Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
Alexander Ulrich<br />
(A)<br />
fonds schaffen, der unter deutscher Führung nationale<br />
Haushaltsentscheidungen torpediert. Die Alternative<br />
Martin Schulz steht europapolitisch für noch mehr Macht<br />
für technokratische EU-Institutionen, auch hinsichtlich<br />
der Lohnentwicklung. Er steht vor allem im Bereich<br />
der Verbriefungen für eine weitere Deregulierung der<br />
Finanzmärkte. Er steht für einen mächtigen Euro-Finanzminister,<br />
der quasi per Dekret in nationale Politikprozesse<br />
eingreift. All das steht in dem Bericht der fünf<br />
Präsidenten, den Schulz als Präsident des EU-Parlaments<br />
mit verfasst hat.<br />
Wir brauchen eine umfassende Demokratisierung<br />
aller Entscheidungsebenen, eine Stärkung des Europäischen<br />
Parlaments, starke soziale Rechte für alle<br />
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)<br />
und militärische Entspannung und Abrüstung.<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
Wenn wir das tun, dann ist Europa zu retten. Dann war<br />
der Brexit vielleicht ein unangenehmer, aber noch rechtzeitig<br />
erfolgter Warnschuss.<br />
Vielen Dank.<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
Erstens. Der Zusammenhalt dieses vereinten Europas<br />
ist das Allerwichtigste – jeden Tag, bei allen Verhandlungen,<br />
bei allem, was wir tun.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Zweitens. Der Brexit ist nicht gut für die EU, aber er<br />
ist besonders tragisch für Großbritannien. Er verursacht<br />
eine Situation, die bis zu einer Spaltung des Landes führt.<br />
Drittens. In den Verhandlungen wird es letztlich nicht<br />
um möglichst gute Lösungen gehen, sondern darum, dass<br />
wenig Schlechtes dabei herauskommt. Denn wir sind<br />
nicht mehr in einer Win-win-Situation. Am Ende wird<br />
eine Lose-lose-Situation bestehen. Darüber darf es überhaupt<br />
keine Illusionen geben.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
Viertens. Stellen wir uns darauf ein, dass die britische<br />
Regierung bei allen Konflikten in den Gesprächen sagen<br />
wird: Ihr Europäer behandelt uns schlecht. – Das ist<br />
so, als würde Frau May eine Scheidung anstreben, aber<br />
weiterhin jede Nacht im europäischen Ehebett verbringen<br />
und keinen Unterhalt für die gemeinsamen Kinder<br />
zahlen. So geht es weder im richtigen Leben noch in der<br />
Politik.<br />
(C)<br />
(B)<br />
Vizepräsidentin Michaela Noll:<br />
Vielen Dank, Herr Kollege Ulrich. – Als Nächstes<br />
spricht Axel Schäfer von der SPD-Fraktion.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
Axel Schäfer (Bochum) (SPD):<br />
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Lassen Sie mich mit zwei persönlichen Bemerkungen<br />
beginnen, die meine besondere Traurigkeit ausdrücken.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
Es gibt aber auch Gutes im Schlechten. Ich bin ganz<br />
sicher: Die Verhandlungen werden zeigen, was wir in Europa<br />
gemeinsam erreicht haben. Die Verhandlungen werden<br />
vielen Menschen die Augen öffnen über die Erfolge<br />
der EU, die so selbstverständlich geworden, jetzt aber<br />
leider gefährdet sind. Ich hoffe, sie werden auch manchen<br />
das Wort im Hals stecken bleiben lassen, die immer<br />
wieder über die Bürokratie und alles Schlechte aus Brüssel<br />
gelästert oder, christlich formuliert, falsches Zeugnis<br />
wider den Nächsten geredet haben.<br />
(D)<br />
Erstens. Meine Stadt Bochum ist seit 67 Jahren partnerschaftlich<br />
mit Sheffield verbunden. Es haben Schüleraustausche,<br />
vielfache Begegnungen und Solidaritätsaktionen<br />
für Arbeitsplätze stattgefunden, aber am Ende war<br />
das Gemeinsame schwächer als das Trennende.<br />
Zweitens. Ich bin besonders traurig, dass unsere Labour-Kollegin<br />
Jo Cox von einem fanatischen EU-Hasser<br />
ermordet worden ist.<br />
Deshalb sage ich hier ganz offen: Politiker wie Johnson<br />
und Farage mit ihren Hetzreden haben eine moralische<br />
Mitverantwortung für den Brexit.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜND-<br />
NISSES 90/DIE GRÜNEN)<br />
Jetzt wird es darauf ankommen, dass wir im Dialog<br />
mit unseren Bürgerinnen und Bürgern einige Dinge ganz,<br />
ganz klar aussprechen.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
In den nächsten Jahren wird sich zeigen, dass die Europäische<br />
Kommission als zentrale Institution mit einer<br />
außergewöhnlichen Kompetenz, mit Power in der Lage<br />
sein wird – übrigens ebenso wie bei der deutschen Einheit<br />
–, dieses Regelwerk überhaupt hinzubekommen. Es<br />
gibt nirgendwo in der EU, in keinem Staat so viel Sachverstand,<br />
um das überhaupt bewerkstelligen zu können.<br />
Denn am Ende wird es, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
um Lösungen und um Antworten gehen, für die wir<br />
heute noch nicht einmal die Fragestellung kennen.<br />
Ich bleibe optimistisch insbesondere aufgrund der<br />
vielen jungen Menschen, die sich für Europa engagieren.<br />
Wir hoffen, dass auch verstockte konservative und<br />
ängstliche Labour-Politiker auf einen anderen Weg zurückkommen.<br />
Wir wollen dieses gemeinsame Europa, so<br />
wie wir weiterhin Englisch sprechen, den Fußball lieben