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Buch - Vatiu Koralsky - El Sobreviviente de Alemania en Llamas

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Kart<strong>en</strong> mit <strong>de</strong>n <strong>en</strong>tsprech<strong>en</strong><strong>de</strong>n Dat<strong>en</strong> ausfüll<strong>en</strong>. Ich schulterte sie und stapelte sie in<br />

einem Lager. Tagtäglich warf<strong>en</strong> die Maschin<strong>en</strong> Abertaus<strong>en</strong><strong>de</strong> Bolz<strong>en</strong> aus, und die Last<br />

<strong>de</strong>r Wann<strong>en</strong> erdrückte mich. Gesicht und Hän<strong>de</strong> war<strong>en</strong> ölverschmiert – Ich sah aus<br />

wie ein Köhler. Der Lohn war nicht gera<strong>de</strong> überwältig<strong>en</strong>d, aber da ich mittags in <strong>de</strong>r<br />

Fabrik zu ess<strong>en</strong> bekam, hielt ich mich über Wasser. Ich war <strong>de</strong>r letzte unter viel<strong>en</strong><br />

taus<strong>en</strong>d an<strong>de</strong>r<strong>en</strong> Fabrikarbeitern ohne jegliche Rechte. Mein Titel nützte mir gar nichts<br />

– im Geg<strong>en</strong>teil: Ich schämte mich, ihn anzugeb<strong>en</strong>.<br />

Das Paradoxe daran war, dass mir dies in meinem ehemals bewun<strong>de</strong>rt<strong>en</strong> Frankreich<br />

wi<strong>de</strong>rfuhr. Ich ging mehrmals zu <strong>de</strong>n Versammlung<strong>en</strong> von G<strong>en</strong>eral Charles <strong>de</strong> Gaulle,<br />

<strong>de</strong>r die neue Nachkriegsregierung angriff, die vorwieg<strong>en</strong>d aus <strong>de</strong>n Aktivist<strong>en</strong> <strong>de</strong>r<br />

»Résistance« geg<strong>en</strong> die NS-Besatzung bestand, welche – wie bereits erwähnt –<br />

mehrheitlich Marxist<strong>en</strong> war<strong>en</strong>. Als <strong>de</strong>r G<strong>en</strong>eral mit <strong>de</strong>n alliiert<strong>en</strong> Trupp<strong>en</strong> nach<br />

Frankreich zurückkam, glaubte er, als Held empfang<strong>en</strong> zu wer<strong>de</strong>n, und dass es ihm<br />

zustün<strong>de</strong>, die Regierung Frankreichs zu übernehm<strong>en</strong>. Er stellte jedoch fest, dass j<strong>en</strong>e<br />

die Macht und die öff<strong>en</strong>tlich<strong>en</strong> Schlüsselfunktion<strong>en</strong> übernomm<strong>en</strong> hatt<strong>en</strong>. Keiner<br />

investierte, was die Arbeitsmöglichkeit<strong>en</strong> schmälerte und dazu führte, dass die Firm<strong>en</strong><br />

mit halber Kraft arbeitet<strong>en</strong>. Einige davon wur<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>m Vorwurf <strong>de</strong>r<br />

Kollaboration mit <strong>de</strong>n Nazis verstaatlicht o<strong>de</strong>r konfisziert. Da begriff ich, warum viele<br />

Leute bekun<strong>de</strong>t<strong>en</strong>, dass es ihn<strong>en</strong> unter <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsch<strong>en</strong> Besatzung besser gegang<strong>en</strong> war.<br />

Die amerikanische Finanzhilfe aus <strong>de</strong>m Marshallplan bewirkte in <strong>de</strong>n geschlag<strong>en</strong><strong>en</strong><br />

Nation<strong>en</strong> wie Deutschland und Japan Wun<strong>de</strong>r; in Frankreich erreichte sie ihre Ziele<br />

nicht. Der französische Staatsapparat verschlang die Mittel, die Korruption streckte<br />

ihre Klau<strong>en</strong> nach <strong>de</strong>r Staatskasse aus, und so wur<strong>de</strong> das neue Geld verschleu<strong>de</strong>rt.<br />

Die Arbeitslosigkeit, die Unsicherheit und die Kriminalität nahm<strong>en</strong> so stark zu, dass es<br />

gefährlich war, sich nachts auf die Pariser Straß<strong>en</strong> zu wag<strong>en</strong>.<br />

DIE HEISS ERSEHNTEN VISA<br />

Endlich kam<strong>en</strong> die Visa, um nach Bolivi<strong>en</strong> und V<strong>en</strong>ezuela auszuwan<strong>de</strong>rn, aber die für<br />

Arg<strong>en</strong>tini<strong>en</strong> ließ<strong>en</strong> auf sich wart<strong>en</strong>. Das unüberwindbare Hin<strong>de</strong>rnis war für uns jedoch<br />

nicht, die Visa zu bekomm<strong>en</strong>, son<strong>de</strong>rn das Geld für die Reise. Über die IRO<br />

(International Refugee Organization) und mit Subv<strong>en</strong>tion<strong>en</strong> <strong>de</strong>r USA, die sich mit<br />

<strong>de</strong>m Krieg bereichert<strong>en</strong>, beför<strong>de</strong>rt<strong>en</strong> die Vereint<strong>en</strong> Nation<strong>en</strong> kost<strong>en</strong>frei Flüchtlinge in<br />

die Län<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r neu<strong>en</strong> Welt, in <strong>de</strong>n<strong>en</strong> sie Aufnahme fan<strong>de</strong>n. Unsere Konstellation war<br />

aber nicht in ihr<strong>en</strong> Statut<strong>en</strong> erfasst. Daher musst<strong>en</strong> wir auf die Trän<strong>en</strong>drüse drück<strong>en</strong>,<br />

um berücksichtigt zu wer<strong>de</strong>n. Nach<strong>de</strong>m wir Tag für Tag gebet<strong>en</strong> und gebettelt hatt<strong>en</strong>,<br />

erhielt<strong>en</strong> wir schließlich im Januar 1948 die Anweisung für zwei Passag<strong>en</strong> auf einem<br />

alt<strong>en</strong> Schiff. Unsere Freu<strong>de</strong> erstarrte, als wir bemerkt<strong>en</strong>, dass wir ohne Schmiergeld<br />

kein<strong>en</strong> Platz bekäm<strong>en</strong>. Boris und ich kam<strong>en</strong> überein, dass je<strong>de</strong>r für sich die<br />

erfor<strong>de</strong>rlich<strong>en</strong> Mittel besorg<strong>en</strong> wür<strong>de</strong>.<br />

Ich hatte mich auf <strong>de</strong>n alt<strong>en</strong> G<strong>en</strong>tlem<strong>en</strong>, <strong>de</strong>n Architekt<strong>en</strong> Davidoff fixiert. Vielleicht<br />

erbarmte er sich meiner. Ich hielt ihn stets für ein<strong>en</strong> gut<strong>en</strong> M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> und hatte<br />

außer<strong>de</strong>m je<strong>de</strong>s Mal, w<strong>en</strong>n ich für ihn gearbeitet hatte, bei <strong>de</strong>n Honorarverhandlung<strong>en</strong><br />

zu ihm gesagt: »Herr Architekt, geb<strong>en</strong> Sie mir, was Sie für angemess<strong>en</strong> halt<strong>en</strong>.« Mit<br />

diesem Verhalt<strong>en</strong> hatte ich seine Sympathie gewonn<strong>en</strong>. Unverzüglich suchte ich ihn<br />

auf. Ich erzählte ihm mein Dilemma und von <strong>de</strong>r Hoffnung, die ich in ihn setzte.<br />

»Gut«, sagte er. »Wie viel brauch<strong>en</strong> Sie?« – »Zweihun<strong>de</strong>rt neue Francs«, erwi<strong>de</strong>rte<br />

ich. Nach kurzem Schweig<strong>en</strong>, das eine Ewigkeit dauerte, <strong>en</strong>tgegnete er, mit nach unt<strong>en</strong><br />

gerichtetem Blick: »Bon«. In dieser extrem<strong>en</strong> Situation klang dieses Wort so, als käme

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