlers 8 Jahre danach viele<br />
Sudetendeutsche in <strong>Reichelsheim</strong> Unterschlupf suchen<br />
mußten?)<br />
Diese Einberufungen erinnerten manch einen <strong>Reichelsheim</strong>er<br />
an das Leid des Ersten Weltkrieges. „Die<br />
Wunden des Weltkrieges sind noch nicht verheilt“,<br />
schrieb Pfarrer Carl treffend. Die Erinnerung an jene bedrückende<br />
Zeit mag auch dadurch wach geworden sein,<br />
daß nunmehr auch im ländlichen <strong>Reichelsheim</strong> Kurse zur<br />
Ausbildung im Luftschutz stattfanden.<br />
Während in Zeiten der Angst und Unsicherheit die<br />
Menschen vermehrt Kraft und Hilfe in der Kirche suchen,<br />
so wurden in diesen Monaten, gefördert und gefordert<br />
von der NSDAP, die Kirchenaustritte zu einer „Alltäglichkeit“.<br />
„Bis Anfang August (1939) traten insgesamt<br />
30 hier wohnende <strong>Reichelsheim</strong>er aus. Es sind alles<br />
Leute, die in der NS-Bewegung einen Posten haben. Die<br />
Leute wurden von mir nicht besucht“ (s. S. 597). ..<br />
.<br />
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- M ,ll .<br />
Hitler-Jugendheim in <strong>Reichelsheim</strong>, erbaut 1939,<br />
nachdem die Bingenheim.er Miihle nicht mehr zur<br />
Verfiigung stand<br />
(Nach dem Kriege zuerst von den Mechanischen<br />
Werkstiitten <strong>Reichelsheim</strong> - „M WR “ - genutzt,<br />
dann zum Kindergarten der Stadt umgebaut)<br />
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