Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017 23027<br />
(A)<br />
(B)<br />
kolliert nicht mehr den Verlauf der Beratung, sondern<br />
wird verpflichtet, die Gründe für die Empfehlung eines<br />
Produktes darzulegen. Mit der Geeignetheitserklärung<br />
wird mehr Rechtssicherheit geschaffen. Das Anlegerschutzniveau<br />
wird erhöht, indem eine fehlerhafte Anlageberatung<br />
künftig besser nachzuweisen sein wird.<br />
Zu den beiden Anträgen sind nur ein paar kurze Worte<br />
nötig. Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz wurden die<br />
Befugnisse der BaFin bereits erweitert und der Schutz<br />
der kollektiven Verbraucherinteressen als weiteres Aufsichtsziel<br />
in den Statuten der BaFin verankert. Mit dem<br />
vorliegenden Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetz<br />
wird der Verbraucherschutz an den sinnvollen Stellen<br />
verbessert. Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz.<br />
Christian Petry (SPD): Das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz<br />
verankert vier europäische Rechtsakte<br />
im deutschen Recht: die europäische Richtlinie „Market<br />
in Financial Instruments“ (MiFID II), die dazugehörige<br />
Durchführungsverordnung MiFIR, die Verordnung über<br />
die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften<br />
sowie die Benchmark-Verordnung.<br />
Die Regelungen des Gesetzes haben umfangreiche<br />
Auswirkungen auf die Struktur der Finanzmärkte in Europa.<br />
Die Schaffung einer weiteren Kategorie für den<br />
organisierten Wertpapierhandel und die Ausweitung von<br />
Transparenzpflichten wird die Marktransparenz für Anlegerinnen<br />
und Anleger dabei spürbar erhöhen.<br />
Daneben werden durch europaeinheitliche Regelungen<br />
der Hochfrequenzhandel sowie der außerbörsliche<br />
OTC-Handel umfassender reguliert und eingeschränkt.<br />
Besonders die EU-weite Regulierung des Hochfrequenzhandels<br />
ist überfällig. Diese Art des „Handels“ erfüllt<br />
keinen sittlichen Mehrwert. Die ökonomische Sinnhaftigkeit<br />
dieser Zockerei darf mehr als bezweifelt werden.<br />
Die jetzt umzusetzenden Regeln sind ein erster wichtiger<br />
Schritt zur Eindämmung des Hochfrequenzhandels. Weitere<br />
Schritte müssen folgen.<br />
Vertriebsseitig stärkt das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz<br />
den Schutz der Anlegerinnen und Anleger<br />
deutlich. Durch die EU-weit zu erstellende Geeignetheitserklärung<br />
muss Kunden zukünftig im Rahmen der<br />
Anlageberatung eine Erklärung zur Geeignetheit des<br />
empfohlenen Finanzproduktes übermittelt werden. Für<br />
jedes Finanzprodukt muss deshalb ein Zielmarkt definiert<br />
werden, der sicherstellt, dass das jeweilige Produkt<br />
mit den Kundenbedürfnissen übereinstimmt.<br />
Durch die Einführung des „unabhängigen Honorar-Anlageberaters“<br />
wird die Möglichkeit, Provisionen<br />
oder andere nichtmonetäre Vorteile einzubehalten, bei<br />
der unabhängigen Finanzanlageberatung stark eingeschränkt.<br />
Zudem müssen alle Passagen eines Beratungsgesprächs,<br />
die zu einer Order führen, aufgenommen und<br />
mindestens fünf Jahre dokumentiert werden.<br />
Einen wichtigen Teil der parlamentarischen Beratungen<br />
zum Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetz nahm<br />
die Diskussion über die Regulierung von Warenderivaten<br />
ein. Auf Druck der SPD fordert der Deutsche <strong>Bundestag</strong><br />
in seinem Abschlussbericht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht<br />
(BaFin) auf, Positionslimits<br />
bei Nahrungsmittelderivaten so festzulegen, dass monopolistische<br />
Strukturen an diesen Märkten ausgeschlossen<br />
sind. Der <strong>Bundestag</strong> hat in diesem Punkt aufgrund der<br />
europäischen Vorgaben keinen Gestaltungsspielraum.<br />
Das Festlegen der Positionslimits ist Aufgabe der nationalen<br />
Aufsichtsbehörden.<br />
Die von der BaFin zu erstellenden Positionslimits<br />
werden wir sehr aufmerksam verfolgen. Die Bundesanstalt<br />
untersteht der direkten Aufsicht des Bundesfinanzministeriums.<br />
Die Bundesregierung muss deshalb<br />
sicherstellen, dass das unanständige Spekulieren mit<br />
Nahrungsmittel- und Rohstoffderivaten entsprechend<br />
den europäischen Vorgaben eingedämmt wird. Der Gestaltungsspielraum,<br />
der der BaFin hierbei zur Verfügung<br />
steht, muss so genutzt werden, dass Monopole beim Derivatehandel<br />
ausgeschlossen sind.<br />
Ein weiterer wichtiger Diskussionspunkt betrifft die<br />
deutschen Förderbanken. Die Regelungen der europäischen<br />
Finanzmarktrichtlinie MiFID II, auf denen das<br />
Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz in weiten Teilen<br />
beruht, erfassen alle Wertpapiergeschäfte eines Unternehmens,<br />
das Mitglied einer Börse ist. Förderbanken in<br />
Deutschland führen an Börsen durch Wertpapiere besicherte<br />
Geschäfte des Liquiditätsmanagements durch. Sie<br />
unterfallen demnach den Regeln der MiFID II. Dieser<br />
Umstand ist innerhalb der beiden Regierungsfraktionen<br />
umstritten.<br />
Der <strong>Bundestag</strong> fordert die Bundesregierung deshalb<br />
in seinem Abschlussbericht auf, die Europäische Kommission<br />
auf die besondere Funktion der öffentlichen Förderbanken<br />
des Bundes und der Länder aufmerksam zu<br />
machen. Die risikoaversen Anlagestrategien der Förderbanken<br />
müssen bei der Regulierung berücksichtigt werden.<br />
Sowohl regulatorisch als auch aufsichtstechnisch<br />
muss man dem Förderauftrag der Banken gerecht werden.<br />
Dies hat der <strong>Bundestag</strong> in seinem Abschlussbericht<br />
noch einmal deutlich gemacht und festgeschrieben.<br />
Die parlamentarischen Beratungen zum Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetz<br />
verliefen konstruktiv und<br />
geräuschlos. Die öffentliche Sichtbarkeit dieses Mammutgesetzes<br />
im Deutschen <strong>Bundestag</strong> entspricht aber<br />
leider nicht seiner großen Bedeutung.<br />
Sarah Ryglewski (SPD): Mit dem Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetz<br />
stärkt die Koalition den Anlegerschutz.<br />
Wir sorgen für mehr Transparenz und Gerechtigkeit,<br />
insbesondere im Hinblick auf Vergütung,<br />
Charakter und Qualität von Finanzberatung.<br />
Provisionen können in der Beratung zu Interessenkonflikten<br />
führen, weil Berater dem Anreiz unterliegen,<br />
nicht das beste Produkt anzubieten, sondern das mit den<br />
höchsten Provisionen. Jedoch scheuen viele Verbraucherinnen<br />
und Verbraucher noch davor zurück, für unabhängige<br />
Beratung zu bezahlen. Wir lassen mit dem<br />
Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetz, das wir heute<br />
im <strong>Bundestag</strong> beschließen wollen, bewusst beide Wege<br />
offen – die provisionsbasierte und die unabhängige Honorarberatung.<br />
Wir stellen jedoch sicher, dass die Kos-<br />
(C)<br />
(D)