Architekt Dipl - termosfassade.info
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immer verkleidet. Später zeigte sich, dass dort im Fassadenverputz Haarrisse<br />
entstanden sind, eine Folge dessen, dass sich die Putzflächen vor dem Heraklith<br />
stärker erwärmten, wenn die Sonne darauf schien. Diese Haarrisse wurden<br />
damit kaschiert, dass man diese Bereiche farblich absetzte, womit die<br />
„Bauchbindenarchitektur“ erfunden war.<br />
Später wurde es üblich, auch Unterseiten von Kellerdecken mit Heraklith zu<br />
verkleiden, da man festgestellt hatte, dass es auch unter den Estrichen darüber<br />
zu Tauwasserbildung kam. Man legte die Heraklithplatten auf die Betonschalung<br />
und drückte spezielle Drahtanker hinein, die sich dann mit dem Beton<br />
verbunden haben.<br />
Mit derartigen Maßnahmen waren die Anforderungen der DIN 4108 auch<br />
ausreichend erfüllt. Mit der Einsparung von Heizenergie hatte das alles nichts zu<br />
tun. Die war bis in die Mitte der sechziger Jahre überhaupt kein Thema. Es ging<br />
nur um die Verhinderung von Tauwasserbildung auf Wandoberflächen.<br />
Die mathematische Grundlage dieser Konstruktionen war das Fourier´sche 127<br />
Gesetz über die Wärmeleitung. Dieses Gesetz sagt aus, dass das Maß der<br />
Wärmeleitung proportional zur Wärmeleitfähigkeit, zum Temperaturgefälle und<br />
zur Stoffdicke errechnet werden kann. Aus anderen Forschungen war Fourier<br />
gewohnt, komplizierte Vorgänge in ihre Einzelbestandteile zu zerlegen, diese<br />
sodann zu berechnen und die Ergebnisse wieder zu addieren 128 . Genau so ging<br />
er auch vor, als es darum ging, mehrschichtige Bauteile im Hinblick auf<br />
Wärmeleitung zu untersuchen. Der berühmte U-Wert – früher die noch<br />
berühmtere k-Zahl – ist daher nichts anderes als die Addition von Einzelwerten,<br />
die für jede Schicht gesondert errechnet werden.<br />
Allerdings wusste Fourier über seinen Forschungsgegenstand nichts. Zu seiner<br />
Zeit galt noch die Phlogistonlehre, die besagte, dass Wärme eine diskrete<br />
Flüssigkeit sei, die durch Stoffe hindurchströmen würde. Wärme war also etwas<br />
Stoffliches. Aus dieser Zeit stammt auch der Begriff „Wärmestrom“. Die heute<br />
gültige Definition von Wärme als Bewegungsenergie schwingender Teilchen ist<br />
ein Kind des späten 19.Jhdts.<br />
Die Überlegungen Fouriers müssen daher kritisch unter dem Gesichtspunkt<br />
gesehen werden, dass ihnen eine falsche Vorstellung über „Wärme“ zugrunde<br />
liegt. Die hieraus abgeleiteten Wärmeleitungsgleichungen sind starke<br />
Vereinfachungen eines in Wirklichkeit sehr komplexen Geschehens.<br />
Der zeitliche Ablauf der Wärmeleitung war in den fourier´schen Gleichungen<br />
nicht berücksichtigt. Im Übrigen funktionieren diese Gleichungen in ihrer<br />
heutigen Form auch nur für den stationären Zustand, also die ständige<br />
Gleichheit aller Randbedingungen. Dennoch kann gesagt werden: Für die<br />
127 Jean Baptiste Josèphe de Fourier, 1768 – 1830, franz. Physiker<br />
128 Siehe auch die Fourier-Analyse und die Fourier-Synthese<br />
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