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Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017 23041<br />

(A)<br />

(B)<br />

ten Annette Groth, Inge Höger, Wolfgang Gehrcke,<br />

weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE<br />

LINKE: Willy-Brandt-Korps für eine solidarische<br />

humanitäre Hilfe (Tagesordnungspunkt 25)<br />

Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU): Im Mai<br />

vergangenen Jahres haben wir über diesen Antrag gesprochen,<br />

und ich hatte damals schon die Gelegenheit,<br />

hierzu Stellung zu beziehen. Wir standen kurz vor dem<br />

ersten Humanitären Weltgipfel in Istanbul. UN-Generalsekretär<br />

Ban Ki-Moon lud selbst dazu ein.<br />

Ich freue mich, zu sehen, dass sich das öffentliche<br />

Verständnis und die staatliche Bereitschaft in den vergangenen<br />

Monaten weiter zum Positiven gewandelt haben.<br />

Bürgerinnen und Bürger verstehen immer besser, warum<br />

es so wichtig ist, dass wir humanitäre Hilfe wie auch Entwicklungszusammenarbeit<br />

leisten. Und die Bundesregierung<br />

hat für dieses Jahr 1,2 Milliarden Euro des Bundeshaushaltes<br />

für die Humanitäre Hilfe vorgesehen. Das ist<br />

gut, doch es ist auch notwendig!<br />

In dem Antrag werden als Begründung für die Forderung<br />

nach einem Willy-Brandt-Korps die großen Herausforderungen<br />

an die internationale Hilfe genannt.<br />

Der Finanzierungsbedarf allein von Organisationen der<br />

Vereinten Nationen war 2015 nicht einmal zur Hälfte gedeckt.<br />

Deshalb stimme ich Ihnen zu: Ja, wir müssen die<br />

humanitäre Hilfe mehr in den Fokus rücken. Und dabei<br />

müssen wir uns auch die Freiheit lassen, diese neu zu<br />

denken.<br />

Dass Planungssicherheit für Hilfsorganisationen besteht<br />

und eine enge Zusammenarbeit mit lokalen NGOs<br />

gegeben sein muss, ist ein wichtiges Anliegen dieses Antrags.<br />

Und ich denke, da kann die Internationale Gemeinschaft<br />

noch besser werden, auch wenn wir hier schon in<br />

die richtige Richtung gehen. Doch eine Konkurrenz zu<br />

diesen NGOs und UN-Agenturen zu schaffen, sehe ich<br />

als den falschen Weg an. Sie zu stärken und ihnen zu helfen,<br />

dass sie ihre Arbeit sicher tun können, sollte unser<br />

Anliegen sein.<br />

Vor einigen Tagen waren spätabends noch Offiziere<br />

bei mir im Büro. Während unseres Gesprächs bemerkte<br />

eine von ihnen: Der Bundeshaushalt sieht doch vor, einen<br />

gewissen Anteil des BIP an die Armee zu geben. Könnten<br />

nicht 0,1 Prozent an die Arbeit der Heilsarmee gehen? –<br />

Die Offizierin war eben von der Heilsarmee, und natürlich<br />

war die Frage von einem Augenzwinkern begleitet.<br />

Auch wenn das natürlich schwierig ist, hat der Gedanke<br />

einen wahren Kern. Wir müssen die unterstützen, die<br />

vor Ort Hilfe leisten. Es muss sichergestellt sein, dass sie<br />

die finanziellen Mittel, die Nahrung, das Personal haben,<br />

um den Menschen in Not zu helfen. Wir können, nein,<br />

wir dürfen es nicht akzeptieren, dass Kinder im Südsudan<br />

teilweise mit zehn Liter Wasser pro Tag auskommen<br />

müssen. Ich weigere mich, die Krise im Jemen oder in<br />

Nigeria einfach zu vergessen und die Menschen dort verrecken<br />

zu lassen. Da müssen wir hinschauen. Und deshalb<br />

bin ich dankbar, wenn wir die Gelegenheit haben,<br />

diese Länder und das Schicksal einzelner Personen vor<br />

Ort hier auf die Tagesordnung zu bringen.<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Die Linke,<br />

Sie fordern in Ihrem Antrag, dass Deutschland seine<br />

internationale Verantwortung ausschließlich mit zivilen<br />

Mitteln wahrnehmen soll. Genau hier liegt die Schieflage<br />

Ihrer Sichtweise. Sie lassen uns keine andere Wahl,<br />

als den Antrag abzulehnen. Es wird nicht gefordert, zunächst<br />

alle diplomatischen und zivilgesellschaftlichen<br />

Instrumente zu nutzen. Die internationale Verantwortung<br />

der Bundesrepublik Deutschland soll zukünftig ohne die<br />

Bundeswehr wahrgenommen werden. Jedes militärische<br />

Eingreifen wird ausgeschlossen.<br />

Gerade das Beispiel Südsudan – erst vor ein paar<br />

Stunden durfte ich zu der Lage vor Ort sprechen – zeigt,<br />

dass die humanitäre Hilfe allein nicht die Probleme löst.<br />

Diese Krise ist nicht Resultat einer Naturkatastrophe,<br />

auch wenn El Niño natürlich die Situation noch verstärkt.<br />

Doch der Bürgerkrieg, der seit über drei Jahren wütet,<br />

kann nicht durch humanitäre Hilfe beendet werden. Die<br />

Regierung vor Ort tut momentan fast nichts, um der eigenen<br />

Bevölkerung zu helfen. Warum soll Deutschland<br />

hier politisch keine Verantwortung übernehmen? Unser<br />

Botschafter in Juba ist es, der immer wieder mit dem Präsidenten<br />

spricht und ihn darin bestärkt, mit den verschiedenen<br />

ethnischen Gruppen in den Dialog zu treten. Ihr<br />

Antrag lässt vermuten, dass Sie die naive These vertreten,<br />

dass es nur schwarz oder weiß gibt, humanitäre Hilfe<br />

oder Kriegseinsatz. Aber dass dazwischen noch eine<br />

Menge Spielraum ist, den wir nutzen können, ja nutzen<br />

sollen, lässt ihr Antrag und ein Willy-Brandt-Korps, wie<br />

Sie es fordern, gar nicht zu.<br />

Nein, es ist ein Antrag, der die Bundeswehr abschaffen<br />

und in eine Art zweites Technisches Hilfswerk umbauen<br />

will. Die Bundesregierung verfügt jedoch durch das<br />

THW schon über einen sehr leistungsfähigen Akteur in<br />

der Katastrophenhilfe. Es leistet technische Hilfe im Zivilschutz<br />

und in der Katastrophenbekämpfung.<br />

Das Engagement der über 80 000 ehrenamtlichen Helferinnen<br />

und Helfer des THW verdient unser aller Anerkennung.<br />

Deshalb haben wir im November letzten Jahres<br />

beschlossen, die Mittel für das THW auf 260 Millionen<br />

Euro aufzustocken und ein Förderprogramm zur Fahrzeugbeschaffung<br />

in Höhe von 100 Millionen Euro zur<br />

Verfügung zu stellen. Damit erhält das THW insgesamt<br />

170 zusätzliche Stellen. Und damit können insgesamt bis<br />

2023 mehr als 621 Lkw und Bergungsräumgeräte angeschafft<br />

und ausgetauscht werden.<br />

Hier wird schon viel erfüllt, was die Linken mit ihrem<br />

Willy-Brandt-Korps fordern.<br />

Unsere Bundeswehr als Parlamentsarmee hat einen<br />

zentralen sicherheits- und friedenspolitischen Ansatz.<br />

Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass die Vermischung<br />

von politischen, militärischen und humanitären Zielen<br />

gefährlich ist. Da stimme ich Ihnen zu. Doch das Ziel,<br />

Frieden, Sicherheit und Entwicklung in einem Land zu<br />

schaffen, kann nicht nur auf einem Weg erreicht werden<br />

und braucht ein Zusammenspiel vieler unterschiedlicher<br />

Akteure.<br />

Das Weißbuch 2016, das im vergangenen Jahr von<br />

unserer Verteidigungsministerin vorgestellt wurde, zeigt<br />

deutlich, wie wichtig dieses Zusammenspiel ist und dass<br />

(C)<br />

(D)

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