Deutscher Bundestag
2nCLeRm
2nCLeRm
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
22934<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
Sabine Zimmermann (Zwickau)<br />
(A)<br />
(B)<br />
– Genau. – Das nur auf Betriebe mit mehr als 200 Beschäftigten<br />
zu begrenzen, schließt doch aber von vornherein<br />
viele Frauen aus. Das, meine Damen und Herren, ist<br />
doch das Ungerechte daran.<br />
Außerdem werden viele Frauen ihren Auskunftsanspruch<br />
gar nicht erst nutzen; denn sie haben Angst, ihr<br />
Arbeitsverhältnis zu gefährden. Wer es dennoch tut,<br />
müsste den nicht einsichtigen Arbeitgeber mit einer Klage<br />
belegen. Davor schrecken natürlich die meisten Frauen<br />
zurück, und das ist auch verständlich. Da müssen wir<br />
sie unterstützen.<br />
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜND-<br />
NIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Mit Ihrem Gesetzesentwurf, Frau Ministerin, unterstützen<br />
Sie die Frauen nicht im Kampf um gleiche Löhne<br />
bei gleicher und gleichwertiger Arbeit, sondern Sie verlagern<br />
Ihre Verantwortung als Bundesregierung allein<br />
auf die einzelne Frau im Unternehmen. Das kann es doch<br />
nicht sein. Das verschärft doch die Situation der Frauen<br />
dort. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.<br />
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜND-<br />
NIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Wirklich notwendig, um die Diskriminierung von<br />
Frauen zu beenden, ist: ein Verbandsklagerecht, damit<br />
Frauen nicht allein auf sich gestellt sind, ein Auskunftsrecht<br />
für alle Beschäftigten in allen Betrieben und eine<br />
Aufwertung frauentypischer Beschäftigung. Das ist notwendig,<br />
und das fordern wir.<br />
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten<br />
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)<br />
Aber letztlich liegt das Problem doch viel tiefer. Immer<br />
weniger Unternehmen sind tarifgebunden. Niedriglöhne,<br />
befristete und prekäre Beschäftigung und fehlende<br />
soziale Absicherung, gerade im Falle von Erwerbslosigkeit<br />
– übrigens sind das alles natürlich Auswirkungen der<br />
Agenda 2010, meine Damen und Herren –, nehmen den<br />
Beschäftigten auch den Mut und die Chance, sich gegen<br />
ungerechte Arbeitsbedingungen zu wehren. Auch davon<br />
sind viele Frauen bzw. überdurchschnittlich Frauen betroffen.<br />
Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU):<br />
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und<br />
Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht<br />
nur eine Selbstverständlichkeit, sondern es ist auch gesetzlich<br />
geregelt, dass Frauen und Männer für die gleiche<br />
Arbeit den gleichen Lohn erhalten müssen. Dass das aber<br />
in der Realität nicht immer der Fall ist, zeigen einige Beispiele,<br />
die wir aus den Medien zur Genüge kennen. Da ist<br />
zum Beispiel die Firma Birkenstock, die ihren weiblichen<br />
Angestellten über Jahre hinweg mehr als 1 Euro weniger<br />
pro Stunde bezahlt hat als ihren männlichen Kollegen.<br />
Wenn man das einmal summiert, kommt man bei einer<br />
40-Stunden-Woche in fünf Jahren auf über 10 000 Euro<br />
Lohnunterschied. Das kann ja wohl nicht sein.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD)<br />
Aber das hat die Firma – zur Ehrenrettung muss man das<br />
sagen – glücklicherweise längst geändert. Das war auch<br />
dringend notwendig.<br />
In den Medien wird auch oft die Tischlermeisterin<br />
Edeltraud Walla genannt, die von ihrem Arbeitgeber<br />
monatlich 1 200 Euro weniger Bruttogehalt bekommen<br />
hat und deshalb vor Gericht gezogen ist. Auch ich kenne<br />
es, dass Berufseinsteigerinnen trotz der gleichen Qualifikation<br />
weniger Einstiegsgehalt bekommen als ihre<br />
männlichen Kollegen. Diese Beispiele zeigen, dass wir<br />
Maßnahmen brauchen, um das Gebot „Gleicher Lohn für<br />
gleiche Arbeit“ wirksamer umzusetzen. Heute beschließen<br />
wir eine davon.<br />
Klar ist: Auch mit diesem Gesetz werden wir nicht auf<br />
Knopfdruck Lohngerechtigkeit herstellen.<br />
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN]: Das behauptet ja auch keiner!)<br />
Was wir aber heute schaffen, ist die Möglichkeit für<br />
Frauen, zu beweisen, dass es in ihrem Unternehmen eine<br />
ungleiche und ungerechtfertigte Bezahlung gibt, und dagegen<br />
vorzugehen. Wenn eine Frau ahnt, dass ihre männlichen<br />
Kollegen in gleicher Position und Verantwortung<br />
mehr verdienen als sie, dann hat sie mit dem heutigen<br />
Gesetz nun einen Auskunftsanspruch. Damit kann sie<br />
Transparenz einfordern.<br />
(C)<br />
(D)<br />
Die Linke steht für eine Politik, die den Gewerkschaften<br />
wieder Kraft gibt, berechtigte Interessen der Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer durchzusetzen, und<br />
nicht für eine Alibipolitik, wie sie hier betrieben wird.<br />
Eine echte Gleichstellung – das muss ich immer wieder<br />
sagen – geht nur mit einer starken Linken.<br />
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
(Beifall bei der LINKEN – Paul Lehrieder<br />
[CDU/CSU]: Wohl kaum! Sie machen alles<br />
nur noch schlimmer!)<br />
Vizepräsidentin Claudia Roth:<br />
Vielen Dank, Sabine Zimmermann. – Nächste Rednerin:<br />
Nadine Schön für die CDU/CSU-Fraktion.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)<br />
Sie erfährt, warum sie wie bezahlt wird, und sie kann<br />
auch erfahren, wie viel eine vergleichbare Gruppe im<br />
Schnitt verdient.<br />
Verdient sie weniger und gibt es keinen sachlichen<br />
Grund dafür, handelt es sich um Diskriminierung. Dann<br />
kann sie bei ihrem Arbeitgeber einen gerechten Lohn einfordern<br />
– wenn er diesem Anspruch nicht nachkommt,<br />
natürlich auch vor Gericht.<br />
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Aber das muss sie ganz alleine tun!)<br />
Das ist ein großer Fortschritt. Denn Lohndiskriminierung<br />
aufgrund des Geschlechts darf es in unserem Land nicht<br />
geben. Sie muss aufgedeckt und beseitigt werden.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)