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Die wissenschaftliche Begleitung des Stuttgarter Kinderhauses ...

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Anbieter und Nutzer: Ein Funktions- und Organisationssystem im Spannungsverhältnis<br />

ökonomischen Situation – rechnen, welche Ausgaben im Alltag notwendig<br />

sind und welche das Familieneinkommen überdurchschnittlich belasten. <strong>Die</strong><br />

schriftliche Befragung der gesamten Elternschaft weist ebenfalls darauf hin,<br />

dass das Nutzungspotential weiter ausgeschöpft werden könnte, wenn eine<br />

Veränderung in der Preisgestaltung vorgenommen würde (s. Kapitel 3.2).<br />

Insbesondere die Eltern, die sich in der Diskussionsrunde für die Verantwortung<br />

der Familie bzw. Eltern in der Betreuung ausgesprochen haben,<br />

sehen den Preis für die erweiterten Angebote zugleich als eine Hemmschwelle.<br />

Ist die Betreuungsstunde „für ‚en Appel und en Ei’ erschwingbar ist, ja<br />

wieso net, ja, zwei, Stunden noch dran hängen. Ja gut, o.k., dann begegnen wir uns alle<br />

in der Stadt (Lachen in der Runde) und reden über unsere Kinder. Also, ich mein, das<br />

ist ja auch nicht der Sinn der Sache.“ (E 4, ZN 542-546) Folglich soll aus Sicht<br />

dieser Eltern der Preis die Nutzung ein stückweit regulieren, so dass die Eltern<br />

die Angebote nicht ohne konkreten Bedarf nutzen. An diesem Punkt<br />

besteht jedoch keine einheitliche Meinung darüber, was nun eine gerechtfertigte<br />

bzw. nicht gerechtfertigte Nutzung darstellt. <strong>Die</strong> Tatsache, dass es keinen<br />

„uneingeschränkten“ Zugang auf die erweiterten Betreuungsangebote<br />

geben soll, legt die mit dem Regelangebot verbundene Normativität offen.<br />

<strong>Die</strong> Vorstellungen von kindgerechter Betreuung sind nicht zuletzt auch gebunden<br />

an Vorstellungen über den Umfang von (mütterlicher) Erwerbstätigkeit,<br />

über Familienleben und Familienzeiten, in denen eine institutionelle<br />

Betreuungslösung eher abgelehnt wird. Dass die Nutzungsmuster der Kindertagesbetreuung<br />

einen Kristallisationspunkt für solche normativen<br />

Vorstellungen bilden, wird in den Schilderungen über den Einfluss der<br />

sozialen Kontrolle auf die Inanspruchnahme der Angebote deutlich. Wie<br />

eingangs bereits geschildert, steigen die Anforderungen von Seiten <strong>des</strong> Arbeitsmarktes,<br />

während die Eltern im Vergleich dazu aber eine Diskrepanz<br />

bezüglich der gesellschaftlichen Erwartungen an Familie erfahren.<br />

„Ja, das finde ich auch, da gibt es eindeutig eine Diskrepanz zwischen dem, was erwartet<br />

wird von den Arbeitnehmern und -nehmerinnen und was es an Betreuungsangeboten gibt<br />

und was auch gesellschaftlich sanktioniert ist. Also, da ist eindeutig noch eine riesen<br />

Diskrepanz da. Dass es in anderen Ländern auch anders geht, zeigt sich ja auch…“ (E<br />

3, ZN 460-463).<br />

Aus Sicht der Befragten wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />

zum einen aufgrund eines fehlenden bedarfsgerechten Betreuungsangebotes,<br />

insbesondere für Kinder unter drei Jahren, erschwert, zum anderen scheinen<br />

zudem nicht alle Vereinbarkeitslösungen auf Zustimmung im sozialen Umfeld<br />

der Familien zu stoßen. Das bedeutet, selbst wenn eine Kita ein bedarfsgerechtes<br />

Angebot bietet, machen Eltern nicht gleich Gebrauch davon.<br />

„Also, ich glaube, dass das vorhandene Angebot der Kita, also wie es jetzt ist, den Eltern<br />

schon eine ganze Menge Spielraum lässt, wie das jetzt mit den verlängerten Öffnungszeiten<br />

und ich finde, dass der tatsächliche Bedarf, also sprich, die tatsächliche Inanspruchnahme<br />

eigentlich nicht das Spiegelbild <strong>des</strong> wirklichen Bedarfs ist. Sondern, wir haben<br />

es ja eben aus der Diskussion herausgehört, es wird torpediert - über den Preis, über,<br />

ich denke auch noch, gesellschaftlicher Druck, der einfach - unser gesellschaftliches Bild<br />

ist noch nicht soweit, dass man sagt, mit- oder ohne schlechtes Gewissen zu sagen: ‚Ja,<br />

mein Kind ist doch in der Kita’ und wir sitzen um 19h irgendwo noch in einem Büro.’<br />

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