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Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt

Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992

Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992

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4. f) Handwerker und Zünfte in <strong>Reichelsheim</strong><br />

In <strong>Reichelsheim</strong>, dieser Kornkammer der Nassauer<br />

Herren in der Wetterau - in diesem agrarisch geprägten<br />

<strong>Reichelsheim</strong> hat es einst Zünfte, also ein florierendes<br />

Handwerksleben, gegeben?<br />

Zu einer Stadt gehören auch Handwerker, und die<br />

Handwerker einer Stadt hatten sich in früherer Zeit in<br />

Zünften zu organisieren.<br />

Eine „Zunft war eine Ordnung, nach der eine Gesellschaft<br />

lebt“, teilt „Meyers Enzyklopädisches Lexikon“<br />

(Bd. 25, S. 795 f.) mit. „Die Zünfte waren im Mittelalter<br />

entstanden, von derjeweiligen Obrigkeit anerkannte Organisationen<br />

vor allem von Handwerkern“. Diese Organisationen<br />

dienten dem Zweck, den Mitgliedern die Ausübung<br />

eines bestimmten Gewerbes zu ermöglichen und<br />

die wirtschaftlichen Verhältnisse zu regeln.“<br />

Einer Zunft konııte sich nicht jeder, der wollte, anschließen<br />

-es sei denn, er brachte überprüfte Kenntnisse<br />

und Fertigkeiten, einen „freien Stand“ (= keine Leibeigenschaft)<br />

und einen guten Leumund mit. Die Zunftordnungen<br />

regelten die organisatorischen und wirtschaftlichen<br />

Fragen, wie z. B. die Bctriebsgrößen, die Arbeitszeit<br />

oder auch den Rohstoftbezug. Man wollte einen<br />

„brutalen Konkurrenzkampf“ der Meisterbetriebe untereinander<br />

verhindern; erreicht werden sollte vielmehr<br />

das Gegenteil: die wirtschaftliche Absicherung der Mitglieder<br />

derjeweiligen Zunft.<br />

Die Zünfte verloren mit der Einführung der Gewerbefreiheit<br />

um 1800 ihre Existenzberechtigung. In den Innungen<br />

der Handwerke leben allerdings bis heute einige<br />

der alten Ideen des Zunftwesens fort.<br />

Im Hessischen Staatsarchiv in Darmstadt befindet sich<br />

das „Zunftbuch über die hernach gesetzten Handwerkker<br />

zu <strong>Reichelsheim</strong>b“.<br />

Zuerst fanden sich die Meister folgender Handwerke<br />

in Zünften zusammen: Schneider, Metzger, Schuhma-<br />

cher, Sattler, Socken- und Hosenstricker. Nach und nach<br />

entschieden sich auch die Meister anderer Gewerbe dafür,<br />

Zünfte zu bilden, z. T. mit anderen Berufen zusammen,<br />

z. T. getrennt. Die gemeinsamen Zünfte hielten<br />

aber nicht immer, so daß es dann zu eigenständigen Neugründungen<br />

kam, wie eine Notiz aus dem Jahre 1713 verrät,<br />

die darüber berichtet, daß sich Glaser, Schreiner,<br />

Bäcker und Bierbrauer sich „von denen übrigen, womit<br />

sie sonst in der Zunft gestanden, abgesondert“.<br />

Das gräfliche Amt zu Weilburg „begnadigte“ die <strong>Reichelsheim</strong>er<br />

Meister mit Datum vom 1. November 1680<br />

also erstmals mit dem Recht der Zunftbildung. Im nachfolgenden<br />

Teil dieses „Zunft-Buches“ werden die Handwerksmeister<br />

dieser kleinen Stadt „benannt“, also aufgeführt.<br />

Auch wenn uns die Namen dieser Meister heute<br />

nichts mehr sagen - wichtig bleibt zu wissen, welche Berufe<br />

hier am Ende des 17. Jahrhunderts „zünftig“ vertreten<br />

waren, denn dadurch erfahren wir, wie vielfältig das<br />

Angebot an Leistungen damals innerhalb der engen<br />

Stadtmauern war:<br />

Das Buch führt folgende Berufe auf:<br />

Schreiner und Glaser,<br />

Zimmerleute und Maurer,<br />

Schmiede und Bänder,<br />

Wagner und Sattler,<br />

Metzger und Bäcker,<br />

Leinweber und Schneider,<br />

Bierbrauer sowie Socken- und Hosenstricker.<br />

In einer besonderen Urkunde wurden die „Zunftartikel“<br />

durch Georg August, „Fürst zu Nassau, Graf zu<br />

Saarbrücken und Saarwerden _ _ festgelegt. Nach diesen<br />

hatten sich die Meister in ihrem Verhalten innerhalb<br />

und außerhalb des Betriebes zu richten.<br />

Deckblatt des „Zunftbuches“<br />

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