Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017 23021<br />
(A)<br />
(B)<br />
der Geburt eines Kindes, ihrer Bereitschaft, Teilzeit zu<br />
arbeiten, Unternehmen zu gründen und unbezahlte Überstunden<br />
zu leisten, nicht mehr unterscheiden, wird sich<br />
rechnerisch keine Lohndifferenz mehr zwischen Frauen<br />
und Männern ergeben.<br />
Der vorliegende Gesetzentwurf zielt im Kern auf eine<br />
Angleichung männlicher und weiblicher Biografien ab.<br />
Er trägt dies auf dem Rücken von Unternehmen aus, die<br />
unter den Generalverdacht gestellt werden, ihre Mitarbeiterinnen<br />
grundlos schlechter zu entlohnen als ihre<br />
Mitarbeiter. Dass daran irgendetwas nicht stimmen kann,<br />
zeigt schon eine schlichte ökonomische Betrachtung:<br />
Wenn wirklich Frauen in Deutschland für die gleiche<br />
Arbeit bei gleicher Ausbildung, gleicher Erfahrung und<br />
gleichem Arbeitseinsatz sechs Prozent weniger Gehalt<br />
bekämen, warum kommen dann nicht mehr Unternehmen<br />
auf die Idee, ausschließlich Frauen einzustellen, um<br />
so sechs Prozent Lohnkosten zu sparen?<br />
Anlage 4<br />
Zu Protokoll gegebene Reden<br />
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des<br />
Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag<br />
der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Norbert Müller<br />
(Potsdam), Caren Lay, weiterer Abgeordneter und<br />
der Fraktion DIE LINKE: Keine Beteiligung des<br />
Bundes am Wiederaufbau der Garnisonkirche<br />
Potsdam (Tagesordnungspunkt 21)<br />
Rüdiger Kruse (CDU/CSU): „Ja! Wir werden Türme<br />
haben, zum Beispiel einen Turm fürs Rathaus, einen<br />
Turm fürs Kulturhaus. Andere Türme können wir in der<br />
sozialistischen Stadt nicht gebrauchen“, so hat der SED-<br />
Chef Walter Ulbricht seine städtebaulichen Vorstellungen<br />
1953 zum Ausdruck gebracht. Und das SED-Regime<br />
wurde dieser Ansage gerecht. Zwischen 1949 und 1985<br />
wurden auf dem Gebiet der DDR ungefähr 50 Kirchen<br />
abgerissen oder gesprengt. Nach Einschätzung von<br />
Fachleuten hätten die meisten Kirchen gerettet werden<br />
können. Das Schicksal traf auch die Garnisonkirche von<br />
Potsdam.<br />
würden wir wegen des dann notwendigen Abreißens unsere<br />
Städte nicht wiedererkennen.<br />
Doch dem ist nicht so. Wir haben vielmehr die Möglichkeit,<br />
durch das Erhaltene oder auch das Wiederaufgebaute<br />
nicht zu vergessen und daraus zu lernen. Diejenigen,<br />
die sagen, dass auch Bronzetafeln diesen Zweck<br />
erfüllen können, müssen sich fragen lassen: Wie wenig<br />
lebendig ist denn die Erinnerung durch eine Tafel im Vergleich<br />
zu einem Kirchenturmbau mit einer Kapelle, unter<br />
dessen Dach Aufarbeitung stattfindet und Versöhnung an<br />
Kraft gewinnt?<br />
Nur wer sich eigener Geschichte stellt, kann versöhnt<br />
in die Zukunft blicken. Oft wird dies auf die Aufarbeitung<br />
der großen tragischen Kriegsereignisse des 20. Jahrhunderts<br />
bezogen. Und es stimmt auch. Allerdings gilt es<br />
auch für jeden einzelnen Menschen, in dessen Inneren<br />
nicht immer nur das Gute waltet. Die wiederaufgebaute<br />
Garnisonkirche wird insofern nicht nur ein Erinnerungsort<br />
sein, sondern auch als Besinnungsort dienen können.<br />
Denn Versöhnung zwischen den Völkern steht und fällt<br />
mit der Fähigkeit zu friedvoller Verständigung ihrer einzelnen<br />
Glieder – der einzelnen Menschen. Auch für die<br />
Linkspartei bietet die Garnisonkirche die Chance, sich<br />
mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen und<br />
diese anzunehmen.<br />
Hier sehe ich die versöhnliche Rolle der wiederaufzubauenden<br />
Garnisonkirche. Der Erfolg des Projektes wird<br />
nicht daran gemessen, ob die letzte Barockverzierung ihren<br />
Platz an der Fassade findet, sondern daran, ob hier<br />
Menschen zueinanderfinden werden und sich aufrichtig<br />
der Geschichte stellen.<br />
Der Turm der Garnisonkirche wird auch in der finanziell<br />
kleineren Variante mit allen Räumlichkeiten und Aussichtsplattform<br />
nutzbar sein. Die inhaltliche Arbeit wird<br />
unabhängig von der Fassadengestaltung vollständig und<br />
ohne Einschränkungen stattfinden können.<br />
Daher war es richtig, dass wir hier im Deutschen <strong>Bundestag</strong><br />
vor einigen Wochen die Unterstützung für das<br />
Projekt signalisiert haben. Dies war das entscheidende<br />
Signal, das den Start dieses wichtigen Bauvorhabens<br />
demnächst ermöglicht.<br />
(C)<br />
(D)<br />
Walter Ulbricht hatte sich am 22. Juli 1967 vor einer<br />
Wahlkundgebung in Potsdam die Stadt angeschaut und<br />
beschlossen, dass der Turm der Garnisonkirche entfernt<br />
werden soll. Im Protokoll seines Besuches kann man<br />
seinen Satz lesen: „Die Ruine der Garnisonkirche kann<br />
man auch auf der Fotografie zeigen und sie verkaufen als<br />
Postkarten für Ausländer.“<br />
Auch die Zeit der Sprengung – Sonntagvormittag um<br />
10 Uhr – wurde bewusst auf die Zeit gesetzt, wo jede<br />
Woche traditionell die Gemeinde zum Gottesdienst zusammenkam.<br />
Bei mehreren anderen Kirchensprengungen<br />
verlief das nach gleichem Muster.<br />
Dr. Philipp Lengsfeld (CDU/CSU): Es ist eine wirklich<br />
schöne Nachricht, dass der Turm der Garnisonkirche<br />
in Potsdam nun wieder errichtet wird. So sehr ich es begrüße,<br />
dass wir uns im Deutschen <strong>Bundestag</strong> mit dem<br />
Thema noch einmal befassen, so sehr bedaure ich, dass<br />
die Linkspartei weiterhin gegen dieses Projekt kämpft.<br />
Ich registriere zwar, dass sich der Tonfall in den Reihen<br />
der Linkspartei insgesamt gemäßigt hat, aber dies ändert<br />
am Grundsätzlichen leider nichts. Die Linkspartei verpasst<br />
– mal wieder – die Gelegenheit, ein Zeichen der<br />
Versöhnung zu senden. Sie ist und bleibt die Partei der<br />
Spaltung, sei es in Potsdam oder anderswo.<br />
Die Garnisonkirche von Potsdam ist kein Bau mit einer<br />
einfachen Geschichte gewesen. Sie war mit der Zeit<br />
des preußischen Militarismus und noch mehr mit der des<br />
Nationalsozialismus bedauerlich eng verbunden. Sollten<br />
die Gebäude aber dafür haften, was in ihnen passiert ist,<br />
Hauptziel des Wiederaufbaus des Turms der Garnisonkirche<br />
ist die Wiederherstellung eines barocken,<br />
stadtprägenden kirchlichen Prunkstücks, dessen kulturelle<br />
Bedeutung weit über Potsdam hinausreicht. Und da<br />
hat sich die Diskussion in Potsdam doch stark beruhigt.