Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
(A)<br />
Deshalb beantragt die Linke, logistische Hilfe ab sofort<br />
durch eine unabhängige Instanz und nicht über die<br />
Bundeswehr zu organisieren. Die Aufstellung eines zivilen<br />
Willy-Brandt-Korps für internationale Katastrophenhilfe,<br />
ein Gemeinschaftswerk aus zivilgesellschaftlichen<br />
und öffentlichen Organisationen, ist unseres Erachtens<br />
die richtige Antwort auf den genannten massiven Bedarf<br />
an humanitärer Hilfe und die dafür benötigte Infrastruktur.<br />
Auf diese Weise kann die Neutralität von humanitärer<br />
Hilfe gewährleistet werden. Eine feste und ausreichende<br />
Finanzierung muss sichergestellt werden, eine zuverlässige<br />
Koordinierung gewährleistet und die öffentliche<br />
Kontrolle über die internationale humanitäre Hilfe der<br />
Bundesregierung verbessert werden.<br />
Krieg mit militärischen Mitteln zu beenden, sondern darum,<br />
den gesellschaftlichen Frieden und die Menschenrechte<br />
so zu etablieren helfen, dass der Rückfall in Krieg<br />
und Konflikt unwahrscheinlich wird. Das hat die Linke<br />
offenbar missverstanden.<br />
Nun möchte die Linke statt alledem ein national organisiertes<br />
„Korps“ entsenden, also Deutsche, die in aller<br />
Welt „helfen“. Die Probleme, die die humanitäre Hilfe<br />
heute hat – vom Fehlen der Mittel, über die schwierige<br />
Koordination der zahlreichen Hilfsorganisationen bis hin<br />
zum Problem, die Betroffenen im Bombenhagel überhaupt<br />
zu erreichen –, werden aber sicherlich nicht durch<br />
eine weitere Truppe nichtlokaler, westlicher „Experten“<br />
gelöst, die dann vor Ort im Weg herumstehen.<br />
(C)<br />
(B)<br />
Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN): Der Antrag der Linken fordert, jegliches militärisches<br />
Engagement im Ausland abzuschaffen. Das betrifft<br />
also auch die friedenserhaltenden Missionen der Vereinten<br />
Nationen, die ja weitgehend gewaltfrei – wenn auch<br />
mit militärischer Unterstützung – zivile Ziele verfolgen.<br />
Damit fordert die Linke, eines der wichtigsten friedenspolitischen<br />
Instrumente, das die Weltgemeinschaft besitzt,<br />
abzuschaffen.<br />
Dass die Aufgabe der friedenserhaltenden Missionen<br />
unendlich schwierig ist, ist keine Frage. Das ist aber kein<br />
Grund, sie nicht anzugehen; denn dass die UN-Friedensmissionen<br />
in zahlreichen Konfliktregionen dieser Welt<br />
Entscheidendes geleistet haben, kann niemand ernsthaft<br />
bezweifeln. Dabei haben sie keinen militärischen<br />
Kampfauftrag, vielmehr werden militärische Kapazitäten<br />
eingesetzt, um Zivilisten vor Angriffen bewaffneter<br />
Gruppen zu schützen, um Kombattanten zu entwaffnen,<br />
um einen Friedensschluss zu begleiten, Wahlen zu sichern<br />
oder zwei Kriegsparteien zu trennen, bis eine Einigung<br />
erzielt ist. Über 70 Missionen sind in den letzten<br />
70 Jahren entsandt worden. Über 22 000 Zivilisten arbeiten<br />
heute in den Friedensmissionen der Vereinten Nationen,<br />
ebenso wie über 100 000 Soldatinnen und Soldaten<br />
und 12 000 Polizeikräfte.<br />
Die Aufgaben der Blauhelme sind über die Jahre immer<br />
komplexer, immer vielfältiger geworden. Der Bedarf<br />
an Friedenssicherung war nie größer als heute, und die<br />
finanziellen, personellen und materiellen Kapazitäten,<br />
die die Mitgliedstaaten bereitstellen, reichen nicht aus,<br />
um diesen Bedarf zu decken. Immer noch wird ungleich<br />
mehr Geld aufgewendet, um Kriege vorzubereiten, als<br />
um Frieden zu schaffen. Dennoch – und unter teilweise<br />
widrigsten Umständen – haben die Vereinten Nationen<br />
in den letzten Jahren die Friedensprozesse in Liberia, in<br />
Sierra Leone, in Nepal, in Timor-Leste, in der Elfenbeinküste,<br />
in Guinea-Bissau, in Haiti vorangebracht. Derzeit<br />
stehen der Kongo, Mali, Kolumbien, die Zentralafrikanische<br />
Republik oder der Süd-Sudan auf der Tagesordnung,<br />
aber auch rein politische Vermittlungsbemühungen<br />
in Libyen oder Syrien.<br />
Diese Missionen, so verschieden ihre Aufgaben auch<br />
sein mögen, sind vor allem dann erfolgreich, wenn sich<br />
die Kriegsparteien dem Friedensprozess verpflichtet fühlen<br />
und wenn die internationale Gemeinschaft sie dabei<br />
tatkräftig unterstützt. Es geht also nicht darum, einen<br />
Wir haben zwar eine hoch angesehene Organisation<br />
für Katastrophenhilfe, das Technische Hilfswerk. Dieses<br />
kommt in dem uns vorliegenden Antrag aber gar nicht<br />
vor, ebenso wenig wie die zahlreichen humanitären<br />
Hilfsorganisationen, die hervorragende Arbeit leisten.<br />
Eine – wie die Linke will – deutsche „zivil humanitäre<br />
Dachstruktur“ brauchen sie nicht.<br />
Welchen Vorteil ein neu zu gründendes, deutsches<br />
Willy-Brandt-Korps haben soll, ist also nicht ersichtlich.<br />
Im Gegenteil, viele der Schwierigkeiten, die die humanitäre<br />
Hilfe heute plagen, würden mit einem solchen Korps<br />
ja noch verstärkt. Dringend benötigte Mittel würden von<br />
etablierten und gut funktionierten Organisationen abgezogen,<br />
und die humanitäre Hilfe würde nationalisiert<br />
anstatt internationalisiert werden, obwohl sie ein von<br />
Grund auf multilaterales Unterfangen ist und sein muss.<br />
So scheint das Willy-Brandt-Korps nur ein ideologischer<br />
Schlenker zu sein auf dem Weg zum eigentlichen<br />
Ziel: Deutschland nimmt seine internationalen Verpflichtungen<br />
ausschließlich mit zivilen Mitteln wahr. –<br />
Wir sollen uns also in unverantwortlicher Weise vom<br />
UNO-System verabschieden und überlassen die Verantwortung<br />
für die internationale Ordnung den anderen. Wir<br />
suchen einen deutschen Sonderweg in die internationale<br />
Isolation. Da treffen sich dann die Nationalisten von links<br />
und rechts.<br />
Anlage 9<br />
Zu Protokoll gegebene Reden<br />
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des<br />
Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Energie:<br />
– zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates über den<br />
Elektrizitätsbinnenmarkt (Neufassung)<br />
KOM(2016) 861 endg.; Ratsdok. 15135/16<br />
– zu dem Vorschlag für eine Verordnung des<br />
Europäischen Parlaments und des Rates zur<br />
Gründung einer Agentur der Europäischen<br />
Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden<br />
(Neufassung)<br />
KOM(2016) 863 endg.; Ratsdok. 15149/16<br />
(D)