Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
Michael Brand<br />
(A)<br />
(B)<br />
allen Dingen in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit,<br />
humanitäre Hilfe und Diplomatie –,<br />
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Damit wollen<br />
Sie nur das NATO-Ziel erreichen! Ein ideales<br />
Feigenblatt!)<br />
um den gemeinsamen Ansatz zu stärken. Wir brauchen<br />
nicht die Diskussionen von gestern zu führen, die am<br />
Ende vielleicht manche Ideologie bedienen, aber den<br />
Menschen vor Ort wenig helfen.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU –<br />
Heike Hänsel [DIE LINKE]: Üble Trickserei!<br />
– Stefan Rebmann [SPD]: Entwicklung<br />
erhöhen und Verteidigung entlasten!)<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein großes Problem<br />
ist der Zugang zu humanitärer Hilfe. Das ist ein<br />
ganz wichtiger Punkt; denn humanitäre Hilfe kommt<br />
oftmals gerade nicht dort an, wo sie am dringendsten<br />
gebraucht wird. Ich will auch sagen, dass humanitäre<br />
Hilfe – deswegen müssen wir in Bezug auf das 2- oder<br />
3-Prozent-Ziel über den Tag hinausdenken und nicht nur<br />
bei der Tagespolitik bleiben, Frau Keul – neben der Erhöhung<br />
der Mittel nicht zum Alibi der Staatengemeinschaft<br />
verkommen darf, Konflikte nicht politisch zu lösen. Es<br />
braucht neben der Verdopplung der Mittel für die humanitäre<br />
Hilfe durch die Staatengemeinschaft endlich das,<br />
was Kollege Kekeritz gesagt hat: ein Waffenembargo,<br />
Reisebeschränkungen und das Einfrieren ausländischer<br />
Bankkonten der Rädelsführer im Südsudan. Es muss<br />
Schluss damit sein, dass das viele Geld aus Ölexporten<br />
in den Taschen einiger weniger Familien landet oder in<br />
einem schmutzigen Krieg verpulvert wird, während die<br />
Bevölkerung hungert. Deswegen ist die Blockade des<br />
Beschlusses des UN-Sicherheitsrates durch China und<br />
Russland eine Schande. Sie ist auch Salz in den Wunden<br />
der hungernden Bevölkerung. Das muss ein Ende haben.<br />
Es gibt eine moralische Verpflichtung, alles zu versuchen,<br />
auch um die Sicherheit dort zu stabilisieren. Der<br />
Sudan grenzt an Libyen, und Millionen werden sich auf<br />
den Weg machen, wenn das Elend weitergeht. Das sind<br />
sogenannte vergessene Krisen.<br />
(Zurufe von der LINKEN: Ja, ja!)<br />
– Ja, das gehört auch dazu.<br />
Vizepräsidentin Claudia Roth:<br />
Denken Sie bitte an Ihre Redezeit.<br />
Michael Brand (CDU/CSU):<br />
Ich muss Perspektiven für die Leute vor Ort schaffen,<br />
damit sie sich nicht auf den Weg machen. Auch das ist<br />
praktizierte Nächstenliebe.<br />
Ich glaube, Deutschland tut eine ganze Menge in dem<br />
Bereich. Wahr ist aber auch – das ist die bittere Wahrheit<br />
–: Man kann nie genug tun. Deswegen müssen wir<br />
unsere Anstrengungen weiter stärken.<br />
Ich möchte abschließend eine Aussage des früheren<br />
Bundespräsidenten Horst Köhler zitieren, der sich<br />
seit Jahrzehnten für den Kontinent Afrika engagiert. Er<br />
schaut nicht nur mitleidig auf Afrika, sondern sieht auch<br />
die Chancen, die in diesem Kontinent liegen. Er hat recht,<br />
wenn er sagt: Kein Land der Welt, so reich und mächtig<br />
es auch sein mag, kann auf Dauer seinen Wohlstand<br />
erhalten, ohne auf die Perspektiven der anderen Länder<br />
Rücksicht zu nehmen. Daher müssen wir zu einem neuen<br />
Verständnis von nationalem Interesse finden, das sich im<br />
Kontext eines globalen Gemeinwohls definiert.<br />
Vielen Dank.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD)<br />
Vizepräsidentin Claudia Roth:<br />
Darf ich die Kollegen bitten, sich tendenziell oder<br />
ziemlich konkret an die Redezeit zu halten? Das gilt<br />
wirklich für alle. – Danke schön.<br />
Nächste Rednerin: Kathrin Vogler für die Linke.<br />
(Beifall bei der LINKEN – Jörn Wunderlich<br />
[DIE LINKE]: Ganz einfach: Mikro abdrehen!<br />
– Peter Beyer [CDU/CSU]: Die Linke<br />
fordert: Mikro abdrehen! – Gegenruf des Abg.<br />
Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Wenn ihr die<br />
Zeiten überzieht! Zuhören! – Gegenruf des<br />
Abg. Peter Beyer [CDU/CSU]: Ja, ja! Immer<br />
die Ruhe bewahren, Herr Kollege!)<br />
– Vorsicht jetzt, bitte! Jetzt ist Frau Vogler dran, und wir<br />
kommen bitte wieder runter. – Frau Vogler, bitte.<br />
Kathrin Vogler (DIE LINKE):<br />
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich finde auch, da dies<br />
ein ernstes Thema ist, sollten wir versuchen, uns darauf<br />
zu konzentrieren.<br />
Ich kann mich noch gut erinnern an die Menschen, die<br />
ich, als ich Ende 2010 im Südsudan war, dort kennengelernt<br />
habe. Ich wollte mir selber ein Bild machen von<br />
der Lage vor dem Referendum. Ich weiß noch, wie sehr<br />
das ganze Land vor lauter Anspannung und Aufregung<br />
gebebt hat. Viele haben sich damals dafür starkgemacht,<br />
dass die Abstimmung über die Abspaltung vom Norden<br />
friedlich und ohne Gewalt vonstattengeht.<br />
Die Hoffnungen, die die Menschen mit einem eigenen<br />
Staat verbunden haben, waren damals wirklich riesengroß.<br />
Sie haben gehofft, dass es endlich Frieden, Wohlstand<br />
und Sicherheit für alle Menschen im Land geben<br />
würde. Aber schon damals haben wir gespürt, dass das<br />
nicht so einfach werden würde; denn die inneren Konflikte<br />
in der südsudanesischen Gesellschaft – Konflikte<br />
um knappe Ressourcen, Konflikte zwischen Ackerbauern<br />
und Viehzüchtern und Konflikte zwischen den verschiedenen<br />
Stämmen – standen schon damals auf der Tagesordnung.<br />
Sie wurden nur überlagert vom großen Konflikt<br />
mit dem Norden.<br />
Die neue Regierung unter Salva Kiir hat die Bürgerkriegsmilizen<br />
damals nicht einfach aufgelöst, sondern sie<br />
zum größten Teil bewaffnet in einen gigantischen Militär-<br />
und Polizeistaatsapparat integriert. Es kam so, wie<br />
wir es schon damals befürchtet haben: Seit 2013 herrscht<br />
wieder Bürgerkrieg im Südsudan, und die Zivilbevölkerung<br />
leidet massiv, vor allem die Jugendlichen und die<br />
(C)<br />
(D)