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Band 7 - WordPress – www.wordpress.com

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Wie sieht nun der Philosoph die Cultur in unserer Zeit<br />

an? Sehr anders freilich als jene in ihrem Staat vergnügten<br />

Philosophieprofessoren. Fast ist es ihm, als ob er die Symptome<br />

einer völligen Ausrottung und Entwurzelung der Cultur<br />

wahrnähme, wenn er an die allgemeine Hast und zunehmende<br />

Fallgeschwindigkeit, an das Aufhören aller Beschaulichkeit<br />

und Simplicität denkt. Die Gewässer der Religion fluthenX<br />

ab und lassen Sümpfe oder Weiher zurück^ die Nationen<br />

trennen sich wieder auf das feindseligste und begehren sich<br />

zu zerfleischen. Die Wissenschaften, ohne jedes Maass und<br />

im blindesten laisser faire betrieben, zersplittern und lösen<br />

alles Festgeglaubte auf; die gebildeten Stände und Staaten<br />

werden von einer grossartig verächtHchen Geldwirthschaft<br />

fortgerissen. Niemals war die Welt mehr Welt, nie ärmer<br />

an Liebe und Güte. Die gelehrten Stände sind nicht mehr<br />

^ Leuchtthürme oder Asyle inmitten aller dieser Unruhe der<br />

Verweltlichung j sie selbst werden täglich unruhiger, gedankenund<br />

liebeloser. Alles dient der kommenden Barbarei, die<br />

jetzige Kunst und Wissenschaft mit einbegriffen. Der Gebildete<br />

ist zum grössten Feinde der Bildung abgeartet, denn<br />

er will die allgemeine Krankheit weglügen und ist den<br />

Aerzten hinderlich. Sie werden erbittert, diese abkräftigen<br />

armen Schelme, wenn man von ihrer Schwäche spricht und<br />

ihrem schädlichen Lügengeiste widerstrebt. Sie möchten gar<br />

zu gerne glauben machen, dass sie allen Jahrhunderten den /<br />

Preis abgelaufen hätten, und sie bewegen sich mit künst-^^<br />

lieber Lustigkeit. Ihre Art, Glück zu heucheln, hat mitunter<br />

etwas Ergreifendes, weil ihr Glück so ganz unbegreiflich ist.<br />

Man möchte sie nicht einmal fragen, wie Tannhäuser den<br />

Biterolf fragt: „was hast du Aermster denn genossen?"<br />

Denn ach, wir wissen es ja selber besser und anders. Es<br />

fliegt ein Wintertag auf uns, und am hohen Gebirge wohnen<br />

^ ' wir, gefährlich und in Dürftigkeit. Kurz ist jede Freude und<br />

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