Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
Herbert Behrens<br />
(A)<br />
(B)<br />
oder Sachschaden verwickelt worden ist. Erst dann ist<br />
es doch erforderlich, festzustellen, wer das Auto zu dem<br />
Zeitpunkt geführt hat, ob es der Computer oder der Autofahrer,<br />
die Autofahrerin gewesen ist. Dieses Problem<br />
wird zwar wahrgenommen, aber nicht ernst genommen.<br />
Das ist angesichts dieses wichtigen Themas, das hier auf<br />
der Tagesordnung steht, viel zu wenig. Darum ist dieses<br />
Gesetz überhaupt nicht zukunftstauglich.<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
Wir haben versucht, die Bedenken und die Hinweise<br />
der Datenschutzbeauftragten im Gesetzentwurf unterzubringen.<br />
Darum haben wir einen Änderungsantrag vorgelegt,<br />
in dem wir ganz klar das übernehmen, was die Datenschutzbeauftragte<br />
gesagt hat. Damit präzisieren wir:<br />
Wann ist der Halter verantwortlich? Wann ist der Fahrer<br />
verantwortlich? Wann ist der Computer verantwortlich?<br />
Wir haben weiterhin gesagt, dass Daten nur erhoben und<br />
gespeichert werden dürfen, wenn es wirklich um die Aufklärung<br />
eines Unfalls geht – nicht darüber hinaus.<br />
Es gibt einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen,<br />
der aufgenommen worden ist. Darin heißt es zwar:<br />
„Die Speicherzeit der Daten von drei Jahren ist nicht<br />
sinnvoll, wir reduzieren sie daher auf sechs Monate“,<br />
aber all diese Daten werden erhoben, über ein Navigationssystem<br />
abgesaugt und an anderer Stelle gespeichert,<br />
ohne dass die Fahrerin oder der Fahrer genau weiß, was<br />
dort über ihn und seine Fahrweise gesammelt worden ist.<br />
Diese Art der Gesetzgebung in diesem wichtigen Feld,<br />
auf dem es wirklich um zukunftsweisende Fragen geht,<br />
können wir so nicht akzeptieren. Da können wir nicht<br />
mitmachen.<br />
Geschichte des technischen Fortschritts verbunden. In<br />
den über 130 Jahren seit der Erfindung des Benz-Patentmotorwagens<br />
hat die Menschheit eine rasante technische<br />
Entwicklung erlebt. Viele der technischen Innovationen<br />
im Automobilbereich sind mit dem Namen deutscher Automobilherstellender<br />
verknüpft.<br />
Doch dieser Fortschritt ist anfangs von einigen Menschen<br />
noch sehr skeptisch betrachtet worden. Dazu passt<br />
der Ausspruch eines ehemaligen deutschen Staatsoberhaupts:<br />
Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende<br />
Erscheinung.<br />
Dieses bekannte Zitat von Kaiser Wilhelm II. ist, nebenbei<br />
bemerkt, nicht die einzige große Fehleinschätzung<br />
des letzten deutschen Kaisers.<br />
Aber lassen Sie uns von der Monarchie zur Demokratie<br />
und zu dem Gesetzentwurf zurückkehren, den wir<br />
heute verabschieden wollen. Konkret befassen wir uns<br />
mit der Einführung eines rechtlichen Rahmens für die<br />
Verwendung von hoch- und vollautomatisierten Fahrfunktionen.<br />
„Hoch- und vollautomatisiert“ – es geht also<br />
nicht um das autonome Fahren.<br />
(Andreas Rimkus [SPD]: So ist es!)<br />
Davon sind wir auf öffentlichen Straßen noch weit entfernt,<br />
und eine Prognose zur Serienreife autonomer<br />
Fahrzeuge gebe ich hier besser nicht ab. Das eingangs<br />
erwähnte Zitat zeigt, dass man in Bezug auf technische<br />
Neuerungen oft auch danebenliegen kann.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />
(C)<br />
(D)<br />
Die Ethikkommission – Sie haben es gesagt – ist von<br />
Ihnen eingesetzt worden, und sie hat ihre Arbeit aufgenommen.<br />
Aber an den Ergebnissen sind Sie offenbar<br />
nicht interessiert. Im Juni erst wird diese Kommission<br />
ihre Arbeit beenden und wird Handlungsempfehlungen<br />
geben; das hoffe ich zumindest. Diese hätten doch abgewartet<br />
werden müssen, um festzustellen: An welchen<br />
Stellen besteht eigentlich Regelungsbedarf? Was haben<br />
wir möglicherweise bei der Gesetzgebung nicht gesehen?<br />
Warum benötigen wir diese Gesetzesänderung? Die<br />
Systeme erhöhen die Verkehrssicherheit maßgeblich, und<br />
hierbei gibt es noch sehr viel zu tun, um unsere Vision<br />
Zero, also unser Ziel, dass es keine Verkehrstoten mehr<br />
geben soll, einzuhalten. Trotz abnehmender Tendenz<br />
starben im vergangenen Jahr über 3 200 Menschen auf<br />
Deutschlands Straßen. Mit hoch- und vollautomatisierten<br />
Fahrzeugen können viele dieser Unfälle mit Todesopfern<br />
und Schwerverletzten vermieden werden.<br />
Insofern bleibt es dabei: Dieser Gesetzentwurf ist zu<br />
diesem Zeitpunkt völlig falsch. Damit werden völlig<br />
falsche Signale gesendet, weil die grundlegende Frage:<br />
„Wer soll künftig auf der Straße das Sagen haben – der<br />
Computer oder der Autofahrer?“, vorher geklärt sein<br />
muss – nicht erst dann, wenn das Kind schon in den<br />
Brunnen gefallen ist.<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
Vizepräsident Johannes Singhammer:<br />
Nächste Rednerin ist die Kollegin Kirsten Lühmann<br />
für die SPD.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
Die Erhöhung des Fahrkomforts ist sicherlich auch im<br />
Sinne der Verbrauchenden. Wer freut sich nicht darüber,<br />
wenn er zum Beispiel die komplette Fahrzeugsteuerung<br />
auf einer monotonen Autobahnfahrt an das Auto übergeben<br />
kann?<br />
Weitere Vorteile sind die bessere Auslastung bestehender<br />
Verkehrsinfrastrukturen und die Einsparung von<br />
CO 2 -Emissionen. Auch wenn viele Kollegen es nicht<br />
wahrhaben wollen: Die Technik fährt nun mal sicherer<br />
und sauberer als der Mensch – auch als der Mann.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Kirsten Lühmann (SPD):<br />
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe<br />
Kolleginnen! Verehrte Anwesende! Mit der Geschichte<br />
des Automobils ist in eindrucksvoller Weise auch die<br />
(Heiterkeit bei Abgeordneten aller Fraktionen<br />
– Zuruf von der CDU/CSU: Was? –<br />
Gustav Herzog [SPD]: Frau Kollegin, ich<br />
muss doch bitten!)<br />
Allerdings haben wir den vom Ministerium vorgelegten<br />
Entwurf in einigen Aspekten verändert. Wir haben