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Die wissenschaftliche Begleitung des Stuttgarter Kinderhauses ...

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ginnt, es kann aber auch Abendbrot im Kreise der Familie sein oder die eingespielten<br />

Rituale beim Zubettgehen <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong>.<br />

Eine Mutter stellt fest, dass der Balanceakt zwischen Erwerbstätigkeit<br />

und Familienleben häufig zur Routine „zwingt“; Abläufe und Absprachen<br />

im Alltag werden erleichtert und eine gewisse Verlässlichkeit für Eltern und<br />

Kinder stellt sich dadurch ein. Im Laufe der Zeit haben sich in den Familien<br />

Regeln und Abläufe entwickelt, von denen nur „im Ausnahmefall“ abgewichen<br />

wird.<br />

„Also wir haben zum Beispiel jetzt, wenn ... bei uns ist die Regel, wenn wir alle<br />

arbeiten gehen und den ganzen Tag nicht daheim sind, abends auf jeden Fall wird<br />

zusammen gegessen. Das war wo ich daheim war nicht der Fall. Weil dann habe<br />

ich eben tagsüber gegessen mit der Anna und mein Mann hat eben dann abends<br />

alleine gegessen und irgendwie war das dann schon anders. Und wir haben jetzt so<br />

feste Zeiten. Oder abends vorm Schlafengehen hat sie ihre halbe Stunde mit ... da<br />

spielen wir noch mal, da wird noch mal gelesen, da wird noch mal irgendwas ...<br />

und das sind feste Zeiten, die gibt es, die werden nur im Ausnahmefall irgendwie<br />

so ... .“ (Frau Alt, ZN 384-393)<br />

Mit Blick auf das gesamte Sample fällt auf, dass zwar alle Eltern Wert auf<br />

Routinen und Rituale mit den Kindern legen, besonders hervorgehoben und<br />

ausgeführt wird es aber von denjenigen, die flexible Arbeitszeiten und einen<br />

damit variierenden Arbeitseinsatz haben. Der Alltag dieser Familien verläuft<br />

jedoch nicht nach vollkommen starren Abläufen, in dem jeder Handgriff<br />

geplant ist, sondern vielmehr haben sich wiederkehrende Rituale und „elastische<br />

Rhythmen“ (Klenner/Pfahl 2005) 34 entwickelt.<br />

Wie wichtig aber zugleich die Flexibilität der Betreuung im Kinderhaus<br />

ist, wird deutlich, wenn sich zeitliche Veränderungen ergeben: Eine Besprechung<br />

dauert länger, ein Notfall ergibt sich oder der <strong>Die</strong>nst wird getauscht<br />

und schon entsteht ein „Betreuungsproblem“. Für diese zum Alltag gehörenden<br />

Veränderungen schätzen die Befragten die Offenheit und Flexibilität<br />

<strong>des</strong> <strong>Kinderhauses</strong>.<br />

„Gestern war es eine dreiviertel Stunde länger und was einfach gut war, war dass<br />

wir tagsüber nur anrufen können bis 15 Uhr und sagen können, es wird doch später,<br />

wenn irgendwas dazwischen kommt oder wenn es Überschneidungen bei uns<br />

gibt und dass das dann einfach gut möglich ist.“ (Frau Cramer, ZN 119-122)<br />

<strong>Die</strong> Eltern achten es sehr, dass in der Regel auch kurzfristig ein Anruf<br />

genügt und ihr Kind gut versorgt ist. Für die Befragten bringt dies eine enorme<br />

Sicherheit im Alltag mit sich, denn sie haben im Hinterkopf, dass das<br />

Kinderhaus „im Notfall“ eine verlässliche und unkomplizierte Lösung anbietet.<br />

Selbst wenn sie im Rahmen ihres regulären Betreuungsplanes die gebotene<br />

Flexibilität im Kinderhaus nicht voll ausschöpfen, hat diese für den<br />

Fall einer kurzfristigen Änderung demnach elementare Bedeutung.<br />

34 In ihrer Studie „Arbeitszeiten – Kinderzeiten - Familienzeiten“ machen Christina Klenner, Svenja<br />

Pfahl und Stefan Reuyß ähnliche Erfahrungen. In ihren Interviews, die sie mit Eltern und<br />

Kindern geführt haben, arbeiten sie analoge Befunde bezüglich der Gestaltung von Familienalltag<br />

heraus (s. Klenner/ Pfahl/ Reuyß 2002, 2003; Klenner/ Pfahl 2005).<br />

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