Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
Renate Künast<br />
(A)<br />
(B)<br />
Es soll nämlich so sein, dass die Verbraucher nicht mehr<br />
schlechtergestellt sind, und da muss ich Sie von der Bundesregierung<br />
kritisieren. Sie haben zwar beim Urheberrecht<br />
Novellierungen vorgenommen, aber die Nutzungsrechte<br />
digitaler Güter haben Sie schlicht nicht angepackt,<br />
meine Damen und Herren, obwohl dies im Koalitionsvertrag<br />
angekündigt war. Dazu machen Sie ja hin und<br />
wieder mit Hingabe nächtliche Koalitionsrunden. Angekündigt<br />
war, das Urheberrecht an die Erfordernisse und<br />
Herausforderungen des digitalen Zeitalters anzupassen.<br />
Passiert ist aber nichts.<br />
Wir legen jetzt den Grundstein. Man muss nämlich<br />
ein Buch zum Beispiel weiterverschenken können. Die<br />
Verbraucherzentrale hat dazu eine Umfrage gemacht und<br />
festgestellt: Eine Weiterveräußerbarkeit wünschen sich<br />
80 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer. Ich finde, das<br />
muss auch möglich sein, meine Damen und Herren.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
und bei der LINKEN)<br />
Uns wird vorgemacht, dass das digitale Buch billiger<br />
ist. Aber wenn Sie nicht gleich Ihr ganzes Gerät mit<br />
weggeben wollen, dann können Sie das E-Book gar nicht<br />
weiterverschenken, verleihen oder Ähnliches. Dadurch<br />
ist es faktisch wieder teurer.<br />
(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Richtig!)<br />
Das ist auch eine Form, uns hinters Licht zu führen,<br />
meine Damen und Herren. Wir meinen, wir brauchen<br />
endlich Klarheit darüber, was eigentlich die Eigentumsund<br />
Besitzverhältnisse in diesem Bereich sind.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Bei den Massen an Geld, um die es da geht, kann ich<br />
Ihnen nur sagen: In anderen Bereichen wäre das unvorstellbar.<br />
Gleichwertige Nutzungsmöglichkeiten, geräteunabhängige,<br />
plattformneutrale Nutzung und ein Weiterveräußerungsrecht<br />
– das alles können Sie mit dem Schutz<br />
der Urheberrechte am Ende problemlos verbinden, wenn<br />
Sie eine Balance und einen Ausgleich schaffen, meine<br />
Damen und Herren.<br />
In dem zweiten Antrag – die Präsidentin hat es gesagt<br />
– geht es um Buchungs- und Vergleichsportale.<br />
72 Prozent aller Nutzer des Internets nutzen beim Kauf<br />
von Fernsehern und vielem anderen und auch bei der Buchung<br />
von Reisen Buchungs- und Vergleichsportale und<br />
kaufen oder buchen nicht direkt. Sie glauben an die Ehrlichkeit<br />
und die Fairness dieser Portale, und das ist der<br />
Fehler. Das ist ein echter Fehler. Warum? Wie kommen<br />
die angezeigten Preise zustande, ist die Frage. Sind das<br />
tatsächlich finale Preise? Oder merke ich am Ende des<br />
Buchungsvorgangs, wenn ich nur noch auf „Ja“ drücken<br />
muss, dass von überallher noch Summen dazukommen?<br />
Wie wird die Auswahl getroffen? Wer kommt eigentlich<br />
bei den Angeboten nach vorn?<br />
Wir hören Beispiele, dass Versicherungen am Ende<br />
noch eine oder zwei Vertragsbedingungen verändern und<br />
das Ganze noch einen Cent billiger machen, und schon<br />
stehen sie vorn. Die Versicherung oder der Kühlschrank<br />
steht dann oben auf der Liste. Das ist schön für das Unternehmen,<br />
aber der Verbraucher ist betrogen. Deshalb<br />
brauchen wir gerade auch in diesem Bereich Regeln. Wir<br />
brauchen Transparenz.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
und bei der LINKEN)<br />
Wir sagen: Buchungs- und Vergleichsportale brauchen<br />
einheitliche Standards. Sie müssen offenlegen, wer der<br />
Betreiber ist, ob es ein Buchungs- oder ein Vergleichsportal<br />
ist, ob Provisionen gezahlt werden, ob andere<br />
Zahlungen fließen, ob es Absprachen gibt und was die<br />
ausschlaggebenden Kriterien sind, meine Damen und<br />
Herren.<br />
Vizepräsidentin Petra Pau:<br />
Kollegin Künast, ich bitte Sie, einen Punkt zu setzen.<br />
Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />
Letzter Satz. – Sie können nicht ständig von digitaler<br />
Agenda reden und davon, dass wir uns fit für das digitale<br />
Zeitalter machen müssen, wenn Sie die Alltagsverträge<br />
der Kunden, die im Netz abgeschlossen werden, in keiner<br />
Weise zugunsten der Kunden regeln. Das ist unsozial.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
und bei der LINKEN)<br />
Vizepräsidentin Petra Pau:<br />
Das Wort hat die Kollegin Kathrin Rösel für die CDU/<br />
CSU-Fraktion.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Kathrin Rösel (CDU/CSU):<br />
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und<br />
Kollegen! Liebe Zuschauer, die zu später Stunde auf der<br />
Zuschauertribüne sitzen! Wir befassen uns hier mit zwei<br />
Anträgen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die zwar<br />
nicht den gleichen Inhalt, aber doch einiges gemeinsam<br />
haben. Alle Verbraucher werden von Ihnen mal wieder<br />
über einen Kamm geschoren, wie kleine Kinder behandelt<br />
und bevormundet. Anbieter von digitalen Dienstund<br />
Serviceleistungen sind Ihrer Auffassung nach alle<br />
kriminell, müssen reglementiert, kontrolliert und sanktioniert<br />
werden.<br />
(C)<br />
(D)<br />
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN]: Wie bitte? Wo steht das denn? –<br />
Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Aus welchem Jahrhundert ist denn die<br />
Rede? – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Hört!<br />
Hört! Die wird verstanden!)<br />
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen,<br />
lassen sie mich Ihnen drei Dinge sagen.<br />
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN]: Hört! Hört! 5 Euro für die Phrasenkasse!<br />
– Gegenruf der Abg. Renate Künast<br />
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So billig?)