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Architekt Dipl - termosfassade.info

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Aus meiner eigenen Praktikantenzeit am Bau wusste ich, dass es ein vollfugiges<br />

Ziegelmauerwerk schlicht nicht gab. Der Mauermörtel wurde nur als Würstchen<br />

im vorderen Bereich der Fassade aufgetragen. Im Mauerkern war zunächst alles<br />

hohl und offen. Die Verfüllung der inneren Stoßfugen erfolgte durch das<br />

Einfüllen von angetrockneten Mörtelresten, aber auch mit Zigarettenkippen und<br />

was sonst noch zufällig herumlag. Bauhelfer mussten außerdem<br />

heruntergefallenen Mörtel am Mauerfuß, der schon weitgehend abgebunden<br />

hatte, auf die Mauerkrone schippen. Dieser Dreck war das übliche<br />

Verfüllmaterial. Von vollfugig errichtetem Mauerwerk also keine Rede. Das lief<br />

nach dem Motto „aussen hui – innen pfui“. Ich musste mir da also etwas<br />

einfallen lassen, bei dem die Bauhandwerker auch dann mitspielten, wenn ich<br />

nicht gerade auf dem Gerüst stand.<br />

Ich entwickelte also folgende Arbeitsweise:<br />

Der Maurer musste sich beim Mörtelantrag in gewohnter Weise nur auf die<br />

Stoßfuge konzentrieren. Die innen liegenden Steinflächen blieben zunächst<br />

einmal unvermörtelt. Die Stoßfuge musste dabei etwas herausquellen. Der<br />

übergequollene Teil wurde nach etwa einer halben Stunde ganz einfach mit der<br />

Kelle mauerbündig abgeschnitten. Damit war die Fassadenfuge bereits fertig.<br />

Die nachträgliche Verfugung nach vorangegangenem Auskratzen – die auch<br />

Geld gekostet hätte – war also überflüssig geworden. Es gab also keine<br />

glattgebügelten Fugen mehr sondern eine sehr lebendige gekörnte<br />

Oberflächenstruktur.<br />

Die Verfüllung der bis dahin immer noch völlig offenen inneren Stoßfugen<br />

wurde durch Bauhelfer erledigt. Diese rührten in schwarzen Plastikeimern den<br />

normalen Mörtel mit viel Wasser zu einer Mörtelsuppe etwa in der Konsistenz<br />

einer Erbswurstsuppe an und schütteten diese Brühe in die Fugen hinein. Das<br />

überschüssige Wasser wurde sofort von den bisher trockenen Backsteinen<br />

aufgesaugt. Damit erhielt das Mauerwerk endlich auch das für den<br />

Abbindeprozess notwendige Wasser. Die gute alte Sitte, dass Ziegelsteine vor<br />

dem Vermauern zu nässen seien, war längst in Vergessenheit geraten und wäre<br />

auch nicht durchsetzbar gewesen. Jedenfalls war nun das Mauerwerk<br />

ausreichend feucht und vor allem vollfugig. Die damaligen Erstbedenken meines<br />

prachtvollen Poliers Josef Lang gegen diese neuartige Arbeitsweise, die ja ein<br />

blutiger Berufsanfänger sich ausgedacht hatte, zerstoben sehr rasch, als er sah,<br />

dass diese Arbeitsweise auch sehr rationell war. Die Zeit, die bisher die Maurer<br />

mit dem lustlosen Stochern in den Stoßfugen vergeudet hatten, musste von<br />

nun an nur noch für das Mauern aufgewendet werden. Der Fugenverguss<br />

wurde von den billigeren Bauhelfern erledigt.<br />

Allerdings tauchte auf meiner Baustelle eines Tages eine Abordnung des<br />

Bayerischen Ziegelverbandes auf, der von dieser Neuerung erfahren hatte. Er<br />

hatte die Sorge, dass diese Arbeitsweise den Baustoff Mauerziegel in Verruf<br />

bringen könnte. Das war eben etwas Neues und schon deshalb abzulehnen.<br />

Einige Jahre später hatte ich aber die Genugtuung, dass in Arbeitsblättern des<br />

Verbandes diese Arbeitsweise sogar ausdrücklich empfohlen wurde und hierbei<br />

die Texte meines Leistungsverzeichnisses, in dem die neue Arbeitsweise

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