01.04.2017 Aufrufe

Deutscher Bundestag

2nCLeRm

2nCLeRm

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017 22955<br />

Christoph Strässer<br />

(A)<br />

(B)<br />

Ruanda, wie es damals in Srebrenica etwas Neues war –,<br />

nämlich ein permanenter Prozess des Völkermordes.<br />

Meine Vision, bei allen Differenzen, die wir in vielen<br />

Fragen haben, war: Das, was den Menschen hilft – das<br />

wissen sie vielleicht nicht –, wäre eine starke und einhellige<br />

Abstimmung, eine Resolution dieses Hohen Hauses<br />

zur Verhinderung von Genozid – nicht nur im Südsudan,<br />

aber da ganz besonders.<br />

Ich hoffe, wir bekommen das hin. Das wäre ganz toll.<br />

Ich glaube, die Menschen würden sich über ein solches<br />

Signal nicht nur freuen, sondern sie würden auch etwas<br />

davon haben.<br />

Herzlichen Dank.<br />

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />

der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/<br />

DIE GRÜNEN)<br />

Vizepräsidentin Claudia Roth:<br />

Vielen Dank, Christoph Strässer. – Der letzte Redner<br />

in dieser sehr intensiven Debatte: Frank Heinrich für die<br />

CDU/CSU-Fraktion.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg.<br />

Frank Schwabe [SPD])<br />

Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU):<br />

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und<br />

Kollegen! Es ist tatsächlich eine sehr intensive Debatte,<br />

genau. – Was kann man denn, nachdem man sich die Daten<br />

und Fakten, die wir gehört haben, vergegenwärtigt<br />

hat, noch hinzufügen?<br />

Zunächst ein Dank an Sie als Grüne, dass wir als<br />

Parlament dieses Thema zu dieser Tageszeit diskutieren<br />

können und das Thema nicht nur für uns, sondern auch<br />

für die Öffentlichkeit präsent machen. Das Bewusstsein<br />

für die verheerende Lage ist mir persönlich tatsächlich<br />

noch viel zu gering ausgeprägt. Es ist wichtig, dass die<br />

Situation im Südsudan, die wir heute debattieren und von<br />

der Sie als Zuschauer ein bisschen schockiert sind, den<br />

Menschen draußen klargemacht wird.<br />

Was sollte man noch hinzufügen? Ich werde natürlich<br />

ein paar Dinge noch einmal in Erinnerung rufen,<br />

die schon von den Kollegen gesagt wurden. Aber wir als<br />

Weltgemeinschaft müssen handeln, und wir dürfen uns<br />

nicht mit weniger als dem Besten, was wir haben, zufriedengeben.<br />

Im Südsudan droht Völkermord; Herr Strässer hat es<br />

zum Schluss seiner Rede gesagt. Auch die UN haben das<br />

aufgenommen. Es ist ein schleichender, aber ein voranschreitender<br />

Prozess, der möglicherweise dahin führt,<br />

was wir in unseren Erinnerungen mit Ruanda verbinden.<br />

Täglich sterben 20 Menschen den Hungertod, viele davon<br />

sind Kinder. 1 Million Kinder sind akut unterernährt.<br />

Es droht eine verlorene Generation. Und die Krise ist –<br />

das haben wir mehrfach gehört – keine neue Krise: seit<br />

drei Jahren Bürgerkrieg, 300 000 Tote, Vertreibung eines<br />

Drittels der Bevölkerung und Kollaps der Wirtschaft. Die<br />

Inflation schießt um 800 Prozent in die Höhe; nicht nur<br />

Visa sind also exorbitant teuer. Die Regierung hat kein<br />

Geld mehr übrig, zumindest nicht für Humanitäres.<br />

Was machen Menschen, wenn sie kein Geld haben,<br />

der Handel nicht funktioniert und sie nicht selber etwas<br />

produzieren können? Viele Familien haben alle Wege<br />

ausgeschöpft, sich ohne Hilfe von außen am Leben zu<br />

erhalten. Wenn Beeren da sind, werden die gesammelt.<br />

Sonst aber – das habe ich gelernt – müssen sie auf Zweige,<br />

Baumrinden und Wasserlilien zurückgreifen. Humanitäre<br />

Hilfe, auch von uns, ist die einzige Hoffnung und<br />

Chance.<br />

Natürlich spielt der Klimawandel mit der Dürre in Ostafrika<br />

eine Rolle. Wirklich verantwortlich für das Leid<br />

der Menschen in den vergangenen Jahren sind aber – das<br />

ist hier mehrfach angesprochen worden – die südsudanesischen<br />

Machtkämpfer. Auch da stehen wir, was den<br />

Geist dessen anbelangt, was ihr Grüne vorschlagt – das<br />

sollt ihr wissen –, natürlich voll hinter euch.<br />

Obwohl die Wirtschaft am Boden liegt, scheint es immer<br />

noch Möglichkeiten der persönlichen Bereicherung<br />

der Eliten zu geben. Der Sentry-Report belegt, dass mit<br />

dem Beginn des Krieges 2013 für die Herrscherclique<br />

wirtschaftlich fette Jahre begonnen haben. Er listet auf,<br />

wo die Mächtigen ihre mondänen Häuser im Ausland haben<br />

und wie sie das Land ausplündern. Ich erinnere mich<br />

in diesem Zusammenhang an die Werbung „Mein Haus,<br />

mein Boot, mein Auto“. Der Kampf der kleptokratischen<br />

Netzwerke um politische Macht und um den Zugang zu<br />

den Ölressourcen hat den Zusammenbruch des Landes<br />

herbeigeführt. Die Verantwortung liegt oben, den Preis<br />

zahlen die unten. Dem Leid der eigenen Bevölkerung<br />

steht – zumindest sieht es so aus – die Elite nicht nur<br />

gleichgültig gegenüber, sondern das, was zum Leid führt,<br />

wird von der Clique noch angetrieben.<br />

Genau in der Region, wo die UN die Hungersnot<br />

ausgerufen haben, führt die südsudanesische Regierung<br />

eine Art Vernichtungskrieg gegen ihre eigene Bevölkerung.<br />

Sie wird gezielt ausgehungert. Massenvergewaltigungen<br />

– das wurde mehrfach genannt – betreffen zwei<br />

Drittel bis drei Viertel aller Frauen. Vermehrt ethnisch<br />

motivierte Gewalt und Hassrhetorik sind Vorboten genozidärer<br />

Gewalt. Davor hat der gerade genannte Adama<br />

Dieng schon im November gewarnt.<br />

Natürlich bin ich – auch das ist hier schon zitiert worden<br />

– dankbar für das, was unser Land bzw. die Bundesregierung<br />

schon tut. Ich denke dabei an die regionale<br />

Schutztruppe zur Verstärkung von UNMISS, an die zivile<br />

Konfliktprävention und an den von uns unterstützten<br />

Ausbau der Friedens- und Sicherheitsarchitektur der Afrikanischen<br />

Union. Das alles ist toll. Und dann kommen<br />

wir nicht einmal diplomatisch damit durch, dass das Waffenembargo<br />

tatsächlich klappt und dass gezielte Sanktionen<br />

verhängt werden. Das ist so, weil sich auch Länder,<br />

mit denen wir sehr befreundet sind, nicht zu mehr als einer<br />

Enthaltung durchringen können.<br />

Wir stoßen an die Grenzen unserer diplomatischen<br />

Mittel. Tun wir aber genug? Die Aufforderungen nehmen<br />

wir sehr wohl wahr. Wenn wir die humanitäre Hilfe mit<br />

dem zusammenrechnen, was das BMZ gibt, kommen wir<br />

auf knapp 100 Millionen Euro. Tun wir genug?<br />

(C)<br />

(D)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!