Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017 22895<br />
Ralph Brinkhaus<br />
(A)<br />
sehr brüchigen Frieden in Nordirland. Wir alle wissen,<br />
wie dünn das Eis dort ist, und wir alle stehen in der Verantwortung,<br />
dass dieser Friedensprozess jetzt nicht durch<br />
diese Verhandlungen, die wir führen, scheitert. In Nordirland<br />
sind schon viel zu viele Menschen für nichts gestorben.<br />
Auch das gehört zur Wahrheit dazu.<br />
eine gute Sache, wir wollen dabei sein, und wir wollen<br />
nicht raus.<br />
Danke schön.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)<br />
(C)<br />
(B)<br />
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten<br />
der LINKEN)<br />
Wir müssen uns natürlich auch Sorgen machen um die<br />
wirtschaftliche Verfasstheit. Da gibt es Leute, die sagen:<br />
Na ja, die sind selbst schuld, wenn sie kein Wachstum<br />
mehr haben. Die sind selbst schuld, wenn das alles nicht<br />
mehr so läuft. – Wir haben nichts davon, wenn es dem<br />
Vereinigten Königreich wirtschaftlich schlecht geht. Wir<br />
haben etwas davon, wenn es den Menschen dort gut geht:<br />
um der Menschen willen, aber auch um unserer Wirtschaft<br />
willen. Deshalb sollten wir daran arbeiten, dass<br />
wir auch dort ein gutes Ergebnis erzielen.<br />
Meine Damen und Herren, das ist der eine Teil der<br />
Wahrheit. Der andere Teil ist – das hatten Sie in Ihrer<br />
Rede angesprochen; das hatten wir auch letztes Jahr im<br />
Juni schon gesagt –: Wir müssen uns natürlich fragen,<br />
warum das alles so gekommen ist, und wir müssen uns<br />
natürlich auch infrage stellen mit all dem, was wir in Europa<br />
gemacht haben. Sind die europäischen Institutionen,<br />
sind die europäischen Regeln und sind auch die handelnden<br />
Personen auf europäischer Ebene wirklich geeignet,<br />
dieses Europa optimistisch und zuversichtlich in das<br />
21. Jahrhundert bzw. in das nächste Jahrzehnt zu führen,<br />
oder müssen wir da eine ganze Menge infrage stellen?<br />
Man kann natürlich, so wie es in Ihrer Rede angeklungen<br />
ist, sagen: Wir brauchen jetzt noch mehr Geld, das wir<br />
dort hineinstecken können, und wir müssen die Integration<br />
weiter vertiefen. – Ich würde stattdessen eine andere<br />
Idee zur Diskussion stellen: das Geld besser ausgeben,<br />
die Institutionen verbessern, die Regeln verbessern und<br />
vor allen Dingen auch darauf achten, dass diese Regeln<br />
eingehalten werden.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Nichtsdestotrotz muss es auch so sein, dass Europa<br />
immer eine emotionale Frage ist. Bei allem Respekt vor<br />
den Menschen, die sich unglaubliche Verdienste um Europa<br />
erworben haben: Vielleicht ist es jetzt an der Zeit,<br />
dass die Geschichte Europas nicht mehr von übernächtigten<br />
Politikern in Brüssel oder von grauen Beamtengesichtern<br />
erzählt wird, sondern zum Beispiel von meinem<br />
Studienfreund, der durch das Erasmus-Programm seine<br />
Frau in Schweden kennengelernt hat und mit ihr zusammenlebt,<br />
oder dem Tischler in meinem Wahlkreis, der<br />
seine Küchen jetzt auch in Großbritannien, in Frankreich<br />
und Spanien verkaufen kann und dadurch einen sicheren<br />
Arbeitsplatz hat, oder vielleicht auch von denjenigen,<br />
die sich noch an Krieg und Vertreibung erinnern und die<br />
es wertzuschätzen wissen, was Frieden für diesen Kontinent<br />
bedeutet. Ich glaube, wenn wir diese Geschichte<br />
Europas emotional erzählen und wenn wir die Vorteile<br />
klarmachen, dann wird nicht noch einmal das passieren,<br />
was in Großbritannien passiert ist, sondern dann werden<br />
die Völker in Europa sagen: Die Europäische Union ist<br />
Vizepräsidentin Michaela Noll:<br />
Vielen Dank, Herr Kollege Brinkhaus. – Als Nächster<br />
hat der Kollege Cem Özdemir von Bündnis 90/Die Grünen<br />
das Wort.<br />
Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der<br />
Countdown für den Brexit hat begonnen. Großbritannien<br />
hat sein Austrittsgesuch in Brüssel eingereicht. Damit<br />
steht die Europäische Union vor der größten Belastungsprobe<br />
ihrer Geschichte. Erstmals dreht sich das Rad der<br />
europäischen Integration nicht vorwärts, sondern leider<br />
rückwärts. So schwer es auch fällt: Wir müssen die<br />
Entscheidung Großbritanniens respektieren. Darauf hat<br />
Bundesaußenminister Gabriel hingewiesen; darauf haben<br />
alle Redner bis jetzt hingewiesen. Denn es war ohne<br />
jeden Zweifel eine demokratische Entscheidung. Das<br />
heißt aber auch, dass wir den Blick nach vorne richten<br />
müssen; denn die wichtigste Botschaft heute ist: Einer<br />
geht, aber 27 andere bleiben in der Europäischen Union,<br />
und um die müssen wir uns jetzt gemeinsam kümmern.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
und bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD)<br />
Der Tag eins des Brexit-Countdowns sollte für uns<br />
alle auch der Tag eins sein, um an einer starken und geschlossenen<br />
Europäischen Union der 27 zu arbeiten. Das<br />
oberste Verhandlungsziel mit London – ich bin froh, dass<br />
der Bundesaußenminister das so klar gesagt hat – muss<br />
es sein, ein starkes Europa zu haben. Damit meine ich<br />
eine Europäische Union, die fest zusammenhält, eine<br />
EU, die sich fit macht für die Zukunft, die so attraktiv ist,<br />
dass künftig niemand mehr einen Antrag auf Austritt aus<br />
der Europäischen Union stellen möchte.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
sowie bei Abgeordneten der SPD)<br />
Das können wir nur erreichen durch ein Mehr an<br />
Transparenz, durch ein Mehr an Bürgernähe in Brüssel,<br />
aber eben auch durch Investitionen in die Zukunft Europas,<br />
durch Strukturreformen, die dringend anstehen. Wir<br />
von Bündnis 90/Die Grünen bezeichnen das als einen<br />
Green New Deal. Wir wollen nicht einfach Investition<br />
um der Investition willen. Wir brauchen sicherlich nicht<br />
mehr Autobahnen im Süden Europas. Wir brauchen nicht<br />
mehr Hochhäuser an den Küsten Europas. Was wir brauchen,<br />
ist Breitband in der gesamten Europäischen Union.<br />
Was wir brauchen, sind die besten Hochschulen in der<br />
Europäischen Union. Was wir brauchen, ist eine konkurrenzfähige<br />
Wirtschaft in der Europäischen Union. Die<br />
wird es nur geben, wenn die Lebensverhältnisse in der<br />
gesamten Europäischen Union so sind, dass alle wissen:<br />
(D)