Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017 22897<br />
Cem Özdemir<br />
(A)<br />
spielte in der Debatte eine wichtige Rolle. Aber zur Ehrlichkeit<br />
würde dazugehören, dass die britische Wirtschaft<br />
nicht gerade unerheblich von den Menschen aus Polen,<br />
aus Osteuropa profitiert hat. Sie jetzt wie den letzten<br />
Dreck zu behandeln, ist auch nicht sehr anständig.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,<br />
bei der CDU/CSU und der SPD)<br />
Das macht man nicht. Das hat mit britischer Kultur, wie<br />
wir sie kennen und wie wir sie schätzen, nicht sehr viel<br />
zu tun.<br />
Detlef Seif (CDU/CSU):<br />
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Meine Damen und Herren! Die britische Premierministerin<br />
Theresa May hat gestern in ihrer Rede vor dem<br />
Unterhaus betont, dass sie einen klaren und ehrgeizigen<br />
Plan für die Verhandlungen habe – eine Partnerschaft, die<br />
auf Zusammenarbeit basiere, eine Partnerschaft, die für<br />
Europa, Großbritannien und die Welt am besten sei, denn<br />
genau jetzt brauche die Welt, vielleicht mehr als je zuvor,<br />
die liberalen und demokratischen Werte Europas, Werte,<br />
die auch das Vereinigte Königreich teile.<br />
(C)<br />
(B)<br />
Insofern wird es sehr darauf ankommen, dass wir jetzt<br />
deutlich machen, dass die Menschen aus Großbritannien,<br />
die bei uns in der Bundesrepublik Deutschland, innerhalb<br />
der Europäischen Union der restlichen 27 leben, bei uns<br />
willkommen sind, dass sie Teil Europas sind. Wir sollten<br />
es ihnen leichter machen, Bürger unseres Landes, deutsche<br />
Staatsbürger, und damit auch Unionsbürger zu werden.<br />
Es wäre doch schön, wenn wir da jetzt gemeinsam<br />
eine Initiative starten und deutlich machen könnten: Bei<br />
uns sind Briten, die bei uns in Kontinentaleuropa leben,<br />
hier arbeiten, hier ihre Steuern zahlen, herzlich willkommen.<br />
Sie sind Europäer, sie bleiben Europäer, und wir<br />
werden sie in unserem Land einbürgern; für uns gehören<br />
sie dazu.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
sowie bei Abgeordneten der SPD)<br />
Dazu gehört aber auch, dass wir uns um über 3 Millionen<br />
Menschen kümmern müssen, die in Großbritannien<br />
leben und EU-Bürger sind, die sich gerade große Sorgen<br />
machen, was mit ihnen passieren wird, die Angst haben,<br />
was aus ihrem Status wird. Wir haben von deutschen<br />
Staatsbürgern gehört, von denen man verlangt, dass sie<br />
ihre Ein- und Ausreisen in den letzten Jahrzehnten nachweisen,<br />
als Beleg dafür, dass sie dort Anspruch auf die<br />
Staatsbürgerschaft haben. Das kann nicht angehen. Darum<br />
bitte ich Sie, dass Sie bei den Verhandlungen auch<br />
die Situation der EU-Bürger in Großbritannien mit behandeln.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Auch um die müssen wir uns jetzt kümmern. Es kann<br />
nicht sein, dass jetzt innerhalb Europas – nicht innerhalb<br />
der Europäischen Union, aber innerhalb Europas – neue<br />
Grenzen errichtet werden, wo wir doch gerade dabei waren,<br />
die alten abzureißen.<br />
Meine Damen, meine Herren, ein starkes Europa ist<br />
Zukunft, ein starkes Europa ist das beste Erbe, das wir<br />
unseren Kindern, unseren Enkeln mitgeben können. Verhalten<br />
wir uns auch entsprechend!<br />
Herzlichen Dank.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,<br />
bei der CDU/CSU und der SPD)<br />
Vizepräsidentin Michaela Noll:<br />
Vielen Dank, Herr Kollege Özdemir. – Als nächster<br />
Redner kommt Detlef Seif von der CDU/CSU-Fraktion.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Kein bestehendes Modell außerhalb der Europäischen<br />
Union kann auch nur annähernd dieselben Vorteile und<br />
denselben Einfluss wie die Mitgliedschaft des Vereinigten<br />
Königreichs in der Europäischen Union bieten. – Wissen<br />
Sie, meine Damen und Herren, wer die Feststellung<br />
in dieser Form getroffen hat? Das war niemand anders<br />
als die britische Regierung selbst in einem Report vom<br />
März 2016.<br />
Stellt man nur auf die wirtschaftliche Seite ab – hierauf<br />
legen die Briten ja ganz großen Wert –, so ist festzustellen,<br />
dass das Durchschnittseinkommen mutmaßlich<br />
um bis zu 2,6 Prozent schrumpfen wird. Bei dem Bruttoinlandsprodukt<br />
geht man sogar von einem Rückgang von<br />
bis zu 55 Milliarden Pfund aus.<br />
Zurzeit reden sich in Großbritannien noch einige oder<br />
sogar viele froh: Die vorhergesagten wirtschaftlichen<br />
Nachteile seien nach dem Brexit-Referendum bekanntlich<br />
nicht eingetreten. – Das ist richtig. Aber Großbritannien<br />
ist ja noch Mitglied der Europäischen Union, bei<br />
vollem Zugang zum Binnenmarkt. Auf der anderen Seite<br />
ist das Pfund Sterling gefallen, sodass ein deutlicher<br />
Anstieg der Nachfrage aus dem Ausland aufgetreten ist.<br />
Dann ist es kein Wunder, dass zurzeit keine deutlichen<br />
wirtschaftlichen Nachteile zu sehen sind.<br />
Es mag sein, dass zukünftig einige protektionistische<br />
Maßnahmen der Briten in dem einen oder anderen Wirtschaftsbereich<br />
vielleicht sogar Vorteile für das Land bieten.<br />
Aber in einer Zeit, in der der internationale Wettbewerb<br />
von Tag zu Tag wichtiger wird und neue, globale<br />
Wirtschaftsbündnisse entstehen, ist das, was die Briten<br />
auf den Weg gebracht haben, mehr als fahrlässig.<br />
Ich bin der Meinung, es wird Zeit, dass die britische<br />
Regierung ihren Bürgern endlich einmal reinen Wein einschenkt.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD)<br />
Wohlklingende Sätze wie: „Wir werden ein wahrhaft<br />
globales Großbritannien; wir bekommen unsere Souveränität<br />
zurück; wir machen aus dem Brexit einen Erfolg;<br />
jedem wird es nach dem Brexit besser gehen“, sind nicht<br />
nur fromme Wünsche, sondern leere Phrasen, die durch<br />
nichts belegt sind und eigentlich genau das Gegenteil von<br />
dem aussagen, was alle Wirtschaftsexperten vorhersehen.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD)<br />
May wiederholt in ihrem Brief immer wieder – ich<br />
habe es nicht gezählt, aber in vielen Passagen tauchen<br />
(D)