Deutscher Bundestag
2nCLeRm
2nCLeRm
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
22962<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
(A)<br />
Vizepräsidentin Petra Pau<br />
nen. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung wird<br />
Ihnen später bekannt gegeben. 1)<br />
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:<br />
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts<br />
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)<br />
– zu dem Antrag der Abgeordneten Harald<br />
Weinberg, Sabine Zimmermann (Zwickau),<br />
Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter<br />
und der Fraktion DIE LINKE<br />
Gerechte Krankenkassenbeiträge für<br />
Selbstständige in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
– zu dem Antrag der Abgeordneten Harald<br />
Weinberg, Sabine Zimmermann (Zwickau),<br />
Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter<br />
und der Fraktion DIE LINKE<br />
Gerechte Krankenkassenbeiträge für freiwillig<br />
in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
Versicherte<br />
Drucksachen 18/9711, 18/9712, 18/11771<br />
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für<br />
die Aussprache 25 Minuten vorgesehen. – Ich höre keinen<br />
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.<br />
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege<br />
Reiner Meier für die CDU/CSU-Fraktion.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Netto kann man nicht mit Brutto vergleichen. Deshalb<br />
ist es richtig und gerecht, wenn die GKV von einem typisierten<br />
Einkommen ausgeht. Der Selbstständige kann<br />
wiederum nachweisen, dass er weniger verdient, und bezahlt<br />
dann abgesenkte Beiträge.<br />
Wenn man nicht – wie Sie – Äpfel mit Birnen vergleicht,<br />
ist diese Logik auch sachgerecht. Denn was Sie<br />
bei Ihrem Obstsalat ausblenden, ist die Rechtsprechung<br />
des Bundessozialgerichts: Danach müssen die Beiträge<br />
der freiwillig Versicherten im Durchschnitt die Kosten<br />
decken. Davon sind Ihre Anträge weit entfernt, und das<br />
wissen Sie auch.<br />
Statt uns mit Schaufensteranträgen zu befassen, haben<br />
wir deshalb konkrete Verbesserungen für die freiwillig<br />
Versicherten verabschiedet. So werden pro Kind künftig<br />
drei Jahre auf die Vorversicherungszeit in der GKV angerechnet.<br />
Damit zahlen viele Rentnerinnen und Rentner<br />
nur noch den günstigeren Beitrag in der Krankenversicherung<br />
der Rentner. Ebenso haben wir Waisenrentner<br />
bis zum 25. Lebensjahr von den Krankenversicherungsbeiträgen<br />
befreit. Beides war wichtig und richtig, meine<br />
Damen und Herren. Natürlich beziehen nicht alle Selbstständigen<br />
Spitzeneinkommen.<br />
(C)<br />
(B)<br />
(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN]: Im Gegenteil! – Harald Weinberg<br />
[DIE LINKE]: Das ist aber euphemistisch ausgedrückt!)<br />
Das gilt besonders in der Gründungsphase eines Unternehmens.<br />
Deshalb gibt es hierfür völlig zu Recht Unterstützung.<br />
(D)<br />
Reiner Meier (CDU/CSU):<br />
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten<br />
Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es<br />
wird in diesen Tagen viel von Gerechtigkeit geredet. Ich<br />
denke, jeder von uns im Hohen Haus strebt nach Gerechtigkeit.<br />
Das ist nichts, was Einzelne für sich gepachtet haben.<br />
Mit der Gerechtigkeit ist es aber so eine Sache: Jeder<br />
weiß, was für ihn selbst gerecht ist. Aber der Nächste kann<br />
etwas völlig anderes darunter verstehen. Klar ist: Wenn<br />
Gerechtigkeit mehr als eine leere Worthülse sein soll, dann<br />
muss sie sich mit den Tatsachen auseinandersetzen.<br />
Meine Damen und Herren, wenn heute so getan wird,<br />
als würden Selbstständige in der GKV geschröpft, dann<br />
müssen wir uns natürlich fragen: Was vergleichen wir<br />
denn? Ein Arbeitnehmer bezahlt von seinem Bruttoeinkommen<br />
7,3 Prozent Krankenversicherungsbeitrag plus<br />
Zusatzbeitrag, dazu kommen 7,3 Prozent Arbeitgeberbeitrag.<br />
(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Plus Zusatzbeitrag!)<br />
Bei den Selbstständigen gibt es weder ein Bruttoeinkommen<br />
noch einen Arbeitgeberbeitrag; stattdessen wird das<br />
steuerlich relevante Netto nach Abzug der Betriebsausgaben<br />
herangezogen. Das ist genauso kompliziert, wie es<br />
klingt. Insbesondere kann der Gewinn in gewissen Grenzen<br />
gesteuert werden.<br />
Ein anderes Thema ist aber, wenn Menschen dauerhaft<br />
nicht von ihrer Arbeit leben können, sei es nun aufgrund<br />
von Scheinselbstständigkeit oder weil sie sich in ihrer<br />
Selbstständigkeit finanziell überhoben haben und es sich<br />
nicht lohnt.<br />
So gewichtig diese Probleme sind: Es sind Fragen des<br />
Arbeits- und Sozialrechts, nicht der Gesundheitspolitik.<br />
Schon gar nicht geht es hier um eine alleinige Aufgabe<br />
der gesetzlich Versicherten, meine Damen und Herren.<br />
Ebenso wenig ist es übrigens eine Aufgabe der GKV,<br />
Doktoranden oder Langzeitstudierende zu finanzieren.<br />
Wer ohne besondere Gründe nach 14 Fachsemestern keinen<br />
Abschluss erreicht, braucht vielleicht auch von außen<br />
einen Anreiz.<br />
Meine Damen und Herren, wenn wir darüber sprechen,<br />
die Beitragslast für freiwillig Versicherte neu zu<br />
regeln, sollten wir auch an die Gerechtigkeit gegenüber<br />
der Solidargemeinschaft denken. Natürlich werden wir<br />
uns die Beitragsbemessung bei den Selbstständigen genau<br />
ansehen.<br />
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN]: Wann denn? In dieser Wahlperiode<br />
anscheinend nicht mehr!)<br />
Wir sollten es aber nicht isoliert tun, sondern im Kontext<br />
der Beitragsstrukturen insgesamt.<br />
1)<br />
Ergebnis Seite 22963 C<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)