Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt
Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992
Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992
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„Den 22ten August fand Bürgermeisterwahl statt. Mit<br />
Spannung war man diesem Tag entgegengegangen, standen<br />
sich doch zwei ziemlich gleich starke Parteien gegenüber,<br />
die bezeichnender Weise die ›Nassen< und die<br />
›Trockenen< genannt wurden. Diese Benennung ist<br />
nicht, wie man annehmen könnte, auf größeren oder geringeren<br />
Alkoholverbrauch zurückzuführen, sondern<br />
auf die Wiesenbewässerung, welche von den einen angestrebt,<br />
den anderen aber bekämpft wurde.<br />
Das Resultat der Wahl war: Bürgermeister Steten 75,<br />
Karl Schmid II. 69, Schlosser Nohl 14 Stimmen. Da eine<br />
absolute Majorität von keinem Kandidaten erzielt worden<br />
war, mußte die Stichwahl entscheiden. Dieselbe<br />
wurde am 5ten September vorgenommen und ging aus<br />
derselben der seitherige Bürgermeister mit 89 Stimmen<br />
(gegen 80) siegreich hervor.<br />
Es ist nur zu bedauern, daß durch die Wahlagitation in<br />
unsere Gemeinde Uneinigkeit und Streit gebracht worden<br />
sind und daß vielfach die Bande der Freundschaft, ja<br />
der Verwandschaft durch die unselige Wahl zerrissen<br />
worden sind. Wann wird der Friede wieder bei uns einkehren?<br />
Wie`s jetzt ist, ist es äußerst betrübend.“<br />
Bei den Reichstagswahlen standen die <strong>Reichelsheim</strong>er<br />
nahezu geschlossen hinter dem jeweils konservativen<br />
Kandidaten, z. B.:<br />
1898: Wahlkreis <strong>Reichelsheim</strong><br />
Graf Oriola (Nat.-Lib.) 61,12 % 84,97 %<br />
Prinz (SPD) 38,88 % 15,03 %<br />
Bei der Reichstagswahl 1910 sollte der <strong>Reichelsheim</strong>er<br />
Pfarrer Vogel (s. Schluß des vorigen Kapitels) gar Kandidat<br />
für die Nationalliberalen im heimischen Wahlkreis<br />
werden, was er aus Gewissensgründen allerdings ablehnte.<br />
Daß bei jener Wahl erstmals ein Sozialdemokrat den<br />
hiesigen Wahlkreis Friedberg/Büdingen gewinnen konnte,<br />
kommentierte Pfarrer Vogel im Kirehenbuch mit folgenden<br />
Worten (s. S. 396):<br />
„So zieht also ein Sozialdemokrat für unseren Wahlkreis<br />
in den Reichstag. Man sieht, wie die Verbitterung<br />
die Massen blind macht.“ ln <strong>Reichelsheim</strong> hatte der Sozialdemokrat<br />
nur wenig Sympathie gewinnen können:<br />
Sein Gegenkandidat erhielt mehr als Dreiviertel aller<br />
abgegebenen gültigen Stimmen.<br />
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Hauptstraße von <strong>Reichelsheim</strong> im Jahre 1912<br />
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