Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
Andrea Lindholz<br />
(A)<br />
(B)<br />
Deswegen liegt es an der Europäischen Union und an<br />
Großbritannien, die Verhandlungen mit dem Ziel zu führen,<br />
einen harten Brexit zu vermeiden.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Die Verhandlungen sind das eine, die technische Abwicklung<br />
ist das andere. Viel wichtiger ist aber: Es muss<br />
uns in den Verhandlungen darum gehen, unserer Jugend<br />
ein stabiles und starkes Europa zu überlassen. Der Brexit<br />
selbst ist kein existenzielles Risiko für die Europäische<br />
Union – auch Putin, Erdogan, Trump, die Migrationskrise,<br />
die Populisten und die Terroristen nicht. Das größte<br />
Risiko für die Zukunft Europas sind der wachsende Nationalismus<br />
und Egoismus. Ohne Kompromissbereitschaft<br />
und ohne aufeinander zuzugehen gibt es keine gute Zusammenarbeit.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD und des BÜNDNISSES 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Es war der starke politische Wille der Europäer, einen<br />
Beitrag zu Versöhnung, Kooperation und Freundschaft<br />
zu leisten, der Europa nach den Kriegen stark gemacht<br />
hat. Diesen Willen müssen wir auch in diesen Verhandlungen<br />
bekräftigen. In diesen Tagen gehen viele junge<br />
Leute auf die Straße: in Paris, in Warschau, in London,<br />
in Berlin, in Madrid, in Frankfurt und auch in meinem<br />
Wahlkreis. Sie demonstrieren für Europa – das ist ein<br />
gutes Zeichen –, und sie wissen: Die beste Antwort im<br />
Hinblick auf die zukünftige Entwicklung in Europa ist<br />
ein gutes, gemeinsames und geschlossenes Europa. Darauf<br />
sollten wir hinarbeiten.<br />
Vielen Dank.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)<br />
geworden –, wir alle haben ein Interesse daran, zu einem<br />
konstruktiven Ergebnis zu kommen, um eine gemeinsame,<br />
konstruktive und gute Zukunft im Verhältnis zwischen<br />
Deutschland, zwischen Europa und Großbritannien<br />
zu haben. Wir müssen aber eben auch zur Kenntnis<br />
nehmen: Das wird ein ganz schweres Stück Arbeit.<br />
Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, mir die Titelseiten<br />
der britischen Zeitungen von heute Morgen<br />
anzuschauen. Das soll man eigentlich nicht machen,<br />
aber sie spiegeln die Stimmung in Großbritannien doch<br />
ganz gut wider. – Die Times schreibt: „May-Drohung<br />
zum EU-Antiterrorpakt“, der Guardian schreibt: „Die<br />
EU warnt: Erpresst uns nicht“, die Daily Mail schreibt:<br />
„Prost, auf eine großartige Zukunft“ mit Herrn Farage,<br />
und man sieht dort ein Pint Bier, und die Sun schreibt:<br />
„Euer Geld oder euer Leben“, womit sie auf die Zusammenarbeit<br />
bei der Terrorismusbekämpfung anspielt.<br />
Das spiegelt ein gutes Stück die Stimmung wider, die<br />
nach wie vor in Großbritannien herrscht. Ich glaube, das<br />
müssen wir in den Verhandlungen berücksichtigen.<br />
Glücklicherweise ist die Stimmung bei uns ein bisschen<br />
anders. Ich habe mir heute auch einmal die Zeitung<br />
mit den vier großen Buchstaben angeschaut. Darin geht<br />
es heute darum, dass Hape Kerkeling seinen Freund geheiratet<br />
hat.<br />
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Herzlichen<br />
Glückwunsch!)<br />
Das ist ungefähr der Unterschied zwischen der öffentlichen<br />
Debatte in Großbritannien und der öffentlichen Debatte,<br />
die wir teilweise hier bei uns haben.<br />
(C)<br />
(D)<br />
Vizepräsidentin Michaela Noll:<br />
Vielen Dank, Frau Kollegin Lindholz. – Als Nächster<br />
spricht Dr. Jens Zimmermann von der SPD-Fraktion.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Dr. Jens Zimmermann (SPD):<br />
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestern<br />
haben wir alle den berühmten Brief von Frau May zu<br />
lesen bekommen. Eine Woche zuvor waren unser aller<br />
Gedanken bei den Kolleginnen und Kollegen im britischen<br />
Parlament, die eine Debatte geführt haben, wie wir<br />
sie gerade führen, und dann von der Polizei im wahrsten<br />
Sinne des Wortes dort eingeschlossen und bewacht wurden.<br />
Ich glaube, der verheerende Anschlag in London hat<br />
doch gezeigt, dass uns die gleichen Herausforderungen<br />
umtreiben, dass es nicht darum geht, ob man in Berlin<br />
oder in London ist, sondern dass wir gerade im Bereich<br />
der Sicherheit nur zusammen etwas erreichen können.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU und des Abg. Cem Özdemir<br />
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])<br />
Umso tragischer ist natürlich, dass wir jetzt den Austritt<br />
Großbritanniens aus der EU verhandeln müssen.<br />
Aber ich glaube – das ist in dieser Debatte auch deutlich<br />
Eigentlich müsste man in Deutschland „Keep calm<br />
and carry on“ sagen. So ist es aber eben nicht. Wir müssen<br />
uns anstrengen und alles dafür tun, dass wir uns nicht<br />
auf diese Debatte einlassen, die von gewissen Teilen der<br />
Medien in Großbritannien uns aufzudrängen versucht<br />
werden wird. Das sind nämlich diejenigen, die schon<br />
dafür gesorgt haben, dass es überhaupt zum Brexit gekommen<br />
ist. Das sind die Nationalisten, die dort in ihren<br />
Redaktionen sitzen und sich jeden Tag überlegen, was für<br />
eine Sauerei sie am nächsten Tag in der Zeitung schreiben<br />
können.<br />
Ich glaube, wir als deutsche und als europäische Seite<br />
müssen versuchen, mit der notwendigen Gelassenheit<br />
an diese Verhandlungen heranzugehen, weil wir wissen,<br />
dass wir eine gemeinsame konstruktive Zukunft mit unseren<br />
Freunden in Großbritannien haben wollen – sicher<br />
nicht um jeden Preis und sicher nicht auf der Grundlage<br />
der Yellow Press.<br />
Vielen Dank.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/<br />
DIE GRÜNEN)