Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
(A)<br />
(B)<br />
Umsatz bis maximal 500 000 Euro jährlich und Freiberufler.<br />
Damit ist diese Anhebung eine Vereinfachung für<br />
die mehrheitlich kleinen Unternehmen. Der DIHK geht<br />
von wenigstens 3 Millionen betroffenen Unternehmen<br />
und zusätzlich 15 Millionen Wirtschaftsgütern aus und<br />
beziffert die Entlastung auf sogar rund 385 Millionen<br />
Euro.<br />
Mit den beiden Bürokratieentlastungsgesetzen und<br />
dem neuen Vergaberecht haben wir in dieser Legislaturperiode<br />
den Erfüllungsaufwand für Unternehmen<br />
um 2 Milliarden Euro gesenkt. Das ist erheblich. Hinzu<br />
kommt die One-in-one-out-Regelung, die bereits seit<br />
1. Juli 2015 in Kraft ist und die Bundesregierung dazu<br />
verpflichtet, wenn durch neue Regelungen Belastungen<br />
für die Wirtschaft entstehen, sie an anderer Stelle abzubauen.<br />
Das hat zusätzlichen Druck in die Ministerien<br />
gebracht, die eigenen Regelungen auf das Notwendige<br />
zu beschränken und immer wieder kritisch zu verfolgen.<br />
Ich finde, wir haben mit unseren Maßnahmen zum Abbau<br />
von unnötiger Bürokratie und besserer Rechtsetzung<br />
in dieser Legislaturperiode einen guten Weg eingeschlagen,<br />
der vom kommenden <strong>Bundestag</strong> fortgesetzt werden<br />
muss; denn Abbau von unnötiger Bürokratie und bessere<br />
Rechtsetzung sind und bleiben eine Daueraufgabe von<br />
Regierung und Parlament.<br />
Michael Schlecht (DIE LINKE): Es ist bemerkenswert,<br />
dass die Koalition beim Ersten Bürokratieentlastungsgesetz<br />
noch die ganz große Bühne in der Kerndebattenzeit<br />
des Parlaments gesucht hat und nun mehr das<br />
Thema gleich sehr weit nach hinten gerutscht ist. Offensichtlich<br />
haben Sie auch erkannt, dass das Thema nur begrenzt<br />
begeistern kann.<br />
Ich will es kurz halten: Ich hatte Ihnen, den Damen<br />
und Herren der Regierungsparteien, beim ersten Bürokratieentlastungsgesetz<br />
einen Tipp gegeben, wie sie mit<br />
dem Thema Bürokratieabbau massenhaft Jubelstürme<br />
auslösen könnten. Schaffen Sie das Bürokratiemonster<br />
Hartz IV ab. Die durchschnittliche Akte eines Hartz-IV-<br />
Haushalts bei der Agentur für Arbeit ist etwa 650 Seiten<br />
dick. Das ist und bleibt Bürokratieunfug.<br />
Jetzt liegt uns also das Zweite Bürokratieentlastungsgesetz<br />
vor. Und wieder geht es um bürokratische Entlastungen<br />
ausschließlich für Unternehmen. Unternehmerinnen<br />
und Unternehmer dürfen sich freuen, für alle anderen<br />
bringt dieses Bürokratieentlastungsgesetz wieder nichts.<br />
In den Gesetzesbegründungen nehmen Sie wieder<br />
Bezug auf die sogenannte One-in-one-out-Regelung,<br />
nach der bei einer zusätzlichen bürokratischen Belastung<br />
durch ein neues Gesetz eine zwingende Entlastung für<br />
Unternehmen vorzusehen ist. Mit der One-in-one-out-<br />
Regelung entscheidet nicht mehr Sach- und Fachpolitik<br />
über Sinnhaftigkeit von gesetzlichen Regelungen, sondern<br />
das Gebot, dass die Kostenbelastung der Unternehmen<br />
nicht durch Regelungstatbestände – auch wenn sie<br />
sinnvoll sind – erhöht werden darf. Das lehnen wir weiterhin<br />
ab. Notwendige soziale oder ökologische Regulierungen<br />
werden so nur künstlich erschwert.<br />
Den meisten einzelnen konkreten Maßnahmen im<br />
vorliegenden Gesetz könnten wir durchaus zustimmen,<br />
allerdings halten wir den Grundansatz des Gesetzes für<br />
falsch. Daher können wir uns hier nur enthalten.<br />
Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN): Bürokratieentlastung – wer von uns fordert dies<br />
nicht, wenn Steuererklärungen ausgefüllt, eine Bestellung<br />
aufgegeben oder ein Anmeldeformular ausgefüllt<br />
werden muss. Auch wenn wir die Sinnhaftigkeit mancher<br />
Information in Zweifel ziehen, so müssen wir aber immer<br />
wieder zugeben: Viele der Informationen sind unabdingbar<br />
für ein geordnetes gesellschaftliches Zusammenleben.<br />
Aber spätestens bei zum Beispiel dem Schriftverkehr<br />
zu einer Ordnungswidrigkeit im Verkehr oder der<br />
Einladung zu einem Gerichtstermin, der Beantragung einer<br />
Zahnbehandlung oder eines neuen Personalausweises<br />
ist man erschrocken, in welch geringem Umfang die modernen<br />
Methoden der digitalen Wirtschaft Einzug in Verwaltungshandeln<br />
gefunden haben. Was im persönlichen<br />
Bereich lästig ist, kostet im Bereich der Unternehmen<br />
aber schlicht Geld und mindert die Wettbewerbsfähigkeit<br />
von Unternehmen.<br />
Damit komme ich zu einem zentralen Vorwurf an die<br />
Regierungsfraktionen gleich vorab: Viel zu gering sind<br />
Ihre Bemühungen, die Chancen für einen substanziellen<br />
Bürokratieabbau durch Digitalisierung zu nutzen. Mir ist<br />
schon klar, dass dies nicht im Vorbeigehen zu erledigen<br />
ist, umso mehr kritisiere ich, dass die Bundesregierung<br />
weder in der Zusammensetzung entsprechender Gremien<br />
noch im Projektmanagement die Herausforderungen<br />
der Digitalisierung angenommen hat. Das hat mindestens<br />
die Dimension des Versagens der Aufsicht beim Berliner<br />
Flughafen BER – mit dem Unterschied, dass das Versagen<br />
der Regierung hier nicht offenkundig, aber Abhilfe<br />
noch weniger in Sicht ist als beim Berliner Flughafen.<br />
So sind wir im Bereich der Digitalisierung bald deutlich<br />
mehr als fünf Jahre hintendran – und das wird zunehmend<br />
ein Wettbewerbsnachteil für Deutschland.<br />
Aber schauen wir uns den vorliegenden Gesetzentwurf<br />
genauer an. Ja, es ist ja richtig: Bei Bürokratieentlastung<br />
geht es nicht um den ganz großen Wurf. Vielmehr sind<br />
viele kleine Schritte nötig, um bürokratische Belastungen<br />
abzubauen. Mit dieser Perspektive ist zunächst auch das<br />
heute vorliegende Gesetz zu bewerten. So die positive<br />
Feststellung: Die vorgeschlagenen Maßnahmen gehen in<br />
die richtige Richtung und sorgen für punktuelle Erleichterungen.<br />
Deshalb werden wir dem Gesetzentwurf auch<br />
zustimmen.<br />
Gleichzeitig müssen wir aber auch massive Kritik anmelden.<br />
Einige Maßnahmen sind definitiv nicht weitführend<br />
genug. Und viele Maßnahmen fehlen gänzlich.<br />
Ich will das gerne näher ausführen:<br />
Wenn wir die Änderungen schon anpacken, dann bitte<br />
schön auch so, dass wir den Rahmen der möglichen Entlastung<br />
auch voll ausschöpfen. Das betrifft vor allem die<br />
Fälligkeitsregelung der Sozialversicherungsbeiträge. Ich<br />
komme darauf gleich noch mal darauf zurück.<br />
(C)<br />
(D)