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Buch - Vatiu Koralsky - El Sobreviviente de Alemania en Llamas

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98<br />

einer Weile tauchte ein Hauptmann auf, um mich zu verhör<strong>en</strong>. Er wollte wiss<strong>en</strong>,<br />

wann, wie und warum ich in Deutschland gewes<strong>en</strong> war. Ein grelles Licht tat mir in<br />

<strong>de</strong>n Aug<strong>en</strong> weh. Er wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Befragung überdrüssig und verschwand. Ich wur<strong>de</strong><br />

nervös. Ich war allein. Ich vermutete, dass ich durch eine Öffnung in <strong>de</strong>r Plane<br />

beobachtet wur<strong>de</strong>. Es machte mir unsägliche Mühe, gefasst und locker zu bleib<strong>en</strong>. Es<br />

war <strong>de</strong>r Gipfel <strong>de</strong>r Paradoxie, die kolossal<strong>en</strong> Bomb<strong>en</strong>angriffe,<br />

Maschin<strong>en</strong>gewehrsalv<strong>en</strong>, Spr<strong>en</strong>gstoffe und die To<strong>de</strong>sgefahr in Deutschland und die<br />

heftige Reise überlebt zu hab<strong>en</strong> – und dann zum Geburtsort zurückzukehr<strong>en</strong> und<br />

plötzlich meine Exist<strong>en</strong>z in Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r russisch<strong>en</strong> Brü<strong>de</strong>r bedroht zu seh<strong>en</strong>.<br />

Dann trat ein Befehlshaber höher<strong>en</strong> Ranges ein. Er führte das Verhör in einer<br />

aggressiver<strong>en</strong> Form durch. Ich antwortete ihm g<strong>en</strong>auso, wie ich es beim Hauptmann<br />

getan hatte. Je<strong>de</strong>r Unterschied konnte mich teuer zu steh<strong>en</strong> komm<strong>en</strong>. Mitt<strong>en</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Verzweiflung erhellte mich ein Funke Mut, und ich beschloss, zu reagier<strong>en</strong>; ich war<br />

kein Angeklagter und zu<strong>de</strong>m hatte ich nichts zu befürcht<strong>en</strong>, es gab nichts, was sie mir<br />

anlast<strong>en</strong> konnt<strong>en</strong>.<br />

Ich begann, <strong>en</strong>tschie<strong>de</strong>n zu sprech<strong>en</strong>, und berichtete lautstark von meiner Entrüstung<br />

darüber, russische Frau<strong>en</strong> geseh<strong>en</strong> zu hab<strong>en</strong>, die von <strong>de</strong>n Nazis dazu gezwung<strong>en</strong><br />

wur<strong>de</strong>n, die Straß<strong>en</strong> in <strong>de</strong>n Städt<strong>en</strong> zu reinig<strong>en</strong> (Später erfuhr ich, dass in <strong>de</strong>r UdSSR<br />

g<strong>en</strong>au diese Arbeit von Frau<strong>en</strong> ausgeführt wur<strong>de</strong>). Im Anschluss daran ließ ich eine<br />

Reihe von Beschimpfung<strong>en</strong> geg<strong>en</strong> die Nazis los und gab so <strong>de</strong>m Offizier w<strong>en</strong>ig<br />

Geleg<strong>en</strong>heit, zu sprech<strong>en</strong>.<br />

Ich betonte, dass ich mein Ing<strong>en</strong>ieurstudium unterbrech<strong>en</strong> musste, um in die Heimat<br />

zurückzukehr<strong>en</strong>, in <strong>de</strong>r Hoffnung, dass die mächtige sowjetische Armee die Nazis<br />

möglichst bald zermalm<strong>en</strong> wür<strong>de</strong>. Meine <strong>en</strong>ergische Attacke geg<strong>en</strong> die Nazis<br />

besänftigte ihn. Er betrachtete mich eine Zeitlang, winkte ein<strong>en</strong> Unteroffizier heran<br />

und gab ihm ein<strong>en</strong> Befehl, <strong>de</strong>n ich nicht verstand. Der Unteroffizier wies mich an, ihn<br />

zu begleit<strong>en</strong>. Ich verabschie<strong>de</strong>te mich vom Befehlshaber mit einer Verneigung.<br />

J<strong>en</strong>er Befehl, dass ich geh<strong>en</strong> sollte, bereitete mir Erleichterung und zugleich Angst.<br />

Meine erst<strong>en</strong> Schritte war<strong>en</strong> unruhig und beklomm<strong>en</strong>; ich befürchtete, je<strong>de</strong>n Mom<strong>en</strong>t<br />

ein<strong>en</strong> Schuss in <strong>de</strong>n Rück<strong>en</strong> zu bekomm<strong>en</strong> – mit <strong>de</strong>r Begründung, ich wäre geflüchtet.<br />

Ich ging ein Stück langsam, und als ich in völlige Dunkelheit eintauchte, begann ich<br />

zu lauf<strong>en</strong>, als ob sich taus<strong>en</strong>d wil<strong>de</strong> Besti<strong>en</strong> an meine Fers<strong>en</strong> geheftet hätt<strong>en</strong>; o<strong>de</strong>r, als<br />

ob die gefürchtet<strong>en</strong> Schüsse nicht ins Schwarze getroff<strong>en</strong> hätt<strong>en</strong>. Ohne anzuhalt<strong>en</strong>,<br />

lief ich bis ins Dorf.<br />

Meine Mutter, die Blutdruckprobleme hatte, war aufgelöst vor Sorge um mein Leb<strong>en</strong>.<br />

Ich verbrachte eine Nacht mit Albträum<strong>en</strong>. Diese Episo<strong>de</strong> war zu massiv und wird mir<br />

niemals aus <strong>de</strong>m Sinn geh<strong>en</strong> o<strong>de</strong>r in Vergess<strong>en</strong>heit gerat<strong>en</strong>. Am nächst<strong>en</strong> Tag<br />

beschloss ich, nach Karnobat, unserer Kreisstadt, zu geh<strong>en</strong> und mich im Haus eines<br />

Freun<strong>de</strong>s einzuquartier<strong>en</strong>, bis die russisch<strong>en</strong> Trupp<strong>en</strong> wie<strong>de</strong>r abzög<strong>en</strong>.<br />

Währ<strong>en</strong>d ich die 20 Kilometer zu Fuß zurücklegte, än<strong>de</strong>rte ich meine Pläne, ohne ein<br />

bestimmtes Ziel zu hab<strong>en</strong>. In j<strong>en</strong><strong>en</strong> Tag<strong>en</strong> klopft<strong>en</strong> sich die eingeschüchtert<strong>en</strong> Leute<br />

auf die Brust und schwor<strong>en</strong> dabei Loyalität zur Partei L<strong>en</strong>ins. Bevor die Russ<strong>en</strong> in<br />

Bulgari<strong>en</strong> einmarschiert war<strong>en</strong>, gab es w<strong>en</strong>ige Kommunist<strong>en</strong>. Jetzt sagt<strong>en</strong> alle, sie<br />

sei<strong>en</strong> welche.<br />

In Karnobat ging ich am Geschäft von Varban vorbei, <strong>de</strong>m Besitzer einer<br />

Hutmacherei. Ich trat ein, um ihn zu begrüß<strong>en</strong>. Vor Jahr<strong>en</strong> hatte ich Stu<strong>de</strong>nt<strong>en</strong>mütz<strong>en</strong><br />

bei ihm gekauft, die ich dann nach hint<strong>en</strong> gekippt trug, wie es die fanatisch<strong>en</strong><br />

Marxist<strong>en</strong> tat<strong>en</strong>. Ich wusste nichts über seine politische Zugehörigkeit. Er war mir<br />

zug<strong>en</strong>eigt, und obschon ich <strong>de</strong>n Marxismus aufgegeb<strong>en</strong> hatte, sah ich ihn für<br />

gewöhnlich je<strong>de</strong>s Mal, w<strong>en</strong>n ich durch Karnobat kam. Ich schil<strong>de</strong>rte ihm ausführlich

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