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Buch - Vatiu Koralsky - El Sobreviviente de Alemania en Llamas

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gewor<strong>de</strong>n, für so etwas Geld auszugeb<strong>en</strong>?« Sogleich kaufte er eine Banane und wir<br />

aß<strong>en</strong> je<strong>de</strong>r die Hälfte zusamm<strong>en</strong> mit Brot; das reichte als Ab<strong>en</strong><strong>de</strong>ss<strong>en</strong>.<br />

Mein Kamerad hoffte, dass ihm ein Franzose Schwarzarbeit ohne Arbeitserlaubnis in<br />

einer Reparaturwerkstatt für <strong>El</strong>ektromotor<strong>en</strong> geb<strong>en</strong> wür<strong>de</strong>. In diesem Fall müsste er<br />

sie außerhalb <strong>de</strong>r normal<strong>en</strong> Arbeitszeit<strong>en</strong> mach<strong>en</strong>, um zu vermei<strong>de</strong>n, dass das restliche<br />

Personal es erfuhr. Aber das Versprech<strong>en</strong> zog sich hinaus. Als er ihn wie<strong>de</strong>rsah,<br />

äußerte sich <strong>de</strong>r Mann besorgt weg<strong>en</strong> seiner Frau. Die »Arme« hätte niemand, <strong>de</strong>r ihr<br />

Gesellschaft leistete. Zweifellos etwas typisch französisches. Als Boris sie k<strong>en</strong>n<strong>en</strong><br />

gelernt hatte, schimpfte er: »Mit dieser Alt<strong>en</strong> wer<strong>de</strong> ich nicht...«<br />

Man erzählte uns, dass währ<strong>en</strong>d <strong>de</strong>r Besatzung in Frankreich Ordnung geherrscht<br />

hatte und es kein<strong>en</strong> Arbeitsmangel gab. Als es jedoch befreit wur<strong>de</strong>, übernahm die<br />

sehr aktive Französische Résistance sofort die Regierung. Aber da es in ihr<strong>en</strong> Reih<strong>en</strong><br />

reichlich Marxist<strong>en</strong> gab, hatte sich die Privatinitiative aus Angst vor einer W<strong>en</strong><strong>de</strong> zum<br />

Kommunismus aufs Äußerste gespalt<strong>en</strong>. Auch w<strong>en</strong>n Frankreich seine Freiheit<br />

wie<strong>de</strong>rgewonn<strong>en</strong> hatte, mangelte es infolge<strong>de</strong>ss<strong>en</strong> an Arbeitsquell<strong>en</strong>, was eine<br />

wachs<strong>en</strong><strong>de</strong> Unzufrie<strong>de</strong>nheit unter <strong>de</strong>r Bevölkerung mit sich brachte. »La France est<br />

mort«, hörte ich, neb<strong>en</strong> an<strong>de</strong>r<strong>en</strong> unwie<strong>de</strong>rholbar<strong>en</strong> Ausdrück<strong>en</strong>, fast täglich auf <strong>de</strong>r<br />

Straße. W<strong>en</strong>n die Leute erfuhr<strong>en</strong>, dass wir aus Deutschland kam<strong>en</strong>, sagt<strong>en</strong> sie, dass in<br />

Frankreich Disziplin und Ordnung fehlt<strong>en</strong> und sie sich danach sehnt<strong>en</strong>, dass ein<br />

»Hitlér« käme; ulkigerweise legt<strong>en</strong> sie die Betonung auf das »e«. W<strong>en</strong>n ich solche<br />

Ungeheuerlichkeit<strong>en</strong> vernahm, wusste ich <strong>de</strong>finitiv nicht, was ich <strong>de</strong>nk<strong>en</strong> sollte. Es<br />

war off<strong>en</strong>sichtlich, dass eine Demokratie ohne Disziplin und Moral nicht <strong>de</strong>m Volk<br />

di<strong>en</strong>t, son<strong>de</strong>rn nur <strong>de</strong>n Regier<strong>en</strong><strong>de</strong>n. W<strong>en</strong>n ich schlief und mit reger Phantasie nach<br />

einem Rettungsanker suchte, kam mir in <strong>de</strong>n Sinn, dass Jakob, meine<br />

Zufallsbekanntschaft aus Gräfelfing, vielleicht <strong>de</strong>r Schlüssel gewes<strong>en</strong> wäre. Ich dachte<br />

an seine Naivität und das Vertrau<strong>en</strong>, das er mir <strong>en</strong>tgeg<strong>en</strong>gebracht hatte. Warum hatte<br />

ich ihn nicht gebet<strong>en</strong>, mir etwas Schmuck zu leih<strong>en</strong>? Früher o<strong>de</strong>r später, hier o<strong>de</strong>r an<br />

je<strong>de</strong>m beliebig<strong>en</strong> Ort <strong>de</strong>r Welt hätte ich Arbeit fin<strong>de</strong>n und meine Schul<strong>de</strong>n begleich<strong>en</strong><br />

könn<strong>en</strong>.<br />

Im Falle einer Ablehnung dachte ich, dass es ein Leichtes für mich gewes<strong>en</strong> wäre, in<br />

sein Zimmer mit <strong>de</strong>m mickerig<strong>en</strong> Schloss einzudring<strong>en</strong>. Meine Phantasie bekam<br />

Flügel. Ich konnte nicht schlaf<strong>en</strong>, drehte mich im Bett herum. Die krankhaft<strong>en</strong><br />

Gedank<strong>en</strong> ließ<strong>en</strong> mich nicht los: ich erinnerte mich daran, dass die Haustüre kein<strong>en</strong><br />

Schlüssel hatte und <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>n er hervorholte, um sein Zimmer zu öffn<strong>en</strong>, ein alter und<br />

gewöhnlicher war.<br />

Bis zum heutig<strong>en</strong> Tag verstehe ich nicht, wie ich in dieser extrem<strong>en</strong> Not, die ich in<br />

Münch<strong>en</strong> litt, nicht einmal auf die I<strong>de</strong>e kam, meine Gedank<strong>en</strong> mit so etwas zu<br />

beschmutz<strong>en</strong>, obwohl Jakobs Reichtum ihn keine Anstr<strong>en</strong>gung gekostet hatte und er<br />

ihm fast in <strong>de</strong>n Schoß gefall<strong>en</strong> war. Das beruhte unweigerlich auf <strong>de</strong>r Tatsache, dass<br />

so etwas damals für ein<strong>en</strong> Mann meines Berufes un<strong>de</strong>nkbar war.<br />

Ganz im Geg<strong>en</strong>teil vertraute ich das Geheimnis von Jakob, <strong>de</strong>r so gutgläubig war,<br />

dass er unantastbar war, nieman<strong>de</strong>m an; Dimo nicht und noch w<strong>en</strong>iger Boris, aus<br />

Angst, sie wür<strong>de</strong>n mich zum Diebstahl anstift<strong>en</strong> o<strong>de</strong>r ihn selbst begeh<strong>en</strong>.<br />

Bailösov, ein bulgarischer, in Paris diplomierter und ansässiger Architekt, mit <strong>de</strong>m wir<br />

uns angefreun<strong>de</strong>t hatt<strong>en</strong>, zeigte uns die Stadt <strong>de</strong>s Lichts. Als großer, blon<strong>de</strong>r und<br />

eleganter Mann brüstete er sich damit, eher auf Kost<strong>en</strong> <strong>de</strong>r Frau<strong>en</strong>, als von seiner<br />

Arbeit zu leb<strong>en</strong>. Manchmal lud er uns auf ein paar Würstch<strong>en</strong> ein, die wir wie<br />

Besess<strong>en</strong>e verschlang<strong>en</strong>. Eb<strong>en</strong>so wie an<strong>de</strong>re Arbeitslose verbrachte ich mit Boris<br />

meine Zeit auf <strong>de</strong>r Champs <strong>El</strong>yseés, <strong>de</strong>m Arc <strong>de</strong> Triomphe, in <strong>de</strong>n Tuileries-Gärt<strong>en</strong>,<br />

auf <strong>de</strong>m Eifelturm und in <strong>de</strong>n kost<strong>en</strong>los<strong>en</strong> Muse<strong>en</strong>. Glücklicherweise gab <strong>de</strong>r Inhaber

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