Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
(A)<br />
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:<br />
Frau Kollegin Zeulner, gestatten Sie eine Zwischenfrage<br />
des Kollegen Tempel?<br />
Emmi Zeulner (CDU/CSU):<br />
Ja.<br />
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:<br />
Bitte schön.<br />
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:<br />
Herr Tempel, keine Zwiegespräche.<br />
Emmi Zeulner (CDU/CSU):<br />
Am Ende des Tages stellt sich die Frage: Wie wollen<br />
Sie kontrollieren, wenn Sie 15 Gramm Cannabis zur<br />
Verfügung stellen, ob da etwas weitergegeben wird oder<br />
nicht? Das können Sie gar nicht kontrollieren. Deswegen<br />
bleibt meine Aussage so bestehen.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
(C)<br />
(B)<br />
Frank Tempel (DIE LINKE):<br />
Normalerweise wollte ich um diese Uhrzeit keine<br />
Zwischenfrage mehr stellen.<br />
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Das wäre<br />
auch vernünftig gewesen!)<br />
Aber Sie haben mehrfach ganz klar die Unwahrheit<br />
gesagt. Ist Ihnen bekannt – darüber wird seit mehreren<br />
Jahren eine Diskussion geführt –, dass wir nicht eine<br />
komplette Freigabe wollen, also dass wir nicht wollen,<br />
dass der Dealer nun das, was er zuvor illegal verkauft<br />
hat, legal verkaufen kann, sondern dass wir eine streng<br />
kontrollierte, legale und regulierte Abgabe von Cannabis<br />
fordern – genauso wie bei anderen Substanzen –,<br />
dass wir nicht wollen, dass die Dealer offiziell und mit<br />
staatlichem Segen handeln dürfen, sondern dass wir eine<br />
staatliche Kontrolle der Einhaltung der Regelungen zum<br />
Jugendschutz und zum Verbraucherschutz fordern und<br />
bestimmte Projekte fördern wollen?<br />
Nicht umsonst habe ich übrigens von mehreren Parteien<br />
befürwortete Modellprojekte angesprochen. Den<br />
Verantwortlichen mehrerer Städte – Bremen, Münster,<br />
Frankfurt am Main, Berlin usw. – müssten sie genau das<br />
Gleiche wie mir jetzt hier unterstellen: dass sie das Tun<br />
der Dealer legalisieren wollen. Nehmen Sie zur Kenntnis,<br />
dass es bereits eine ganze Reihe von anderen Vorschlägen<br />
gibt, wie man sehr vorsichtig kontrolliert, dass<br />
man genau diesem Schwarzmarkt etwas entgegensetzen<br />
und ihn eben nicht legalisieren will?<br />
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD und des BÜNDNISSES 90/<br />
DIE GRÜNEN – Tino Sorge [CDU/CSU]: Da<br />
scheint die Kollegin Ihren wunden Punkt getroffen<br />
zu haben, Herr Kollege!)<br />
Emmi Zeulner (CDU/CSU):<br />
Zur Kenntnis nehme ich das selbstverständlich. Ich<br />
würde Ihnen aber empfehlen, Ihr Parteiprogramm zu lesen;<br />
denn da fordern Sie etwas ganz anderes.<br />
(Zuruf der Abg. Irene Mihalic [BÜND-<br />
NIS 90/DIE GRÜNEN])<br />
– Ja, über die Anträge. Aber Fakt ist doch, was dahintersteht.<br />
(Frank Tempel [DIE LINKE]: Den Abschnitt<br />
habe ich geschrieben! Den kenne ich schon!)<br />
Bitte, lesen Sie das Parteiprogramm der Linken.<br />
Aber die Kapitulation auf das, was im Görlitzer Park<br />
passiert, kann natürlich nicht die richtige Antwort, kann<br />
kein Ausdruck einer verantwortungsvollen Drogenpolitik<br />
sein.<br />
Wir als Politiker – ich bin Gesundheitspolitikerin; Sie<br />
sind Polizist von Beruf, ich bin gelernte Krankenschwester<br />
– haben einen Schutzauftrag, den man nicht einfach<br />
wegwischen kann.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Mir ist es wichtig, zu sagen, dass wir in Deutschland ein<br />
in höchstem Maß differenziertes Strafverfolgungssystem<br />
bei Cannabisdelikten haben. Wir verfolgen eben nicht<br />
pauschal, wie Sie es immer wieder hervorbringen; denn<br />
es wird in jedem Abschnitt des Verfahrens – in jedem<br />
Abschnitt! – eine Einzelfallentscheidung getroffen, und<br />
die Möglichkeit zur Einstellung ist gegeben. Bereits die<br />
Staatsanwaltschaft kann das Ermittlungsverfahren nach<br />
dem Betäubungsmittelgesetz einstellen. Hier spielen die<br />
Schwere der Tat, die individuelle Schuld und gerade auch<br />
der Eigenbedarf eine Rolle.<br />
Auch im Hauptverfahren ist eine Einstellung nach<br />
der Strafprozessordnung und dem Jugendgerichtsgesetz<br />
noch möglich. Selbst bei der Vollstreckung – das wissen<br />
Sie ganz genau – ist eine Zurückstellung der Strafe nach<br />
dem Betäubungsmittelgesetz möglich, wenn sich der Betroffene<br />
beispielsweise einer Therapie unterzieht. Gerade<br />
bei Umsetzung Ihrer Forderung, dass die Strafverfolgung<br />
eingestellt werden muss – Sie haben ein „muss“ in Ihrem<br />
Antrag –, verhindern Sie die so wichtige Einzelfallbetrachtung,<br />
die unser Strafsystem so wertvoll macht.<br />
Deswegen sind wir auch in dieser Legislatur deutlich<br />
differenzierte Wege gegangen. Auf der einen Seite wollen<br />
wir Cannabis als Medizin. Wir haben die rechtliche<br />
Grundlage dafür geschaffen. Das war uns zum Beispiel<br />
im Hinblick auf Schmerzpatienten ein ganz wichtiges<br />
Anliegen. Aber auf der anderen Seite wollen wir uns<br />
ganz klar gegenüber dem Freizeitgebrauch abgrenzen.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Auch mir ist es ein Anliegen, zu sagen: Bitte hören Sie<br />
endlich auf, Cannabis zu verharmlosen.<br />
(Frank Tempel [DIE LINKE]: Das macht<br />
niemand!)<br />
– Doch. – Cannabis ist eben keine harmlose Freizeitdroge.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU – Frank Tempel<br />
[DIE LINKE]: Das habe ich nicht gesagt! Da<br />
(D)