A: PSYCHOLOGIE DES UNTERRICHTS UND DER ERZIEHUNG
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angewandt; darüber hinaus gibt es bis ins Erwachsenenalter große<br />
interindividuelle Unterschiede, was die Effektivität ihrer Nutzung betrifft (s.u.:<br />
Nutzungsdefizit).<br />
� Zur Interpretation der Daten:<br />
� Querschnittstudien (Gruppendaten) zur Anwendung von Strategien legen nahe,<br />
dass die strategischen Fertigkeiten mit dem Alter kontinuierlich zunehmen.<br />
Längsschnittstudien (Individualdaten) wie die Münchener Längsschnittstudie<br />
LOGIK (s.u.) zeigen dagegen, dass der Übergang zum Gebrauch von Strategien<br />
bei den meisten Kindern eher abrupt als graduell verläuft.<br />
� Grundsätzlich gilt: Je komplexer eine Strategie, desto später wird sie erlernt;<br />
über ein umfassendes und flexibel einsetzbares Strategierepertoire verfügen<br />
Kinder bzw. Jugendliche vermutlich erst im Alter zw. 15 und 16.<br />
� Wichtig: Wie Studien mit Naturvölkern zeigen, handelt es sich bei Strategien um<br />
ein Kulturprodukt; sie treten demnach keineswegs zwangläufig auf, sondern<br />
müssen vermittelt werden!<br />
� Insofern in verschiedenen Altersstufen mehr oder weniger spezifische Probleme<br />
auftreten, lassen sich bezüglich des Strategieerwerbs 3 Stadien unterscheiden:<br />
1) Mediationsdefizit (tritt v. a. bei jüngeren Kindergartenkindern auf): Strategien<br />
können auch nach Vermittlung und Training nicht angewandt werden, da<br />
offenbar die nötigen Voraussetzungen (Mediatoren) fehlen.<br />
2) Produktionsdefizit (lässt sich v. a. bei Vorschulkindern und Schulanfängern<br />
beobachten): Strategien können zwar nach Vermittlung und Training<br />
gewinnbringend genutzt werden, werden aber nicht spontan, sondern nur nach<br />
Aufforderung angewandt.<br />
� Das Produktionsdefizit ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass das<br />
Wissen über die Nützlichkeit einer Strategie (als ein Teil des deklarativen<br />
Metagedächtnisses) noch nicht hinreichend ausgebildet ist!<br />
3) Nutzungsdefizit (z. T. sogar noch bei Erwachsenen beobachtbar): Strategien<br />
werden zwar angewandt, führen aber nicht zu einer Leistungsverbesserung.<br />
� Das Nutzungsdefizit kann 2 Ursachen haben:<br />
a) eine unzureichende Automatisierung der Strategie (Anwendung<br />
schluckt noch zu viel Kapazität)<br />
b) eine mangelnde Sensitivität dafür, wann und wie die Strategie<br />
wirkungsvoll einsetzbar ist<br />
� Das Nutzungsdefizit geht mit motivationalen Problemen einher („Wozu<br />
das Ganze, wenn es ohnehin nichts bringt?“), denen im Unterricht<br />
entgegengewirkt werden muss.<br />
� Das Nutzungsdefizit muss keineswegs notwendigerweise auftreten und ist<br />
daher in der Forschung umstritten; tatsächlich tritt es vermutlich v. a. bei<br />
komplexeren Lernstrategien auf.<br />
C) Inhaltliches Vorwissen<br />
� Unser Wissen ist in Netzwerken organisiert, in dem ähnliche Inhalte miteinander<br />
verknüpft sind. Mit zunehmendem Alter bzw. Wissen wächst sowohl die Menge an<br />
Knoten, als auch die Anzahl an Verbindungen, was sowohl die Enkodierung als auch<br />
den Abruf von Gedächtnisinhalten erleichtert.<br />
� Wie stark dieser Effekt ist, zeigt u.a. ein klassisches Experiment von<br />
CHI (1978): Schachexperten und Schachneulinge bekamen die Aufgabe, in einer<br />
kurzen Lernphase präsentierte Schachpositionen auf einem leeren Schachbrett zu<br />
rekonstruieren. Die Versuchsgruppen wurden dabei so gewählt, dass Alter und<br />
Wissen negativ miteinander korrelierten: Die Experten waren zw. 6 und 10<br />
Jahre alt, die Novizen Erwachsene unterschiedlichen Alters.<br />
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