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Buch - Vatiu Koralsky - El Sobreviviente de Alemania en Llamas

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Ich erfuhr, dass die Leute das Woch<strong>en</strong><strong>en</strong><strong>de</strong> nutzt<strong>en</strong>, um ununterbroch<strong>en</strong> in ihr<strong>en</strong><br />

Gemüsegärt<strong>en</strong> zu arbeit<strong>en</strong>. So bestand ich also darauf, es am Sonntag Mittag<br />

abzuhalt<strong>en</strong>. Die alt<strong>en</strong> Verwandt<strong>en</strong> kümmert<strong>en</strong> sich darum, die Schafe zu schlacht<strong>en</strong>,<br />

die ich bei <strong>de</strong>r Kolchos gekauft hatte und die Kochtöpfe herzuricht<strong>en</strong>, welche die<br />

Bauern seit Ange<strong>de</strong>nk<strong>en</strong> für solche Feste verw<strong>en</strong><strong>de</strong>t<strong>en</strong>. Ich bemerkte, dass nach zwölf<br />

noch nichts fertig war und sie gera<strong>de</strong> erst die Tiere geschlachtet hatt<strong>en</strong>. Als ich besorgt<br />

fragte, was los sei, gestand mein Bru<strong>de</strong>r George: »Das kommt daher, dass die Leute<br />

trotz <strong>de</strong>r Feiertage <strong>de</strong>n ganz<strong>en</strong> Tag arbeit<strong>en</strong>.« So wür<strong>de</strong> also das Fest erst bei<br />

Einbruch <strong>de</strong>r Nacht stattfin<strong>de</strong>n.<br />

Einige Parteiführer, die Kamera<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r Kindheit war<strong>en</strong> und von mir in die<br />

marxistische I<strong>de</strong>ologie eingeführt wur<strong>de</strong>n, hatt<strong>en</strong> versproch<strong>en</strong>, teilzunehm<strong>en</strong>. Das<br />

Ess<strong>en</strong> wür<strong>de</strong>, wie sie sagt<strong>en</strong>, im Dorfsaal stattfin<strong>de</strong>n, aber statt<strong>de</strong>ss<strong>en</strong> stellt<strong>en</strong> sie die<br />

Tische auf <strong>de</strong>r Straße auf, vor <strong>de</strong>m Haus eines Neff<strong>en</strong>. Ich verlangte Erklärung<strong>en</strong>,<br />

keiner reagierte. Schließlich wur<strong>de</strong> das Ehr<strong>en</strong>fest mit schwachem, improvisiert<strong>en</strong> Licht<br />

abgehalt<strong>en</strong>; es kam<strong>en</strong> die Dorfbewohner, nicht aber die Parteiführer. Mein Bru<strong>de</strong>r<br />

versuchte zu erklär<strong>en</strong>, dass es aug<strong>en</strong>scheinlich Befehle von ob<strong>en</strong> gab. »Sie weigert<strong>en</strong><br />

sich, das öff<strong>en</strong>tliche Gebäu<strong>de</strong> zur Verfügung zu stell<strong>en</strong>«, sagte mir ein alter<br />

Verwandter ins Ohr, »als sei es Privateig<strong>en</strong>tum <strong>de</strong>r Partei.« Zu j<strong>en</strong>er Zeit war unser<br />

alter Pope (Priester <strong>de</strong>r Orthodox<strong>en</strong> Kirche) als Bauer in einem Nachbardorf tätig. Ich<br />

brachte ihn her, um die Ehrung zu segn<strong>en</strong>, wie es ein sehr alter Brauch war.<br />

Obwohl ich mich in meinem beschei<strong>de</strong>n<strong>en</strong> Dorf befand, klei<strong>de</strong>te ich mich wie für ein<br />

Fest in einer groß<strong>en</strong> Stadt. Das schwache, elektrische Licht brachte jedoch meine neue<br />

gol<strong>de</strong>ne Rolex-Uhr zum Aufblitz<strong>en</strong>.<br />

Es wur<strong>de</strong> bereits dunkel und keiner kam. »Sie wer<strong>de</strong>n schon komm<strong>en</strong>«, wur<strong>de</strong> mir<br />

versichert. In <strong>de</strong>r Dunkelheit begann<strong>en</strong> die Leute, aufzutauch<strong>en</strong>. Alle wollt<strong>en</strong> mich<br />

gleichzeitig umarm<strong>en</strong>, küss<strong>en</strong> und beglückwünsch<strong>en</strong>. Diej<strong>en</strong>ig<strong>en</strong>, die nicht dazu<br />

kam<strong>en</strong>, versucht<strong>en</strong>, meine Kleidung, mein Gesicht o<strong>de</strong>r die Uhr zu berühr<strong>en</strong>. Die<br />

Freun<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r Jug<strong>en</strong>dzeit erkannte ich nicht wie<strong>de</strong>r, sie war<strong>en</strong> alt gewor<strong>de</strong>n. Als sie<br />

mich fragt<strong>en</strong>: »<strong>Vatiu</strong>, erinnerst du dich an mich?«, log ich: »Wie könnte ich mich nicht<br />

an dich erinnern!«<br />

Der neue Friedhof lag abseits vom Dorf an einer für die Landwirtschaft ungeeignet<strong>en</strong><br />

Stelle; er sah vernachlässigt aus. Ich trat in Aktion, und in Karnobat konnte ich ein<br />

Eis<strong>en</strong>gitter und ein<strong>en</strong> beschei<strong>de</strong>n<strong>en</strong> Marmormonolith für das Grab meiner Mutter<br />

herstell<strong>en</strong>.<br />

DAS UNGLÜCKLICHE LEBEN MEINES FREUNDES DIMITER<br />

VALEV<br />

Nach einig<strong>en</strong> Tag<strong>en</strong> in Cherkowo fuhr ich mit meinem Cousin weiter nach Burgas am<br />

Schwarz<strong>en</strong> Meer. Obgleich ich dort die letzt<strong>en</strong> Jahre <strong>de</strong>r Oberschule absolviert hatte,<br />

kostete es mich Mühe, mich zu ori<strong>en</strong>tier<strong>en</strong>, vor allem weg<strong>en</strong> <strong>de</strong>r neu<strong>en</strong> Gebäu<strong>de</strong>,<br />

Straß<strong>en</strong> und Alle<strong>en</strong>, die ihr<strong>en</strong> Nam<strong>en</strong> und ihr Ausseh<strong>en</strong> geän<strong>de</strong>rt hatt<strong>en</strong>.<br />

Inzwisch<strong>en</strong> hatte ich mich dank meines arg<strong>en</strong>tinisch<strong>en</strong> Reisepasses wie<strong>de</strong>r beruhigt.<br />

Ich wollte so viel wie möglich besichtig<strong>en</strong> und Freun<strong>de</strong> seh<strong>en</strong>, vor allem Dimiter<br />

Valev, <strong>de</strong>r aus einer sehr begütert<strong>en</strong> Familie stammte und mir so viel in <strong>de</strong>r<br />

Oberschule geholf<strong>en</strong> hatte, beson<strong>de</strong>rs bei meiner Abkehr vom Marxismus. Ich schickte<br />

ein<strong>en</strong> Verwandt<strong>en</strong>, um ihn im <strong>El</strong>ternhaus o<strong>de</strong>r wo auch immer aufzusuch<strong>en</strong>, und gab<br />

an, dass er mich um 21 Uhr in <strong>de</strong>m neu<strong>en</strong> und groß<strong>en</strong> Hotel <strong>de</strong>r Stadt anträfe. Ich<br />

wartete lange Zeit auf ihn, ohne zu wiss<strong>en</strong>, dass Dimiter drauß<strong>en</strong> auf mich wartete,<br />

weil das Hotel damals für Auslän<strong>de</strong>r war, und er nicht <strong>de</strong>n Mut fasste, hineinzugeh<strong>en</strong>.

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