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Die wissenschaftliche Begleitung des Stuttgarter Kinderhauses ...

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Anbieter und Nutzer: Ein Funktions- und Organisationssystem im Spannungsverhältnis<br />

nem engen Korridor, denn in erster Linie zielen sie auf Eltern im Schichtdienst<br />

und allein Erziehende Mütter ohne unterstützenden Partner ab.<br />

Gleich danach rangiert die Argumentation <strong>des</strong> „Notfalls“: wenn sich keine<br />

andere Lösung finden lässt und es „mal“ vorkommt, dann legitimiert sich<br />

die Nutzung. Angesichts dieser „Bewertungsfolie“ wird es nachvollziehbar,<br />

warum viele Eltern ihren Betreuungsbedarf am Abend oder Wochenende<br />

über private Möglichkeiten lösen und demnach nicht transparent bzw. öffentlich<br />

machen.<br />

Da auch der Babysitter, die Tagesmutter oder die Großeltern mal ausfallen<br />

können, schätzen die Eltern zugleich, dass sich mit den Angeboten im<br />

Kinderhaus eine weitere Betreuungsmöglichkeit bietet. Denn „es ist immer<br />

besser zwei Alternativen zu haben als eine“ (E 4, ZN 137). Auch wenn die Eltern<br />

in erster Instanz meist private Möglichkeiten ausloten, bleibt das Kinderhaus<br />

immer eine Art „Notnagel.“. Und alleine die Option zu haben, bietet<br />

schon eine Stütze: „Aber es ist in gewisser Weise auch beruhigend, ja, das noch im<br />

Hintergrund zu haben. Das kann man schon sagen.“ (E 3, 68-69) Denn jeder<br />

kennt die Situation, dass ein Termin mal länger dauert als geplant, man im<br />

Stau steht oder noch eine Erledigung tätigen muss. Bereits jetzt bietet das<br />

Haus im Rahmen der Regelöffnungszeit die Möglichkeit, in solchen Fällen<br />

flexibel auf die Familien zu reagieren. Für die Eltern ist diese Offenheit eine<br />

enorme Erleichterung im Familienalltag.<br />

„Auch wenn wir, nicht jeder darauf zurückgreift, ich glaube schon, wir genießen schon<br />

diesen Komfort, diese Sicherheit, einfach zu wissen, wenn wir es denn brauchen, aus welchem<br />

Grund auch immer, und wenn es mal nicht der Job ist, sondern, wie eben erwähnt,<br />

wenn man mit einem anderen Kind plötzlich einen Termin wahrnehmen muss, oder ins<br />

Krankenhaus muss oder was auch immer, man ist nicht gezwungen, erstmal sein Adressbuch<br />

rauf und runter zu telefonieren, sondern einfach hier her kommen und sagen ’Heute<br />

muss ich einfach zwei Stunden länger dran hängen’ und es ist kein Problem. Man sagt<br />

einfach nur: ‚Jow, kein Thema’, ja, und das war alles.“ (E 1, ZN 520-527)<br />

Wenngleich in der Argumentation deutlich wird, dass für die anwesenden<br />

Eltern die Nutzung der Angebote eine Ausnahme bleiben wird, möchten sie<br />

diese zugleich nicht missen, denn auch im Notfall ist die Betreuung in einem<br />

dem Kind vertrauten Umfeld mit bekannten Fachkräften gesichert; und dies<br />

wissen die Eltern zu schätzen. Wenngleich der „Notfall-Charakter“ überwiegt<br />

und dieser fast schon eine Art Bedingung oder Legitimationsgrundlage<br />

für die Nutzung formuliert, sind die erweiteten Angebote als wichtige<br />

„back-up“-Lösung für die Familien zu sehen.<br />

Dass Eltern in erster Linie eine institutionelle Unterstützung im Notfall<br />

bevorzugen, begründen die Befragten aus ihrer heutigen Familien- und Arbeitssituation<br />

heraus. So bleibt die Betreuung am Abend oder Samstag ein<br />

Zusatz zur Regelbetreuung, was auch einher geht mit weniger Zeit als Familie.<br />

Um dies zu vermeiden – weniger Zeit mit den Kindern oder als Familie -<br />

liegt es nicht im Interesse der Eltern, alle Impulse ausgehend vom Arbeitsmarkt<br />

an das System der Kinderbetreuung weiter zu geben. Nicht zuletzt<br />

wird an diesem Punkt auch die Frage berührt, wo der Verantwortungsbereich<br />

für private Betreuungslösungen anfängt und der öffentliche entsprechend<br />

aufhört. Denn es stellt sich die Frage, inwiefern es die Aufgabe der<br />

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