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Band 7 - WordPress – www.wordpress.com

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Sind für einen künftigen Schriftsteller viele Sprachen von<br />

Nutzen? Oder überhaupt fremde Sprachen? Zumal für einen<br />

deutschen Schriftsteller? Die Griechen hiengen von sich ab<br />

und bemühten sich nicht um fremde Sprachen: wohl aber<br />

um die eigne. Bei uns umgekehrt: die deutschen Studien<br />

haben sich erst allmählich eingedrängt, und sie haben, ivie sie<br />

getrieben werden, etu as Ausländisches und Gelehrtenhaftes<br />

an sich. Viel wird gethan, um lateinischen Stil zu lehren<br />

aber im Deutschen lehrt man Geschichte der Sprache und<br />

Litteratur: und doch hat diese Geschichte nur als Mittel und<br />

Hülfe einer praktischen Uebung Sinn. Deutsch in frühern<br />

Perioden lesen zu können ist nichts oder wenig. Aber viel<br />

ist, zu einem Urtheil über das Verkommene der gegenwärtigen<br />

Sprache zu gelangen und deshalb<br />

die Vergangenheit zu Hülfe<br />

zu nehmen. Der Wort- und Wendungen-Schatz, der jetzt<br />

jedermann zu Gebote steht, ist als verbraucht anzusehn und<br />

zu empfinden; wirklich ist die Sprache viel reicher als man<br />

nach diesem Schatze meinen sollte 5 ebenso ist die verschlungene<br />

Syntax verbraucht. Man muss also künstlerisch mit der Sprache<br />

verfahren, um dem Ekel zu entfliehen^ etwa wie ich nicht<br />

mehr Mendelssohn'sche Wendungen aushalte; ich verlange<br />

nach einer kräftigeren und reizvolleren Sprache. Jetzt wird<br />

es freilich viel schwerer zu schreiben als es warj man muss<br />

sich seine Sprache machen. Dies ist kein ausserliches Begehren,<br />

als ob man eine Tracht satt hätte und nach einer neuen<br />

Mode begehrte. Denn ich erkenne in dem stumpfen Charakter<br />

unserer Sprache recht gut unser stumpfgewordnes Deutschthum,<br />

unsre verschwindende Individualität. Der Kampf hier<br />

und dort ist nur ein Sich-Bäumen gegen die Vernichtung<br />

des besseren und stärkeren Deutschthums, an das wir noch<br />

glauben. Eine Stillehre, die auf das Correcte und Conventionelle<br />

sähe, wäre das letzte, was -wir brauchten: während<br />

es für die andern kaum mehr nöthig ist, da sie unwillkürlich<br />

26 Nietzsche VII AOI

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