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Die wissenschaftliche Begleitung des Stuttgarter Kinderhauses ...

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Anbieter und Nutzer: Ein Funktions- und Organisationssystem im Spannungsverhältnis<br />

kräfte die Gruppe der Nicht-Nutzer als sehr heterogen: Kosten, vorhandene<br />

Betreuungslösungen und auch der Einfluss durch soziale Kontrolle im Umfeld<br />

werden von ihnen benannt (vgl. Kapitel 3.2). Dass mehr Bedarf besteht,<br />

als durch die Nutzung offensichtlich wird, merken die Erzieherinnen im Alltag,<br />

wo sie häufig auf das Angebot angesprochen werden.<br />

„Es ist schon auch so, dass Eltern auf mich zukamen und gesagt haben sie<br />

bräuchten’s eigentlich jeden Samstag, dass aber das Finanzielle da steht und die<br />

Mutter sagt, sie verdient grad mal 30 Euro an dem Samstag. ‚Wenn ich da arbeite<br />

und dann zahl ich hier quasi das, was ich verdien für ein Kind’ – sie hat zwei.<br />

Das heißt, beim zweiten zahlt sie drauf und dann überlegt man sich halt ok, hat<br />

man da noch eine Freundin oder da die Oma oder da eine Tante oder Patentante<br />

und dann gehen die Kinder da hin und dann nutzen sie die Samstage eben doch<br />

nicht.“ (Erz.3, ZN 413-419)<br />

<strong>Die</strong> Kosten, die für eine regelmäßige Betreuung bei mehr als einem Kind<br />

anfallen, werden demnach auch von dieser Seite aus als Hemmnis für eine<br />

stärkere Auslastung wahrgenommen. Es ist aber nicht nur der Preis für die<br />

Betreuung, sondern die Eltern, wie im Zitat oben ausgeführt, verfügen häufig<br />

über soziale Netzwerke; von Großeltern, über Freunde und den benachbarten<br />

Babysitter, die dann doch eine Alternative zum Angebot im Kinderhaus<br />

darstellen. So ist der Anteil der Eltern, die samstags arbeiten deutlich<br />

höher, als die aktuelle Nutzung der Angebote vermuten lässt. <strong>Die</strong> Erzieherinnen<br />

formulieren das Dilemma, dass eben die Nutzergruppe mit dem potentiell<br />

höchsten Bedarf, wie beispielsweise Verkäuferinnen im Einzelhandel,<br />

Friseurinnen oder Krankenschwestern, durch die preislichen Gestaltung<br />

ausgeschlossen werden; insbesondere, wenn es allein Erziehende oder (zu<br />

gezogene) Familien mit fehlendem sozialen Netzwerk sind.<br />

Nicht zuletzt merken die Erzieherinnen aber ebenso an, dass es der Blick<br />

von außen ist, der einen kleinen Teil der Eltern auch von der Nutzung abhält.<br />

„Und bei einem kleinen Teil vielleicht diese soziale Kontrolle. ‚Jetzt gibt sie ihr<br />

Kind schon wieder weg’. Also das dann zu überlegen, ok, schieb ich’s doch so, dass<br />

irgendjemand zu mir kommt oder ich mit dem Kind im Auto weg fahr und dann<br />

zu Bekannten auch bring.“ (Erz.3, ZN 463-465)<br />

In diesem Zitat finden sich deutliche Parallelen zu den Ausführungen der<br />

Eltern, wo manche – bewusst oder unbewusst – die private Lösung der öffentlich<br />

Sichtbaren vorziehen. Rückblickend stellen die Erzieherinnen fest,<br />

dass sich die Akzeptanz für eine institutionelle Betreuung am Wochenende<br />

erst noch durchsetzen muss. Angesichts der Veränderungen familialer Lebensformen,<br />

der Zunahme mütterlicher Erwerbstätigkeit, auch und gerade<br />

am Wochenende, und der Dominanz <strong>des</strong> <strong>Die</strong>nstleistungssektors (Stichwort:<br />

Ladenöffnungszeiten) stehen aus ihrer Sicht alle Zeichen danach, dass sich<br />

diese Angebotsform, wenn sich „mal alle daran gewöhnt haben“, zukünftig weiter<br />

durchsetzen wird. Mit Blick auf die zeitliche Gestaltung <strong>des</strong> derzeitigen<br />

Samstagsangebotes sehen die Erzieherinnen zudem die Notwendigkeit, dass<br />

es an die Zeiten der Wochenbetreuung, von 6:30 bis 20:00 Uhr, angepasst<br />

wird. Nur so können auch Eltern im Schichtdienst darauf zurückgreifen.<br />

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