21.11.2013 Aufrufe

Band 7 - WordPress – www.wordpress.com

Band 7 - WordPress – www.wordpress.com

Band 7 - WordPress – www.wordpress.com

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

sehendes und hörendes Wesenj die Schlüsse,<br />

die man macht,<br />

sind die Verknüpfungen der Vorgänge, die man sieht, also<br />

thatsächliche Causalitäten, keine logischen.<br />

Wenn die Helden und Götter solcher mythischen Dramen,<br />

wie Wagner sie dichtet, nun auch in Worten sich deutlich<br />

machen sollen, so liegt keine Gefahr näher, als dass diese<br />

Wortsprache in uns den theoretischen Menschen aufweckt<br />

und dadurch uns in eine andre, unmythische Sphäre hinüberhebt:<br />

so dass wir zuletzt durch das Wort nicht etwa deutlicher<br />

verstanden hätten, was vor uns vorgieng, sondern gar<br />

Nichts verstanden hätten.<br />

Wagner zwang desshalb die Sprache<br />

in einen Urzustand zurück, wo sie fast noch nicht in Begriffen<br />

denkt, wo sie noch selber Dichtung, Bild und Gefühl<br />

ist; die Furchtlosigkeit, mit der Wagner an diese ganz erschreckende<br />

Aufgabe gieng, zeigt, wie gewaltsam er von<br />

dem dichterischen Geiste geführt wurde, als Einer, der folgen<br />

muss, wohin auch sein gespenstischer Führer den Weg nimmt.<br />

Man sollte jedes Wort dieser Dramen singen können, und<br />

Götter und Helden sollten es in den Mund nehmen: das<br />

war die ausserordentliche Anforderung, welche Wagner an<br />

seine sprachliche Phantasie stellte. Jeder Andre hätte dabei<br />

verzagen müssen; denn unsre Sprache scheint fast zu alt<br />

und zu verwüstet zu sein, als dass man von ihr hätte verlangen<br />

dürfen, was Wagner verlangte: und doch rief sein<br />

Schlag gegen den Felsen eine reichliche Quelle hervor. Gerade<br />

Wagner hat, weil er diese Sprache mehr liebte und mehr<br />

von ihr forderte, auch mehr als ein andrer Deutscher an<br />

ihrer Entartung und Schwächung gelitten, also an den vielfältigen<br />

Verlusten und Verstümmlungen der Formen, an dem<br />

schwerfälligen Partikelwesen unsrer Satzfügung, an den unsingbaren<br />

Hülfszeitwörtern: — alles Dieses sind ja Dinge,<br />

welche durch Sünden und Verlotterungen in die Sprache<br />

hineingekommen sind. Dagegen empfand er mit tiefem Stolze<br />

20*<br />

307

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!