Architekt Dipl - termosfassade.info
Architekt Dipl - termosfassade.info
Architekt Dipl - termosfassade.info
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Strömungen in Fensterfälzen<br />
102<br />
Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass luftdichte Fensterkonstruktionen, wie<br />
sie derzeit gefordert werden, ein Verstoß gegen die Regeln der Baukunst sind.<br />
Sie verhindern nämlich den erforderlichen Luftaustausch in Wohnungen, der<br />
noch vor der zur Hysterie entarteten Energiekrise mit dem Wert von 0,6-fach je<br />
Stunde gefordert war. Ein zugiges Fenster ist jedoch auch keine Freude. Wir<br />
benötigen daher Fensterkonstruktionen, die zwar luftdurchlässig sind, bei Wind<br />
jedoch zugfrei sein müssen. Betrachten wir also unter diesem Gesichtspunkt die<br />
Zone zwischen Fensterrahmen und Fensterstock: 155<br />
Bei einem einfach konstruierten Fenster haben wir mindestens zwei Anschläge<br />
und einen quer zur Fensterfläche verlaufenden Spalt von etwa 2 – 3 mm Dicke.<br />
Strömungstechnisch ist dieser Spalt wie eine Düse zu sehen, die dann zu<br />
arbeiten beginnt, wenn sich vor und hinter dem Fenster verschiedene<br />
Luftdrücke aufbauen. Diese entstehen immer bei Wind. Auf der Luvseite des<br />
Gebäudes herrscht der normale Luftdruck, vermehrt durch den dynamischen<br />
Druck der bewegten Luft, der hier recht zutreffend als Staudruck bezeichnet<br />
werden kann. An der Leeseite herrscht entsprechender Unterdruck. Das nun<br />
vorhandene Druckgefälle bildet sich beim luftdurchlässigen Haus auch innen<br />
drin aus. Im Ergebnis entstehen so in den Fälzen Strömungsgeschwindigkeiten,<br />
die bis zu 150 km/h betragen können. Außerhalb der Fälze baut sich diese<br />
Geschwindigkeit sehr rasch ab, wirkt jedoch an der Luvseite des Hauses noch<br />
so weit nach, dass ein unangenehmer Luftzug verspürt wird. An der Leeseite ist<br />
nichts zu spüren, da hier ja die Luft ausströmt.<br />
Die alten Tischlermeister hatten da ein sehr wirksames Gegenmittel. Sie frästen<br />
nämlich im Stock und im Rahmen je Falz halbkreisförmige Hohlkehlen von etwa<br />
5 mm Ø ein, die sich gegenüberstanden. Die im Falz strömende Luft verwirbelt<br />
in diesen Hohlkehlen. Die Verwirbelung entzieht der strömenden Luft soviel<br />
Bewegungsenergie, dass die Zugerscheinungen recht gut vermieden bleiben.<br />
Bei Windstille ist die normale Durchlüftung gewährleistet. Diese alte<br />
Handwerkstechnik sollte wieder belebt werden. Das Rosenheimer<br />
Fensterinstitut sollte sich dieser Sache einmal annehmen. Das sollte spätestens<br />
dann geschehen, wenn der Unfug, dass Fenster luftdicht zu sein hätten,<br />
überwunden ist. Darauf deutet einiges hin. Als neuer triumphaler Erfolg wird ja<br />
schon die Erfindung der perforierten Lippendichtung gefeiert.<br />
Türanschläge<br />
Der gute alte Türanschlag am Fußboden ist aus der Mode gekommen. Noch<br />
weniger beliebt sind Türschwellen, die nun „Stolperschwellen“ heißen. Auch der<br />
Spalt zwischen der Unterkante Tür und Oberkante Bodenbelag ist eine<br />
strömungstechnische Düse mit enormer Vergrößerung der Luftgeschwindigkeit.<br />
Besteht der Bodenbelag aus textilen Stoffen, macht sich die Düsenwirkung in<br />
155 In norddeutschen Regionen wird der Fensterstock „Blendrahmen“ genannt.