Buch - Vatiu Koralsky - El Sobreviviente de Alemania en Llamas
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Die Sowjets kam<strong>en</strong> nicht, um uns von etwas zu befrei<strong>en</strong>, son<strong>de</strong>rn um uns die Freiheit<br />
und das Glück zu nehm<strong>en</strong>, die das bulgarische Volk g<strong>en</strong>oss. Nach<strong>de</strong>m eine rigorose<br />
Kontrolle über die Bevölkerung eingeführt war, erfuhr ich, dass sich im<br />
kommunistisch<strong>en</strong> Russland niemand ohne eine schriftliche Erlaubnis, die sich putovka<br />
nannte, das be<strong>de</strong>utet »Recht, zu geh<strong>en</strong> o<strong>de</strong>r zu reis<strong>en</strong>«, von einem Ort zum an<strong>de</strong>r<strong>en</strong><br />
begeb<strong>en</strong> konnte. Diese Regelung hatte es vor <strong>de</strong>r bolschewistisch<strong>en</strong> Revolution<br />
gegeb<strong>en</strong>, als die Großgrundbesitzer Reis<strong>en</strong> ohne Erlaubnis verbot<strong>en</strong>. L<strong>en</strong>in verbrachte<br />
sein Leb<strong>en</strong> mit <strong>de</strong>m Schreib<strong>en</strong> von Leitsätz<strong>en</strong>, sagte oft welche, wie: »Die Arm<strong>en</strong><br />
wür<strong>de</strong>n nichts als ihre Kett<strong>en</strong> verlier<strong>en</strong>« und <strong>de</strong>r beliebteste war: »Brot, Frie<strong>de</strong>n und<br />
Freiheit«. Nach<strong>de</strong>m die Revolution jedoch vorbei war, stellte man die Falschheit <strong>de</strong>r<br />
ganz<strong>en</strong> vernicht<strong>en</strong><strong>de</strong>n Propaganda fest.<br />
Ich erzähle all dies, damit <strong>de</strong>r Leser aus erster Hand erfährt, wie <strong>de</strong>r Kommunismus<br />
war. Es ist nicht etwa, weil ich eine hohe soziale und finanzielle Stellung erreicht<br />
habe. Ganz im Geg<strong>en</strong>satz zu meinem alt<strong>en</strong> kommunistisch<strong>en</strong> Fanatismus, ist die<br />
Sehnsucht nach Gleichheit und Brü<strong>de</strong>rlichkeit geblieb<strong>en</strong>, aber in Freiheit und nicht<br />
durch Terror und Verfolgung.<br />
ICH WURDE FÜR DIE SCHULE DER ROTEN OFFIZIERE<br />
AUSGEWÄHLT<br />
Auf Befehl <strong>de</strong>r Sowjets erklärte die neue bulgarische Regierung Deutschland grundlos<br />
<strong>de</strong>n Krieg. Da man mehr Soldat<strong>en</strong> brauchte, wur<strong>de</strong> ich bald zum Militärdi<strong>en</strong>st<br />
einberuf<strong>en</strong> (zuvor war ich weg<strong>en</strong> <strong>de</strong>s Studiums davon befreit gewes<strong>en</strong>). Ich erinnere<br />
mich, dass ich spät im Bezirk ankam und in einem Gasthaus übernacht<strong>en</strong> musste.<br />
Früh am Morg<strong>en</strong>, als es noch dunkel war, begab ich mich zur Kaserne. Es war wahr,<br />
was gesagt wur<strong>de</strong>; ich sah von Schüss<strong>en</strong> durchsiebte M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> auf <strong>de</strong>n Straß<strong>en</strong><br />
lieg<strong>en</strong>. Da wur<strong>de</strong> ich gewahr, was das arme Volk erwartete: eine unheilvolle Zukunft.<br />
Nach<strong>de</strong>m ich in <strong>de</strong>r Kaserne eine ausgezeichnete Prüfung abgelegt, keine zweifelhafte<br />
Vorgeschichte hatte und vielleicht, weil ich immer noch als Kommunist eingetrag<strong>en</strong><br />
war, wur<strong>de</strong> ich für die Militärschule für rote Offiziere ausgewählt. Wir war<strong>en</strong> 3.000.<br />
Dort lernte ich das Marschlied <strong>de</strong>s G<strong>en</strong>oss<strong>en</strong> Stalin sing<strong>en</strong>, das ich immer noch<br />
trällere. Es gefiel mir gut. Es ist das einzige Lied, das mich mit meiner<br />
kommunistisch<strong>en</strong> Vergang<strong>en</strong>heit verbin<strong>de</strong>t.<br />
Sie gab<strong>en</strong> uns stattliche neue Uniform<strong>en</strong>. In <strong>de</strong>n Ausgangsstun<strong>de</strong>n, die wir sonntags<br />
bekam<strong>en</strong>, ging<strong>en</strong> wir in die nahe Hauptstadt Sofia. Wir fühlt<strong>en</strong> uns wie die<br />
Auserwählt<strong>en</strong> <strong>de</strong>s neu<strong>en</strong> Regimes. Die jung<strong>en</strong> Mädch<strong>en</strong> schaut<strong>en</strong> uns bewun<strong>de</strong>rnd<br />
und seufz<strong>en</strong>d an, die jung<strong>en</strong> Männer neidvoll.<br />
Unter <strong>de</strong>n jung<strong>en</strong> Ex-Partisan<strong>en</strong>, von <strong>de</strong>n<strong>en</strong> es viele an <strong>de</strong>r Schule gab, hatt<strong>en</strong> jedoch<br />
viele nicht einmal die Oberschule besucht. Ich fühlte mich sehr schlecht, wie ein<br />
Gefang<strong>en</strong>er; ich war <strong>de</strong>r älteste und hatte eine an<strong>de</strong>re Ausbildung. Ich hatte in<br />
Deutschland studiert, war mit diesem wun<strong>de</strong>rbar<strong>en</strong> Volk in Berührung gekomm<strong>en</strong> und<br />
war kein subversiver Partisane, <strong>de</strong>r sich im Balkangebirge versteckt hatte. Desweg<strong>en</strong><br />
wollte ich dort weg, aber ich wusste nicht wie. Letzt<strong>en</strong> En<strong>de</strong>s beschloss ich, unser<strong>en</strong><br />
Hauptmann (er kam noch aus <strong>de</strong>n alt<strong>en</strong> Ka<strong>de</strong>rn) um Erlaubnis zu bitt<strong>en</strong>, mit <strong>de</strong>m<br />
kommandier<strong>en</strong><strong>de</strong>n Kommissar <strong>de</strong>r Schule zu sprech<strong>en</strong>.<br />
Der Kommandant empfing mich sehr freundlich. Er war Anwalt von Beruf. Ich<br />
erklärte ihm, dass ich kein Kommunist mehr wäre, dass ich es sicher in <strong>de</strong>r Zukunft<br />
wie<strong>de</strong>r sein wür<strong>de</strong>, ich aber lieber Ing<strong>en</strong>ieur sein wollte und nicht mehr viel bis zum<br />
Staatsexam<strong>en</strong> fehlte. Das wäre nützlicher für <strong>de</strong>n Aufbau einer neu<strong>en</strong> Heimat, als<br />
Offizier <strong>de</strong>r neu<strong>en</strong> Armee zu sein. Außer<strong>de</strong>m fühlte ich mich unwohl unter dies<strong>en</strong>