Buch - Vatiu Koralsky - El Sobreviviente de Alemania en Llamas
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wie eine Ziehharmonika gefaltete Pappe. Sehr zu unserem Bedauern verdi<strong>en</strong>te dies,<br />
dass ich wie<strong>de</strong>r einmal ausrief: »Vive la France!«, wie es <strong>de</strong>n Franzos<strong>en</strong> so gefiel. In<br />
Deutschland, das man beschuldigt, so frem<strong>de</strong>nfeindlich zu sein, gab es ein<strong>en</strong> solch<strong>en</strong><br />
Ausdruck nicht.<br />
Sorg<strong>en</strong>frei und mit <strong>de</strong>n Papier<strong>en</strong> in unser<strong>en</strong> Hän<strong>de</strong>n, ging<strong>en</strong> wir bei <strong>de</strong>r<br />
Bolivianisch<strong>en</strong> Botschaft vorbei und bat<strong>en</strong> um ein Gespräch mit <strong>de</strong>m Botschafter, <strong>de</strong>r<br />
uns sehr freundlich empfing. Er versicherte uns, dass sein Land viel Zukunft mit <strong>de</strong>m<br />
Abbau seiner E<strong>de</strong>lerze habe. Die Nam<strong>en</strong> einiger Städte kam<strong>en</strong> uns sehr fremd und<br />
exotisch vor: Oruro, Cochabamba, Santa Cruz <strong>de</strong> la Sierra o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r große Titicacasee.<br />
Unverzüglich füllt<strong>en</strong> wir die Visa-Formulare aus, um in dieses Land auszuwan<strong>de</strong>rn.<br />
Dieselb<strong>en</strong> Formalität<strong>en</strong> erledigt<strong>en</strong> wir bei <strong>de</strong>r Botschaft von V<strong>en</strong>ezuela und von<br />
Arg<strong>en</strong>tini<strong>en</strong>. Aufgrund <strong>de</strong>s appetitlich<strong>en</strong> Roastbeefs mit <strong>de</strong>m Aufkleber »ma<strong>de</strong> in<br />
Arg<strong>en</strong>tina«, das ich in Wi<strong>en</strong> gekostet hatte, fühlte ich mich von diesem Land<br />
angezog<strong>en</strong>, obwohl Boris V<strong>en</strong>ezuela vorzog.<br />
Sie macht<strong>en</strong> uns darauf aufmerksam, dass die Bearbeitung langsam vor sich geh<strong>en</strong><br />
wür<strong>de</strong>. Daher leitet<strong>en</strong> wir gleich drei alternative Visa für die Reise in die neue Welt in<br />
die Wege.<br />
ENTSETZLICHER HUNGER IN PARIS DIE<br />
KONTRAPRODUKTIVE BEFREIUNG<br />
Wir musst<strong>en</strong> uns sofort um eine Arbeit kümmern, egal welche, um das Ess<strong>en</strong> und die<br />
Zimmermiete in unserem Quartier in <strong>de</strong>r Pariser Vorstadt bezahl<strong>en</strong> zu könn<strong>en</strong>. Die<br />
ohnehin ernste Lage in bezug auf die Ernährung wur<strong>de</strong> nun äußerst be<strong>de</strong>nklich. Ich<br />
erinnere, dass ich mich beim Weggang von Münch<strong>en</strong> dazu gezwung<strong>en</strong> sah, meine<br />
neue warme Lammfellweste in einem Dorf in Bayern geg<strong>en</strong> ein halbes Kilo Speck<br />
einzutausch<strong>en</strong>. Wir kam<strong>en</strong> mehr als zehn Tage damit aus. Wir schnitt<strong>en</strong> ihn in dünne<br />
Scheib<strong>en</strong>, die wir mit Brot lutscht<strong>en</strong>, damit sie ewig hielt<strong>en</strong>.<br />
Wir war<strong>en</strong> arm wie Kirch<strong>en</strong>mäuse.<br />
Bei einer meiner viel<strong>en</strong> Tour<strong>en</strong> durch die Straß<strong>en</strong> auf <strong>de</strong>r Suche nach Arbeit, fiel mir<br />
ein Schild auf: »Arq. David Davidoff«. Als ich das Schild betrachtete, dachte ich, dass<br />
sowohl <strong>de</strong>r Vorname, als auch <strong>de</strong>r Nachname zu einem aus Bulgari<strong>en</strong> ausgewan<strong>de</strong>rt<strong>en</strong><br />
Hebräer gehör<strong>en</strong> musst<strong>en</strong>, und ich irrte mich nicht. Als er die Türe öffnete, fragte ich<br />
ihn, ob er bulgarisch spräche. »Aber natürlich«, sagte er teils überrascht, teils<br />
erheitert. Ich erzählte ihm von mein<strong>en</strong> Unannehmlichkeit<strong>en</strong>, und er <strong>en</strong>tgegnete, dass<br />
wir in Frankreich ohne Arbeitserlaubnis keine Beschäftigung bekäm<strong>en</strong> und ohne<br />
Beschäftigung keine Arbeitserlaubnis – mit an<strong>de</strong>r<strong>en</strong> Wort<strong>en</strong>: die verzinkte un<strong>en</strong>dliche<br />
Geschichte. Es gab ein striktes Verbot. Er versprach, mir die Betonberechnung<strong>en</strong> für<br />
eine Wohnung zu übergeb<strong>en</strong>. Für diese Aufgabe bekam ich w<strong>en</strong>ig, aber es war<br />
immerhin etwas (ich konnte die U-Bahn bezahl<strong>en</strong>), und ich gewann ein<strong>en</strong> Freund.<br />
Wir sucht<strong>en</strong> überall Landsleute, damit sie uns mit ein paar Francs und auch Kleidung<br />
unterstützt<strong>en</strong>, da <strong>de</strong>r Winter kam. Wir zittert<strong>en</strong> die ganze Zeit, weil uns die Mäntel<br />
fehlt<strong>en</strong>, die wir in Münch<strong>en</strong> verkauft hatt<strong>en</strong>. Wir, die zwei Diplom-Ing<strong>en</strong>ieure, war<strong>en</strong><br />
in meinem geliebt<strong>en</strong> Frankreich zu schlicht<strong>en</strong> Bettlern gewor<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong>s Mal, w<strong>en</strong>n wir<br />
vor Schauf<strong>en</strong>stern anhielt<strong>en</strong>, in <strong>de</strong>n<strong>en</strong> Leckerbiss<strong>en</strong> angebot<strong>en</strong> wur<strong>de</strong>n, von <strong>de</strong>n<strong>en</strong> ich<br />
mich bei viel<strong>en</strong> nicht erinnerte, sie jemals zuvor geseh<strong>en</strong> zu hab<strong>en</strong>, ging<strong>en</strong> uns die<br />
Aug<strong>en</strong> über. Eines nachmittags hielt Boris, <strong>de</strong>r unser knappes Geld verwaltete, vor<br />
einem fahr<strong>en</strong><strong>de</strong>n Obsthändler an und holte die Brieftasche heraus. »Bist du verrückt