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Die wissenschaftliche Begleitung des Stuttgarter Kinderhauses ...

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Anbieter und Nutzer: Ein Funktions- und Organisationssystem im Spannungsverhältnis<br />

Aber neben den entstehenden Kosten haben ebenfalls eher implizite,<br />

weniger offensichtliche Faktoren, wie das Bedenken bezüglich <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong>wohls,<br />

einen Einfluss auf die zurückhaltende Inanspruchnahme der erweiterten<br />

Angebote. Denn die Mehrheit der Anwesenden nutzt bereits das Tagesangebot<br />

und befürchtet bei einer zusätzlichen Betreuung am Abend in<br />

der Einrichtung eine Überforderung <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong>. <strong>Die</strong> Eltern, die am Abend<br />

einen Betreuungsbedarf haben, lösen ihn in erster Linie privat (z.B. Freunde,<br />

Großeltern) oder über einen Babysitter, der es ermöglicht, dass das Kind<br />

seinen gewohnten Abendrhythmus hat. Das bedeutet, der Rhythmus <strong>des</strong><br />

Kin<strong>des</strong>, seine Bedürfnisse und Interessen spielen bei der Gestaltung der<br />

Betreuung eine wichtige Rolle. Haben Eltern einen Betreuungsbedarf am<br />

Abend oder Wochenende, so legen sie wert darauf, dass sie hierfür eine –<br />

ihrer Meinung nach – kindgerechte Lösung finden.<br />

<strong>Die</strong> Äußerungen der Eltern spiegeln sehr deutlich eine Diskrepanz zwischen<br />

dem aktuell bestehenden Betreuungsbedarf (am Abend/ Wochenende)<br />

und der tatsächlichen Angebotsnutzung wider. So zeigen die Schilderungen<br />

der Eltern, dass sie bereits selbst, mit privaten Ressourcen, die Betreuung<br />

zu diesen Zeiten organisieren. Da das Kinderhaus aber nicht dafür in<br />

Anspruch genommen wird, bleibt auch der Betreuungsbedarf im privaten<br />

Bereich verborgen.<br />

Zugleich sind die Eltern froh, dass das Kinderhaus ihnen für den Notfall<br />

eine Möglichkeit anbietet; diese Sicherheit stellt bereits eine Unterstützung<br />

für sie dar. In Anbetracht der steigenden Anforderungen von Seiten <strong>des</strong> Arbeitsmarktes<br />

äußern einige Eltern, dass der Bedarf nach Betreuungsangeboten<br />

am Abend und Wochenende sicher weiter zu nehmen und damit vielleicht<br />

ein stückweit an „Normalität“ gewinnen wird. <strong>Die</strong> Diskussion über<br />

die Verlängerung der „Kernzeit“ sowie über den Einfluss von gesellschaftlichem<br />

Druck bei der Inanspruchnahme von zusätzlichen Betreuungszeiten<br />

hat gezeigt, dass dieser sozial konstruierte Normalitätsrahmen eine hohe<br />

Bedeutung für die Wahrnehmung und das tatsächliche Nutzungsverhalten<br />

der Eltern hat. Bereits im Rahmen <strong>des</strong> Regelangebotes am Tag achten die<br />

meisten Eltern darauf, ihr Kind dann zu bringen bzw. abzuholen, wenn die<br />

meisten anderen Kinder ebenfalls kommen bzw. gehen. Um dem eigenen<br />

„schlechten Gewissen“ bzw. den „Blicken der anderen“ zu entgehen, möchte<br />

man vermeiden, dass sein Kind als einziges noch warten muss, während<br />

seine Freunde bereits nach Hause gehen.<br />

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass das Nutzungsverhalten von<br />

Seiten der Eltern im Wesentlichen durch drei Faktoren beeinflusst wird:<br />

1. <strong>Die</strong> hohen Kosten, die durch die institutionelle Betreuung entstehen.<br />

2. <strong>Die</strong> Bedenken bezüglich <strong>des</strong> Wohlbefindens, <strong>des</strong> Biorhythmus’ <strong>des</strong><br />

Kin<strong>des</strong>.<br />

3. <strong>Die</strong> soziale Kontrolle, der gesellschaftliche Druck von außen sowie<br />

die eigene, dadurch geprägte Haltung zu den erweiterten Betreuungsbausteinen.<br />

Bei der Frage, inwieweit eine öffentliche Kindertagesbetreuung Verantwortung<br />

für die Betreuung der Kinder übernehmen kann oder soll, sprechen<br />

sich die Eltern insgesamt für mehr Unterstützung von Seiten der Familienpolitik<br />

aus. Zugleich machen sie aber auch ihre eigene Verantwortung sowie<br />

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