Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
Gabriela Heinrich<br />
(A)<br />
Einwohner hat. Stephen O’Brien hat an den Sicherheitsrat<br />
der Vereinten Nationen geschrieben:<br />
Wir stehen an einem kritischen Punkt der Geschichte.<br />
Schon am Anfang des Jahres stehen wir vor der<br />
größten humanitären Krise seit der Gründung der<br />
Vereinten Nationen.<br />
Dieses Zitat bezieht sich, wie auch bereits erwähnt,<br />
nicht allein auf den Südsudan, sondern auf die aktuelle<br />
Hungerkatastrophe in Teilen der Länder Nigeria, Kenia,<br />
Somalia und Jemen. Insgesamt 20 Millionen Menschen<br />
könnten verhungern, wenn sich die internationale Gemeinschaft<br />
nicht bewegt.<br />
Im Südsudan hungern die Menschen jedoch nicht in<br />
erster Linie wegen Dürre oder Überschwemmungen, wegen<br />
Klimaveränderungen oder fehlendem Saatgut. Hier<br />
im <strong>Bundestag</strong> werden wir seit Jahren auf die drohende<br />
Katastrophe im Südsudan hingewiesen. Jedes Mal geht<br />
es um brachliegende Felder und ausbleibende Ernten,<br />
weil die Menschen auf der Flucht sind vor Gewalt in ihrem<br />
eigenen eigentlich reichen und fruchtbaren Land.<br />
Die südsudanesische Regierung ist für den Schutz<br />
von Zivilistinnen und Zivilisten verantwortlich und<br />
derzeit nicht ... in der Lage, ihre Zivilbevölkerung<br />
vor der endemischen Gewalt zu schützen.<br />
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Nicht in der<br />
Lage? Nicht willens!)<br />
Sie haben auch recht, dass die südsudanesische Regierung<br />
ihre Zustimmung zu einer internationalen<br />
Schutztruppe widerrufen hat und keinerlei Anstrengungen<br />
unternimmt, die schweren Menschenrechtsverletzungen<br />
in ihrem Land zu unterbinden und die Täter zur<br />
Rechenschaft zu ziehen.<br />
Man wird an dieser Stelle auch nicht weiterkommen;<br />
denn die Hauptakteure selbst sind für diese Menschenrechtsverletzungen<br />
verantwortlich.<br />
Das muss ein Ende haben. Im Antrag nennen Sie<br />
durchaus viele wichtige Maßnahmen. Gezielte Sanktionen<br />
gegen alle maßgeblichen Akteure des Konflikts halte<br />
ich für sinnvoll, wie das Einfrieren von Konten und die<br />
Einschränkung der Reisefreiheit.<br />
Die humanitäre Katastrophe werden wir nicht allein<br />
durch humanitäre Hilfe abwenden können. Wir müssen<br />
uns weiter dafür einsetzen, eine politische Lösung zu finden.<br />
Dazu gehört auch dringend die Übereinkunft über<br />
ein Waffenembargo.<br />
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten<br />
der LINKEN)<br />
Dazu gehört meiner Auffassung nach auch UNMISS;<br />
denn wir werden die Hilfe zu den Menschen kommen<br />
lassen müssen. Bei der Unterstützung ist völlig zu Recht<br />
die Zivilgesellschaft genannt. Wir müssen vor allen Dingen<br />
auch die Frauen schützen und dafür sorgen, dass Vergewaltigungen<br />
und Verbrechen an Frauen und Kindern<br />
angeklagt werden.<br />
Bis es mit einer politischen Lösung so weit ist, müssen<br />
wir weiter die Not lindern. Der eingangs zitierte<br />
UN-Nothilfekoordinator Stephen O’Brien hat an den Sicherheitsrat<br />
geschrieben:<br />
Es ist möglich, die Krise, die Hungersnot und die<br />
drohende menschliche Katastrophe abzuwenden.<br />
Allerdings braucht er für den Südsudan, Jemen, Somalia,<br />
Nord-Nigeria 4,4 Milliarden Dollar bis Juli 2017.<br />
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
(C)<br />
(B)<br />
58,5 Millionen Euro an humanitärer Hilfe hat das Auswärtige<br />
Amt 2016 allein für den Südsudan bereitgestellt.<br />
2017 werden weitere Gelder folgen. Die bilaterale Entwicklungsarbeit<br />
musste in weiten Teilen ausgesetzt werden,<br />
weil die Sicherheitslage außerhalb der Hauptstadt<br />
jede Unterstützung unmöglich macht.<br />
Alle Konfliktparteien greifen immer wieder ganz gezielt<br />
Zivilisten an. Menschen wurden in Frachtcontainer<br />
eingepfercht und zum Sterben in die Sonne gestellt. Milizen<br />
und die Regierungsarmee plündern und brennen<br />
Häuser nieder. Krankheiten, zum Beispiel die Cholera,<br />
breiten sich aus.<br />
Und die Frauen? Auch vor dem Krieg wurden die<br />
Menschenrechte von Frauen im Südsudan massiv verletzt.<br />
Jetzt im Krieg, in diesem Bürgerkrieg, in dem die<br />
Frauen marodierenden Banden schutzlos ausgeliefert<br />
sind, ist alles noch viel schlimmer. Täter vergewaltigen<br />
Frauen ganz systematisch.<br />
Diese sexuelle Gewalt scheint auch eine ethnische Dimension<br />
bekommen zu haben. Soldaten des Regierungslagers<br />
vergewaltigen gezielt Frauen, die nicht der Bevölkerungsgruppe<br />
der Dinka angehören. Die Täter gehen<br />
natürlich straflos aus, während die vergewaltigten Frauen<br />
nicht nur völlig traumatisiert, sondern oft auch aus ihrer<br />
Gemeinschaft ausgestoßen werden. Alle beteiligten Konfliktparteien<br />
verüben solche Verbrechen: Regierungstruppen,<br />
Mitglieder des nationalen Sicherheitsdienstes,<br />
Polizisten, Rebellen.<br />
Die Kriegsgewinnler sind vor allem die beiden verfeindeten<br />
Anführer, Präsident Salva Kiir und sein ehemaliger<br />
Stellvertreter, Riek Machar. Ihre Familien leben<br />
beide in einem Nobelviertel von Nairobi. Kinder und Enkel<br />
gehen dort auf teure Privatschulen. Finanziert wird<br />
das alles über intransparente Kanäle, durch Baufirmen,<br />
durch Öl.<br />
Im Antrag, der heute auf der Tagesordnung steht, ist<br />
zu lesen:<br />
Vizepräsidentin Claudia Roth:<br />
Vielen Dank, Gabriele Heinrich. – Nächste Rednerin:<br />
Dagmar Wöhrl für die CDU/CSU-Fraktion.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU):<br />
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
„Unity“ bedeutet im Englischen „Einheit“; es bedeutet<br />
aber auch „Einigkeit“ und „Geschlossenheit“. Im Bundesstaat<br />
Unity im Südsudan leben 1,4 Millionen Men-<br />
(D)