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Buch - Vatiu Koralsky - El Sobreviviente de Alemania en Llamas

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w<strong>en</strong>igst<strong>en</strong>s eine Nachricht in <strong>de</strong>r P<strong>en</strong>sion hinterlass<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>. Es war aber so, dass<br />

Josefine mich abhol<strong>en</strong> wollte und, da sie mich nicht antraf, eine Nachricht mit Tag<br />

und Stun<strong>de</strong> hinterließ, wann sie zurückkomm<strong>en</strong> wür<strong>de</strong>. Die Direktorin mochte keine<br />

Besuche. Carm<strong>en</strong>, die Kellnerin, bestätigte mir nach einig<strong>en</strong> Tag<strong>en</strong>, dass das<br />

Mädch<strong>en</strong> zweimal gekomm<strong>en</strong> war und ihr die Direktorin beim zweit<strong>en</strong> Mal<br />

<strong>en</strong>tgegnete, dass ich nicht mehr dort wohnte.<br />

Auf diese Weise <strong>en</strong>tging mir die Chance, das höchste I<strong>de</strong>al eines je<strong>de</strong>n Mannes an<br />

meiner Seite zu hab<strong>en</strong> – ein Verlust, <strong>de</strong>n ich über viele Jahre bedauerte. Trotz allem<br />

zeigt die Zeit, dass manche Schicksalsschläge, die uns ereil<strong>en</strong>, letztlich zu unserem<br />

Vorteil sein könn<strong>en</strong>. D<strong>en</strong> Mangel, <strong>de</strong>n ich im Laufe <strong>de</strong>r Zeit erlitt, und die extreme<br />

Not, die ich überwand, hätt<strong>en</strong> an <strong>de</strong>r Seite einer so zart<strong>en</strong> Frau unser Leb<strong>en</strong> zur<br />

Tragödie wer<strong>de</strong>n lass<strong>en</strong>.<br />

DIE PIKARESKE ABREISE AUS WIEN<br />

Die Rückkehr nach Münch<strong>en</strong> war wie eine un<strong>en</strong>dliche Geschichte. Um sie von Wi<strong>en</strong><br />

aus anzutret<strong>en</strong>, brauchte ich unweigerlich neb<strong>en</strong> <strong>de</strong>m amerikanisch<strong>en</strong> erneut ein<br />

russisches Visum. In <strong>de</strong>r sowjetisch<strong>en</strong> Kommandantur bekam ich wie<strong>de</strong>r das<br />

unsympathische »njet« zu hör<strong>en</strong>. Sie ließ<strong>en</strong> keine M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong>seele aus ihrem weit<strong>en</strong><br />

Herrschaftsgebiet <strong>en</strong>tkomm<strong>en</strong>, weil sie sich <strong>de</strong>r<strong>en</strong> Arbeitskraft zunutze mach<strong>en</strong><br />

wollt<strong>en</strong>. Die Amis antwortet<strong>en</strong> wie<strong>de</strong>r: »Erst das russische Visum und dann seh<strong>en</strong> wir<br />

weiter.«<br />

Ich erinnerte <strong>de</strong>n groß<strong>en</strong> russisch-hebräisch<strong>en</strong> Schriftsteller Amiel, <strong>de</strong>n ich immer<br />

bewun<strong>de</strong>rte. In seinem persönlich<strong>en</strong> Tagebuch vom 1. Juli 1856 schrieb er: »Welch<br />

schreckliche Herr<strong>en</strong> wär<strong>en</strong> die Russ<strong>en</strong>, w<strong>en</strong>n sie einmal das Dunkel ihrer Herrschaft<br />

auf die Län<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Sü<strong>de</strong>ns ausweitet<strong>en</strong>! Alles, was sie uns bring<strong>en</strong> könnt<strong>en</strong>, wäre die<br />

polare Tyrannei wie sie die Welt noch nicht geseh<strong>en</strong> hat, stumm wie die Nacht,<br />

schnei<strong>de</strong>nd wie das Eis, uns<strong>en</strong>sibel wie die Bronze, mit <strong>de</strong>m freundlich<strong>en</strong> Äußer<strong>en</strong> und<br />

<strong>de</strong>r kalt<strong>en</strong> Klarheit <strong>de</strong>s Schnees, aber eine unvergleichliche Sklaverei ohne Erlösung...<br />

W<strong>en</strong>n sie ihre Härte in Festigkeit, ihre Gerieb<strong>en</strong>heit in Charme und ihr<strong>en</strong><br />

Moskowitismus in M<strong>en</strong>schlichkeit wan<strong>de</strong>ln könn<strong>en</strong>, wer<strong>de</strong>n sie aufhör<strong>en</strong>, Abneigung<br />

und Angst zu erreg<strong>en</strong> und wer<strong>de</strong>n sich beliebt mach<strong>en</strong>, <strong>de</strong>nn außer ihrem erblich<strong>en</strong><br />

Naturell hab<strong>en</strong> die Russ<strong>en</strong> viele, sehr anzieh<strong>en</strong><strong>de</strong> Eig<strong>en</strong>schaft<strong>en</strong>.« 29<br />

Im Laufe <strong>de</strong>r Zeit sammelte ich einige Information<strong>en</strong> unter <strong>de</strong>n Stu<strong>de</strong>nt<strong>en</strong>, die mir<br />

riet<strong>en</strong>, dass ich, um nach Münch<strong>en</strong> zu komm<strong>en</strong>, Tirol durchquer<strong>en</strong> sollte (die<br />

österreichisch<strong>en</strong> Alp<strong>en</strong>), ein Gebiet, das von <strong>de</strong>n Franzos<strong>en</strong> besetzt war, die <strong>de</strong>n<br />

Zugang nach Bayern kontrolliert<strong>en</strong>, das <strong>de</strong>utsche Gebiet in amerikanischer Hand.<br />

Zufällig lernte ich einige österreichische Stu<strong>de</strong>nt<strong>en</strong> k<strong>en</strong>n<strong>en</strong>, die in <strong>de</strong>n Urlaub nach<br />

Tirol fuhr<strong>en</strong>, und ich bat sie, mich mitzunehm<strong>en</strong>. Sie sagt<strong>en</strong> mir, dass die russische<br />

Kontrolle am Übergang zum restlich<strong>en</strong> Österreich nicht sehr str<strong>en</strong>g sei und man<br />

vielleicht mit ein bissch<strong>en</strong> Glück in die französische Zone gelang<strong>en</strong> könnte. Ich<br />

b<strong>en</strong>achrichtigte Dimo, <strong>de</strong>r unverzüglich beschloss, mich zu begleit<strong>en</strong>. Es war <strong>de</strong>r Juli<br />

<strong>de</strong>s Jahres 1946. »Wir schlag<strong>en</strong> unbekannte Wege ein«, merkte er an. Wir besorgt<strong>en</strong><br />

die Fahrkart<strong>en</strong>, um abfahrtsbereit zu sein.<br />

Die jung<strong>en</strong> Männer reist<strong>en</strong> in Begleitung von einig<strong>en</strong> Mädch<strong>en</strong>, die sich zu uns<br />

setzt<strong>en</strong>, als sie von unserem Vorhab<strong>en</strong> erfuhr<strong>en</strong>. Bei <strong>de</strong>r russisch<strong>en</strong> Kontrolle<br />

<strong>en</strong>tfaltet<strong>en</strong> sie ihr<strong>en</strong> Reize, lächelt<strong>en</strong> übers ganze Gesicht, hob<strong>en</strong> ihre Beine und<br />

schafft<strong>en</strong> ein fröhliches Klima. Ein russischer Soldat verlangte die Papiere, um sie<br />

29 Amiel, »Diario Intimo« (Persönliches Tagebuch), Edit. Sop<strong>en</strong>a, Bu<strong>en</strong>os Aires, 1941, Seite 53.

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