Buch - Vatiu Koralsky - El Sobreviviente de Alemania en Llamas
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Ich wie<strong>de</strong>rhole, dass mich nie jemand gefragt hat, ob ich Ju<strong>de</strong> sei, solange ich in<br />
Europa war; nicht einmal in Deutschland unter <strong>de</strong>n Nazis und nicht einmal bei <strong>de</strong>r<br />
Gestapo, als ich mich anmel<strong>de</strong>te. Seit ich jedoch in Arg<strong>en</strong>tini<strong>en</strong> bin, wird mir diese<br />
Frage andauernd gestellt, natürlich aufgrund meines Nachnam<strong>en</strong>s. Oft fühle ich mich<br />
beobachtet o<strong>de</strong>r verdächtigt, w<strong>en</strong>n man mein<strong>en</strong> Nachnam<strong>en</strong> hört, auch w<strong>en</strong>n die Frage<br />
nicht kommt. Es gibt auch einige, die hint<strong>en</strong>herum o<strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>r Hand eine<br />
Beschimpfung loslass<strong>en</strong>. Ich bin es schon sehr leid, gefragt zu wer<strong>de</strong>n, ob es wirklich<br />
sechs Million<strong>en</strong> war<strong>en</strong> o<strong>de</strong>r ob die Ju<strong>de</strong>n die Deutsch<strong>en</strong> ausnutz<strong>en</strong>, um beliebige<br />
Summ<strong>en</strong> zu verlang<strong>en</strong> und sich als Opfer auszugeb<strong>en</strong>, um daraus Vorteile zu zieh<strong>en</strong>.<br />
BEI DER VORNEHMEN EVA PERÓN VERLIESS MICH MEIN<br />
PECH NICHT<br />
Bei meiner Ankunft in Tucumán machte mich die Volkssparkasse zum Technisch<strong>en</strong><br />
Leiter <strong>de</strong>r Baustelle <strong>de</strong>s »Eva-Perón«-Viertels. Kaum hatte ich ein<strong>en</strong> Fuß auf die<br />
Baustelle gesetzt, sank mein Mut auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n. Ich kam mit <strong>de</strong>r Hoffnung, große<br />
Bauwerke in Angriff zu nehm<strong>en</strong>. Nun hatte ich das Gefühl, dass mir statt <strong>de</strong>r Arbeit<br />
eines Ing<strong>en</strong>ieurs, die Aufgab<strong>en</strong> eines Poliers zuwies<strong>en</strong> wur<strong>de</strong>n. Ich durchschaute aber<br />
die Falle, in die ich gerat<strong>en</strong> war, weil ich das Fach Wohnungsbau verschmäht hatte. Es<br />
war, als machte sich die Vorsehung über mich lustig. Ich fand mich vor einer<br />
schrecklich<strong>en</strong> Realität, einer <strong>de</strong>mütig<strong>en</strong><strong>de</strong>n Prüfung <strong>de</strong>s Schicksals – Da hatte ich so<br />
ein großartiges Universitätsdiplom und keine Ahnung, wo ich bei dies<strong>en</strong> einfach<strong>en</strong><br />
Arbeiterhäusch<strong>en</strong> anfang<strong>en</strong> sollte.<br />
Es gab zwei Möglichkeit<strong>en</strong>: vorzugeb<strong>en</strong>, ein großer Ing<strong>en</strong>ieur zu sein, die Dinge von<br />
ob<strong>en</strong> herab zu betracht<strong>en</strong>, <strong>de</strong>m Polier die Verantwortung zu überlass<strong>en</strong> und<br />
abzuwart<strong>en</strong>, dass die Zeit vergeht o<strong>de</strong>r – sehr zu meinem Bedauern – mich <strong>de</strong>r<br />
Situation zu stell<strong>en</strong> und meine Pflicht bestmöglich zu erfüll<strong>en</strong>. Ich <strong>en</strong>tschied mich für<br />
diese Alternative. Der Polier <strong>de</strong>r Baustelle, ein Mann nam<strong>en</strong>s López, machte <strong>de</strong>n<br />
Eindruck, viel Ahnung zu hab<strong>en</strong> und ich beschloss, mich an ihn zu w<strong>en</strong><strong>de</strong>n. Ich<br />
überwand also <strong>de</strong>n Stolz, ein vorgesetzter Ing<strong>en</strong>ieur zu sein.<br />
Ich fragte die Maurer aus, verglich die Antwort<strong>en</strong> und zog meine Schlüsse. Nach<br />
einem Monat konnte ich mich damit brüst<strong>en</strong>, dass es nichts auf <strong>de</strong>r Baustelle gab, das<br />
ich nicht g<strong>en</strong>auest<strong>en</strong>s kannte. Eig<strong>en</strong>tlich hatte die Schule <strong>de</strong>s Leb<strong>en</strong>s gera<strong>de</strong> für mich<br />
begonn<strong>en</strong>.<br />
Mitte August <strong>de</strong>s Jahres 1948 kam es unerwartet zur Eile. Ich wur<strong>de</strong> informiert, dass<br />
die Baut<strong>en</strong> zum 17. Oktober – <strong>de</strong>m Tag <strong>de</strong>r Treue zu Perón – fertig sein müsst<strong>en</strong>. Der<br />
Gouverneur <strong>de</strong>r Provinz hatte die Gattin <strong>de</strong>s Präsi<strong>de</strong>nt<strong>en</strong> eingela<strong>de</strong>n, damit sie das<br />
Viertel, das ihr<strong>en</strong> Nam<strong>en</strong> trug, einweihte, und aug<strong>en</strong>scheinlich hatte er Geld beschafft.<br />
Meine Überraschung war <strong>en</strong>orm. Zu keiner Zeit wur<strong>de</strong> ich über <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>r<br />
Baustelle befragt. In einem Jahr war<strong>en</strong> 50 Proz<strong>en</strong>t <strong>de</strong>r Bauarbeit<strong>en</strong> ausgeführt wor<strong>de</strong>n,<br />
das Geld war knapp, und nun sollte in zwei Monat<strong>en</strong> <strong>de</strong>r Rest fertiggestellt wer<strong>de</strong>n,<br />
mit unzählig<strong>en</strong> Kleinigkeit<strong>en</strong>, <strong>de</strong>r Fertigstellung von Neb<strong>en</strong>baut<strong>en</strong>, Straß<strong>en</strong>,<br />
Gehweg<strong>en</strong>, Zäun<strong>en</strong> und vieles mehr.<br />
Kurz und gut, das »Eva-Perón«-Viertel kostete drei Mal mehr, als eig<strong>en</strong>tlich<br />
erfor<strong>de</strong>rlich, da die Bauarbeit<strong>en</strong> aufgrund mangeln<strong>de</strong>r Mittel, unproduktiv<strong>en</strong><br />
Tagelöhnern und danach weg<strong>en</strong> <strong>de</strong>r Überstun<strong>de</strong>n aufgrund <strong>de</strong>r Dringlichkeit<br />
unnötigerweise in die Länge gezog<strong>en</strong> wur<strong>de</strong>n. Als die vornehme und sehr beliebte<br />
Dame kam, fiel mir auf, dass sie im Laufe <strong>de</strong>r Begehung <strong>de</strong>s Viertels schweig<strong>en</strong>d<br />
einherschritt, als sei sie alleine, währ<strong>en</strong>d alle sich nähert<strong>en</strong>, um sie zu begrüß<strong>en</strong> o<strong>de</strong>r