Buch - Vatiu Koralsky - El Sobreviviente de Alemania en Llamas

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SS hatte zum einen keinen direkten Umgang mit den Gefangenen und zum anderen –
wenn man ihre selbstverherrlichende Arroganz und ihre Einbildung, Übermenschen zu
sein, berücksichtigt – kann man sie sich nicht vorstellen, wie sie ihre Hände in den
Mund eines toten Gefangenen stecken. Es ist auch nicht anzunehmen, dass viele von
ihnen Goldzähne hatten.
Ich habe gesehen, wie die Nazis in ihrer Verzweiflung die Glocken aus den großen
Kirchen nahmen, um sie zu schmelzen, weil sie nichts hatten, um die benötigten
Metalle zu kaufen. Daher erscheint es mir suspekt, wenn ich in den Kinos die Berge
von Zähnen sehe, die angeblich von den Gefangenen stammen, weil sie diese nicht
geschmolzen haben.
* * *
Um die Wahrheit über den Holocaust und den Tod unschuldiger Menschen weiter zu
erhellen, sei auch ein anderer Überlebender, der angesehene österreichische
Psychiater, Analytiker und Schöpfer der Logotherapie Viktor Frankl zitiert, der unter
anderem das Buch »...trotzdem Ja zum Leben sagen« 25 schrieb, in dem er seine
schmerzliche Gefangenschaft beschreibt.
Frankl schildert die Qualen, das Leben und den Tod aufgrund fehlender
Nahrungsmittel, Kleidung und Medikamenten (die es auch in ganz Deutschland nicht
gab) sowie das manchmal sadistische Verhalten der Wachen, der Kapos, die vom SS-
Kommandanten ausgewählte Gefangene waren. Er zeigt ein trostloses Drama auf.
Frankl schreibt: »Einige Zeit war ich in einer Baracke mit der Pflege der
Fleckfieberkranken beschäftigt; es handelte sich durchwegs um hochfiebernde und
delirante Patienten, und es waren viele unter ihnen, die sterbend waren. Wieder ist
einer gerade gestorben. Was geschieht, zum x-ten Male - zum x-ten Male eben, ohne
eine Gefühlsreaktion noch auslösen zu können? Ich sehe zu, wie sich ein Kamerad
nach dem andern an die noch warme Leiche heranmacht; der eine ergattert die
übriggebliebenen verdreckten Kartoffeln vom Mittagessen, der andere hat festgestellt,
dass die Holzschuhe an der Leiche doch noch etwas besser sind als die, welche er
selber trägt, und tauscht die Paare aus; ein dritter unternimmt das gleiche mit dem
Rock des Toten. Teilnahmslos sehe ich dem zu ...«
Später fügt er hinzu: »...Meine kalten Hände umklammern die heiße Suppenschüssel.
Während ich gierig den Inhalt schlürfe, schiele ich zufällig beim Fenster hinaus:
draußen gafft der Leichnam, den man soeben hinausgeschafft, mit starren Augen
durchs Fenster herein. Vor zwei Stunden habe ich mit diesem Kameraden noch
gesprochen. Ich schlürfe die Suppe weiter.«
In einem anderen Absatz erzählt er: »... Aber ich hatte Glück. Der ‚Kapo’ meiner
Arbeitsgruppe war mir sehr verpflichtet. Er hatte mich in sein Herz geschlossen,
seitdem ich seine Liebesgeschichten und Ehekonflikte während des stundenlangen
Marsches zum Arbeitsplatz angehört hatte... Er hielt mir in der ersten Fünferreihe
unserer meist aus 280 Leuten bestehenden Kolonne einen Platz unmittelbar neben
sich reserviert. Das war für mich von großer Bedeutung ... Jeder zittert davor, zu spät
und daher in einer der hinteren Reihen zu stehen zu kommen. Werden für ein anderes
unbeliebtes ‚Arbeitskommando’ Leute benötigt, holt der Anführer der ‚Kapos’ die
nötigte Anzahl von Männern eben meist aus den letzten Reihen heraus. Die müssen
dann weite Wege für besonders gefürchtete Arbeiten unter dem Befehl von
unbekannten Wärtern zurücklegen. Alles Betteln oder jeder Protest wird mit ein paar
25 Frankl, V.E., »El hombre en busca de sentido« (Originaltitel: ...trotzdem Ja zum Leben sagen), 19.
Aufl., Herder Verlag 1998, Seiten 43,48 und 68.