Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
Dr. Carola Reimann<br />
(A)<br />
(B)<br />
der Berichtspflicht und auch bei den verpflichtenden und<br />
zertifizierten Prüfverfahren.<br />
Zu Beginn habe ich darauf hingewiesen, dass wir zur<br />
Bekämpfung der Lohnlücke an verschiedenen Stellen<br />
ansetzen müssen. Gestern Abend hatten CDU und CSU<br />
die Möglichkeit, einer weiteren wichtigen Verbesserung<br />
für Frauen am Arbeitsmarkt zuzustimmen – nämlich dem<br />
Rückkehrrecht von Teilzeitarbeit in die vorherige Arbeitszeit.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Diese wichtige Verbesserung für Frauen haben Sie gestern<br />
im Koalitionsausschuss verhindert. Ich bedaure das<br />
sehr – genauso wie die vielen Frauen, die in diesem Land<br />
in der Teilzeitfalle feststecken. Denn auch das Rückkehrrecht<br />
in Vollzeit ist ein zentrales Element zur Bekämpfung<br />
der Lohnlücke.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Ich kann Ihnen versichern: Wir bleiben an diesem<br />
Thema dran. Wir wissen: Die Lohnlücke verschwindet<br />
nicht von allein und auch nicht durch gute Reden. Sie<br />
können sicher sein, dass wir, die SPD-<strong>Bundestag</strong>sfraktion,<br />
uns in Zukunft weiter aktiv dafür einsetzen werden.<br />
Danke.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Vizepräsidentin Claudia Roth:<br />
Vielen Dank, Carola Reimann. – Bevor ich die nächste<br />
Rednerin aufrufe, möchte ich die Kolleginnen und Kollegen<br />
darüber informieren, dass wir gerade mitten in einer<br />
Debatte sind und dass es vielleicht sinnvoll ist, bei einer<br />
Debatte zuzuhören, zumal Herr Lehrieder auch noch<br />
kommt. Es würde echt Ärger geben, wenn Sie dann dauernd<br />
dazwischenquatschen würden. – Aber zuerst kommt<br />
Ursula Groden-Kranich für die CDU/CSU-Fraktion.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Ursula Groden-Kranich (CDU/CSU):<br />
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Liebe Gäste! Liebe Frauen! Das Gesetz zur Förderung<br />
der Transparenz von Entgeltstrukturen wurde heftig kritisiert<br />
und war auch sicher keine leichte Geburt. Aber das<br />
hat schon so manche Mutter erlebt, und das Kind hat sich<br />
dann prächtig entwickelt.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU – Ulle Schauws<br />
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh Gott!)<br />
Erlauben Sie mir daher eine Bemerkung vorab: Wenn<br />
wir lange und intensiv über ein Vorhaben diskutieren und<br />
wenn verschiedene Gruppen mit Herzblut ihre Interessen<br />
vertreten und am Ende einen Kompromiss finden, dann<br />
ist das für mich kein Zeichen von Schwäche oder politischer<br />
Inkompetenz,<br />
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Es geht doch nicht um Sie; es geht um<br />
die Frauen!)<br />
sondern genau das Gegenteil: ein Beispiel dafür, wie<br />
Politik ganz praktisch funktioniert, zumindest in einer<br />
intakten Demokratie. Dort, wo Gesetze per Dekret von<br />
oben erlassen werden, dient das in aller Regel nicht den<br />
Frauen und schon gar nicht dem Ziel der Gleichstellung.<br />
Ich habe es hier schon mehrfach gesagt, und ich wiederhole<br />
es gerne immer wieder: Die Lohnlücke zwischen<br />
Frauen und Männern schließen wir nicht mal eben mit einem<br />
Gesetz und überhaupt mit keinem Einzelgesetz. Das<br />
sehen wir am Beispiel von Skandinavien mehr als deutlich:<br />
Weder Transparenz noch irgendeine politische Maßnahme<br />
alleine führen zum Ziel. Die unbequeme Wahrheit<br />
lautet: Die Lohnlücke schließen wir mittelfristig nur mit<br />
einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Wir müssen junge Frauen von Anfang an stärken und<br />
sie viel früher in Sachen Beruf und Finanzen informieren,<br />
und wir müssen bei allen Maßnahmen immer auch<br />
den Arbeitsmarkt im Blick haben. Denn in Zeiten von<br />
hybriden Arbeitsverhältnissen und gebrochenen Erwerbsbiografien<br />
gehen manche Regelungen, die wir hier<br />
beschließen, an den eigentlichen Bedürfnissen der Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer vorbei, oder sie sind<br />
schon wieder überholt, bevor sie in Kraft treten.<br />
Auch wenn dieses Gesetz also nicht die Lösung der<br />
Entgeltfrage bringen wird,<br />
(Dagmar Ziegler [SPD]: Ja, weil es so lange<br />
dauert!)<br />
hat es bereits jetzt einen gar nicht unwichtigen Zweck erfüllt:<br />
Wir reden über Gehälter und Transparenz, und zwar<br />
öffentlich und auf allen Ebenen.<br />
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN]: Das machen Sie schon seit<br />
20 Jahren!)<br />
Ich erwarte davon durchaus eine gewisse Signalwirkung,<br />
ähnlich wie bei der Quote, die ja zunächst auch belächelt<br />
wurde, und jetzt stellen wir fest, dass sie dort, wo es sie<br />
gibt, wirkt und dass trotzdem und völlig überraschend<br />
die Welt nicht untergegangen ist.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und<br />
der SPD)<br />
Wenn wir über dieses Gesetz reden und wenn wir<br />
durch dieses Gesetz über Gehälter reden, müssen wir<br />
aber auch so ehrlich sein, ein paar unangenehme Fragen<br />
zu stellen: an die Wirtschaft, an die Politik und vor allem<br />
an uns selber. Denn natürlich könnten unterschiedliche<br />
Gehälter innerhalb einer Entgeltgruppe ein Zeichen von<br />
Diskriminierung sein.<br />
Viel spannender ist aber doch die Frage, warum jemand<br />
wo eingruppiert wird und wie ich aus einer Entgeltgruppe<br />
in die nächste aufsteige. Damit sind nämlich<br />
oft die Bedingungen vorgegeben, die im Laufe des Berufslebens<br />
weiter verstärkt werden.<br />
(C)<br />
(D)<br />
Noch schwieriger wird die Bewertung über Berufe<br />
und Branchen hinweg. Auch hier müssen wir endlich so<br />
ehrlich sein, den Finger in die Wunde zu legen:<br />
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Das machen Sie ja gar nicht!)