Buch - Vatiu Koralsky - El Sobreviviente de Alemania en Llamas

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kann mir den Hunger vorstellen, der in Deutschland mit der lahmgelegten Produktion
und einer zerstörten Infrastruktur in den letzten Monaten des infamen Kriegs (als ich
in meine Heimat zurückgekehrt war, die unter die Sowjet-Macht fiel) geherrscht haben
muss.
In die unzähligen Konzentrationslager in Deutschland, Österreich, Tschechien und
Polen wurden zahllose Kriegsgefangene, Gegner des Nationalsozialismus und Juden
eingeliefert, völlig unterversorgt, sowie bewusst Hunger, Krankheiten und noch
Schlimmerem ausgesetzt.
Mit den kleinen Schwarzmarktgeschäften (die uns niemand verbot) hatten wir
genügend Geld zum Ausgeben, aber es gab nichts zu kaufen. In der gesamten
Kriegszeit gab es in Deutschland keine Preiserhöhungen. Solange das Land
Fortschritte machte, stand wohl eine sehr große Mehrheit der Deutschen hinter Hitler.
Als er aber den Wahnsinn des Krieges anzettelte, hatte man den Eindruck, dass sich
das deutsche Volk zurückzog und stumm wurde. Nie hörte ich in Deutschland
jemanden protestieren, aber auch nicht den Krieg rechtfertigen.
Nie hörte ich, wie irgendein Deutscher sich gegen die Juden aussprach, wie es in
anderen Teilen der Welt geschah und geschieht. Sie fühlten sich sehr verwachsen mit
ihnen. Allerdings waren wir alle verpflichtet, sogar die ausländischen Studenten, den
Hitlergruß mit der automatisch leicht angehobenen Hand zu machen. Auch wenn wir
es ungern taten, so mussten wir doch den Befehl befolgen. Ich muss lachen, wenn ich
mich daran erinnere, wie die Frauen, die sich an den spärlichen Lebensmittelständen
zusammenfanden, miteinander so leise protestierten, dass sie nicht einmal einen Meter
entfernt zu hören waren. Die Frauen »schimpfen«, sagte Frau Kitty, meine letzte und
geschätzte Hausherrin. Das deutsche Volk lebte ohne Hoffnung, war auf jedes Opfer
und jeden noch so schmerzvollen und schrecklichen Tod gefasst. Dennoch hörte ich
nie Schreie und Klagen, wie es wohl eher im südländischen Raum vorkommen würde.
DAS LEBEN AN DER TECHNISCHEN UNIVERSITÄT
In der damaligen Technischen Hochschule in München waren die meisten Studenten
Ausländer, einige waren invalide Deutsche. Das Haupthaus war ein Häuserblock, der
durch eine Passsage getrennt wurde. An den sechs Ecken standen Gebäude, die aus
Keller, Erdgeschoss und erstem Stock bestanden.
Die Professoren waren äußerst liebenswürdig und richteten sich an uns mit »Herr
Kollege«. Allesamt zeigten sie sich apolitisch und keinesfalls Befürworter von Hitler.
Wenn wir sie mit dem obligatorischen »Heil Hitler« grüßten, erwiderten sie den Gruß
in Gegenwart anderer in der gleichen Form. Wenn sie aber allein waren, sagten wir
»Grüß Gott« und sie antworteten ebenso. Ich erinnere mich an den Assistenten Dr.
Lange (Stellvertreter des Professors für Tragfähigkeit der Baugründe). Er war Doktor
der Zivilingenieurtechnik. Beim Grüßen erwiderte er laut »Heil Hitler« und streckte
den Arm gut durch – wie ein echter Nazi.
Er war jung wie alle SS-Leute. Ich sah ihn nie aufrecht stehen; sicher war er ein
Invalide. Herr Dr. Lange zeigte sich sehr streng und puritanisch. Er wies jeden Fehler
bei den Praktika zurück. Er war der Schrecken unserer Fakultät, weswegen sich
niemand traute, ihn um einen Gefallen zu bitten, und niemand ihn mochte, weder die
ausländischen Studenten, noch die Deutschen. Dank der rigorosen Disziplin waren wir
Abgänger deutscher Universitäten gut auf den Beruf vorbereitet. Als ich einmal die
Kellerräume unserer Fakultät besichtigte, staunte ich nicht schlecht. Dort waren in
Modellform sehr bedeutende Bauten zu sehen, mit allen noch so kleinen Einzelheiten,